So sollen Wiens Touristen künftig gelenkt werden
Von Anna-Maria Bauer
Eintritts-Schranken in Venedig, Verbot gegen Selfie-Sticks in Mailand, Restriktionen bei Gästevermietungen in Amsterdam.
Immer mehr Länder arbeiten an Maßnahmen, damit die Urlauberinnen und Urlauber beliebte Städte nicht überollen. Overtourismus heißt das passende Schlagwort dazu.
In Wien sei die Situation zwar noch lange nicht so dramatisch, wird regelmäßig betont. Dennoch haben am Dienstag Wien-Tourismus-Chef Norbert Kettner, Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke und Bürgermeister Michael Ludwig Details zur neuenTourismusstrategie präsentiert.
Bei der sogenannten "Visitor Economy" liegt der Fokus nicht alleine auf dem Wohlbefinden der Urlauber; das Konzept stellt verstärkt die Bedürfnisse der Destination und seiner Bewohner, also der Wiener, in den Vordergrund. "Wir wollen keine reine Touristenstadt werden", sagte Stadtchef Ludwig.
Außerdem gibt es kein Nächtigungsziel mehr. Kettner: "Wir wollen nicht Wachstum mit der Brechstange, um jeden Preis."
Fokus auf Kongressgäste
Was ist konkret geplant?
Tagungen sollen noch stärker ins Auge gefasst werden. Bereits jetzt sorgen sie für jede sechste Übernachtung. Und Kongressteilnehmer geben mit rund 530 Euro pro Tag fast doppelt so vie aus wie der Durchschnitt aller Wien-Besucher.
Außerdem gibt es keine Kooperationen mit dem Massentourismus: "Unsere Marketingaktivitäten werden wir künftig noch fokussierter an jenen Kernzielgruppen ausrichten, die dem Premium-Anspruch unserer Strategie entsprechen", sagte Kettner. Darunter fallen etwa Luxusreisende, Tagungsgäste oder die LGBT-Community (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und queeren Bevölkerungsgruppe, Anm.).
"Öfter mal Spielverderber"
Und: Der Tourismusverband wird künftig vermehrt „auch die Rolle des Spielverderbers einnehmen“, sagte Kettner. „Wieso braucht es Rikschas? Wieso braucht es nachge-baute Elektro-Oldtimer? Wir können das zwar (noch) nicht verhindern, aber wir unterstützen es jedenfalls nicht.“ Wien-Tourismus-Chef Norbert Kettner überraschte am Dienstag auch mit ungewohnt harten Worten.
Nach strengeren Regeln für Mozartverkäufer (eine Forderung des Wien Tourismus) und den geplanten Einschränkungen für E-Scooter (von Kettner sehr begrüßt) will sich der Wien Tourismus als Nächstes für eine härtere Vorgehensweise gegen einige touristischen Fahrzeuge einsetzen:
Außerdem sollen smarte Verkehrslösungen kommen, womit überlastete Straßen zu Stoßzeiten der Vergangenheit angehören sollen. So will man für Transfers von Kreuzfahrtspassagieren auf ökologisch verantwortungsvolle Verkehrsmittel setzen. Und Taxi- und Mietwagenfahrer sollen sich Qualitätskontrollen unterziehen müssen. Außerdem ist vorgesehen, dass speziell zugeschnittene Öffi-Angebote für Kongressgäste kommen.
Tourismusströme entzerren
Was noch kommt, ist die Sichtbarmachung neuer, spannender Ziele, was zusätzliche Anziehungspunkte schaffen soll. "Über 50 Prozent der Wien-Gäste waren zuvor schon der Stadt, ein Viertel kommt jedes Jahr - eine Chance, neue Erlebnisräume außerhalb der Torusimuskernzone sichtbar zu machen und Wertschöpfung besser auf die Grätzel in der Stadt zu verteilen", sagte EKettner
Besondere Bedeutung komme etwa der geplanten Eventhalle und den Uferbereichen von Donau und Donaukanal zu. Wien soll außerdem als Filmstandort wenig bekannte Facetten ins rechte Licht rücken.
Dass die Jagd noch neuen Rekordzahlen vorbei ist, hat die Stadt Wien bereits im Jänner verkündet gehabt, wie in diesem Artikel zu lesen ist:
Als „Verzweiflungsmaßnahme“ wollte der WienTourismus die sanfte Kurskorrektur schon im Jänner nicht verstanden wissen: Die Besuchersituation in Wien sei keineswegs dramatisch. Laut einer aktuellen Umfrage finden 94 Prozent der Wiener den Tourismus für Wien auch weiter positiv, sagte Norbert Kettner.
Die Ziele
Bis zum Jahr 2025 will man (ausgehend von 2018) unter anderem Folgendes erreichen:
- Beitrag des Tourismus zum Wiener BIP steigt von 4 auf 6 Milliarden Euro.
- Nächtigungsumsatz der Beherberungsbetriebe steigt von 900 Millionen auf 1,6 Milliarden Euro.
- Anteil mit Bahn (21 Prozent) und per Auto (26 Prozent) Anreisender dreht sich.