Chronik/Wien

Prozess: Mädchen (19) in Wien missbraucht und tot abgelegt

Es war eine Drogenparty in Wien-Döbling, die für eine junge Frau im vergangenen Dezember tödlich endete. Die 19-jährige Melanie starb an einem Drogencocktail. Ihr toter Körper wurde im Stiegenhaus des Wohnhauses abgelegt.

Angeklagt ist ein 18-jähriger Bursche. Er soll die junge Frau vor ihrem Tod noch vergewaltigt haben.

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Melanie war zu diesem Zeitpunkt wehrlos, nicht mehr ansprechbar. "Sie hat geröchelt", soll der Angeklagte später der Polizei gesagt haben. Die Rettung rief er nicht. Deshalb muss er sich am Dienstag im Landesgericht für Strafsachen in Wien wegen sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen Person und Imstichlassen verantworten.

"Nicht schuldig", sagt der junge Mann. Er habe von diesem Wochenende keine Erinnerungen mehr.

Jahrelanger Drogenkonsum

Der Jugendliche wuchs in schwierigen Verhältnissen auf. Seit seinem dritten Lebensjahr war er in staatlicher Betreuung, doch kaum eine Einrichtung kam mit ihm zurecht. Er trank, nahm Drogen. Schon als Kind. Als dann noch seine Mutter starb, habe er seinen Anker verloren, schildert Rechtsanwalt Markus Reinfeld.

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Doch die Wohnung der Frau nutzte der Angeklagte für Drogenpartys. Eine solche fand auch ab dem 4. Dezember 2022 statt. Es war ein Kommen und Gehen. Das spätere Opfer kannte er nicht, ein Bekannter hatte Melanie mitgenommen.

Todeszeitpunkt unklar

Laut Zeugen soll sie ein Pulver in einem Löffel erhitzt und konsumiert haben. Dann döste die junge Frau weg. Ob sie danach noch einmal aufwachte, ist unklar. Genauso wie der tatsächliche Todeszeitpunkt. Klar ist lediglich, dass der Körper der jungen Frau am Dienstag abgelegt wurde. Seit Sonntag befand sie sich allein mit dem Angeklagten in der Wohnung.

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Als die Polizei wenig später an der Tür des Angeklagten klopfte, bestritt er erst, das Mädchen zu kennen. "Es handelt sich um einen sehr tragischen Tod im Drogenmilieu", sagt Verteidiger Reinfeld. "Das lässt meinen Mandanten nicht kalt. Er denkt Tag und Nacht darüber nach, was passiert sein könnte."

Doch weder Missbrauch noch Imstichlassen könne man ihm anlasten. "Ja, es wurde DNA gefunden. Aber es  kann nicht ausgeschlossen werden, dass es vielleicht einvernehmlich war." Sein Mandant selbst habe sich zu dem Zeitpunkt mit Drogen "weggeschossen" - daher die Erinnerungslücken.

Dokumentiert sind Anrufe des Angeklagten bei Freunden. "Ich bekomme sie nicht wach", erklärte er ihnen. Die Befragung des jungen Mannes, der zum Tatzeitpunkt erst 17 Jahre alt war, findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

"Voll zu"

Die Aussagen der Freunde, die ebenfalls in der Wohnung waren, deuten jedenfalls daraufhin, dass der Angeklagte als auch das spätere Opfer deutlich beeinträchtigt waren. Oder wie es ein Freund beschrieb: "Voll zu."

"Zuerst war er total überdreht. Alle 15 Minuten hat er eine Tablette (möglicherweise Xanax, Anm.) genommen", schildert ein Zeuge. "Dann hat er eine Alk-Mische gemacht. Aber mit Kräutern und Zucker. Das war leider nicht genüsslich (!). Aber er hat sich dann auf die Couch gelegt."

Die junge Frau, die schon sehr betrunken gewesen sei, habe nach dem Konsum einer Substanz auf dem Boden geschlafen. "Bevor wir gegangen sind, haben wir noch ihren Puls gemessen." Das macht die vorsitzende Richterin hellhörig. "Warum? Hatten Sie den Eindruck, dass es ihr schlecht geht?" - "Die war so extrem zu. Sicher ist sicher. Das macht man halt so. Aber sie hatte Puls", erzählt der Zeuge.

Zwei wesentliche Zeugen, es handelt sich um zwei Brüder, die ebenfalls anwesend waren, erscheinen nicht zum Prozess - sie sind gerade im Tunesien-Urlaub. "Die bleiben länger dort", weiß ein zeuge. "Ich hoffe, die kommen zurück. Das wäre sonst schon feig..." Die Richterin freut sich jedenfalls darüber, dass sie endlich aktuelle Telefonnummern der beiden Männer hat.

"Ich hoffe, Sie kommen weiter mit meiner Aussage. Ich wünsche Ihnen viel Glück", verabschiedet sich der Zeuge.

Prozess vertagt.