Heute Demo in Wien gegen "fossiles Megaprojekt" Lobau-Autobahn
Ungeachtet des am Donnerstag bekannt gewordenen, von Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) verordneten, vorläufigen Projektstopps (der KURIER berichtete), gehen die Proteste gegen die Lobau-Autobahn unverändert weiter. Am späten Freitagnachmittag findet ausgehend vom Schwarzenbergplatz eine Großdemonstration gegen das äußerst umstrittene Projekt statt.
Im Vorfeld der Demo forderten mehrere Umweltschutzorganisationen erneut zum Stopp des "fossilen Megaprojekts" auf. Unabhängig vom Ergebnis der geplanten Evaluierung der Lobau-Autobahn müsse Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) die Notbremse ziehen und das umweltschädliche Bauvorhaben aufgeben, fordert etwa Greenpeace. Nicht nur würde der Ausbau der S1 die klimaschädlichen Emissionen in Wien um 100.000 Tonnen jährlich erhöhen, auch der Lebensraum von bereits gefährdete Arten sowie die Trinkwasserqualität der Stadt Wien wären bedroht.
“Die Lobauautobahn ist ein stadtplanerisches Fossil der 1970er Jahre. Dieses umweltschädliche Mega-Projekt würde die Klima- und Artenkrise, in der wir uns befinden, mit massivem Tempo vorantreiben”, sagt Klara Maria Schenk, Klima- und Verkehrssprecherin bei Greenpeace.
“Auch die versprochene Verkehrsentlastung für die Menschen in Wien wurde bereits als leeres Versprechen enthüllt. Es ist höchste Zeit für Bürgermeister Michael Ludwig hier die Reißleine zu ziehen. In einer ‘Klimamusterstadt’ gibt es keinen Platz für völlig überholte Autobahnen, die durch Naturschutzgebiete getrieben werden”, sagt Schenk.
WWF: Belastung für Umwelt, Klima und Gesundheit
"Wer eine Autobahn durch ein wertvolles Naturschutzgebiet plant, ignoriert die dringendsten Krisen unserer Zeit. Sowohl die Klima- als auch die Artenkrise werden durch die Verbauung massiv befeuert, auch die Belastung für unsere Gesundheit steigt durch Hitzestau, Lärm und Luftverschmutzung“, sagt auch WWF-Bodenschutzexpertin Maria Schachinger und fordert: "Wir müssen dieses fossile und naturzerstörerische Megaprojekt endgültig begraben. Denn eine Autobahn hat unter einem Naturschutzgebiet nichts verloren.“
Fridays For Future hat für Freitagnachmittag zu einer Großdemo gegen den geplanten Bau des Lobautunnels aufgerufen. "Mehrere Milliarden Euro sollen für dieses klimaschädliche Autoverkehrsprojekt ausgegeben werden", kritisierte die Klimabewegung. Die Umweltschutzorganisation WWF Österreich unterstützte in einer Aussendung den Appell zum Erhalt der Lobau und fordert ebenfalls den Stopp der geplanten S1-Lobau-Autobahn.
"Wer eine Autobahn durch ein wertvolles Naturschutzgebiet plant, ignoriert die dringendsten Krisen unserer Zeit. Sowohl die Klima- als auch die Artenkrise werden durch die Verbauung massiv befeuert, auch die Belastung für unsere Gesundheit steigt durch Hitzestau, Lärm und Luftverschmutzung", sagte Maria Schachinger vom WWF. Eine Autobahn habe unter einem Naturschutzgebiet "nichts verloren".
Demonstration startet um 17 Uhr
Zusätzlich fordern auch Global 2000 und "Virus" einen Stopp des Straßenbauprojekts. Alle genannten Organisationen unterstützen auch die von Fridays for Future organisierte Demonstration unter dem Motto "Highway to Hell – Großdemo gegen die Lobauautobahn“, die am heutigen Freitag um 17 Uhr am Karlsplatz startet. Mindestens 5.000 Teilnehmende werden erwartet.
"Wir wollen ein klares Zeichen für eine lebenswerte Stadt setzen, die Lobau erhalten und uns für eine klima- und sozialgerechte Verkehrswende einsetzen", betonten die Organisatoren. Man brauche keine neuen Autobahnen, sondern einen Öffi-Ausbau, insbesondere in den Wiener Randgebieten, um Mobilitätslösungen für Pendelnde zu ermöglichen.
Die Demonstration führt über Getreidemarkt, Museumstraße, Auerspergstraße, Landesgerichtsstraße und Felderstraße zum Rathausplatz. Nach einer Zwischenkundgebung geht es über den Ring und die Löwelstraße zur Abschlusskundgebung am Ballhausplatz. Entlang der gesamten Route ist mit Verzögerungen - auch im öffentlichen Verkehr - zu rechnen. Zahlreiche Linien werden entweder kurzgeführt, umgeleitet oder eingestellt. Der Ring wird für die Demo teilweise gesperrt.
Alle Bauprojekte werden evaluiert
Hinsichtlich der Kritik am vorübergehenden, von Gewessler verordneten Projektstopp, hieß es am Freitag aus dem Umwelt- und Verkehrsministerium, es werde das gesamte Bauprogramm der Asfinag evaluiert. Davon betroffen sind Projekte in sieben Bundesländern. Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen.
"Das Asfinag Bauprogramm wird aktuell im Klimaschutzministerium evaluiert. Denn die Infrastruktur, die wir heute errichten, hat großen Einfluss darauf, wie unser Mobilitätssystem morgen aussieht. Die Evaluierung soll bis Herbst abgeschlossen sein. Erst nach Vorliegen des Evaluierungsergebnisses und Abschluss aller notwendigen Verfahren können etwaige Bauschritte begonnen werden", hieß es am Freitag aus dem Ministerium. Erwartet wurde, dass sich Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) am späten Nachmittag bei der Landesversammlung der oberösterreichischen Grünen auch zum Thema äußern wird.
Kein Verständnis für Aufregung
Die Aufregung, die sich vor allem auf den Lobau-Tunnel konzentrierte, verstand man im Ministerium nur bedingt. Die Evaluierung läuft demnach schon seit längerem, und es gebe derzeit keine Bauvorhaben, die unmittelbar vor ihrem Start stehen. In Sachen Lobau-Tunnel ist das Projekt Neubau der S1 zwischen Schwechat und Süßenbrunn entscheidend. Dafür wird auf der Homepage der Asfinag noch kein Startdatum angeführt, auch das Wasserrechtsverfahren ist dafür noch offen.
Bereits in Bau befindliche Projekte wie etwa die Fürstenfelder Schnellstraße (S7) in der Steiermark, die von Riegersdorf bis zur Staatsgrenze bei Heiligenkreuz nach Ungarn führt, werden weitergeführt. Betroffen ist aber etwa der Weiterbau der Murtal Schnellstraße von Judenburg westwärts ab 2025, in Oberösterreich die S10 (Mühlviertler Schnellstraße) von Freistadt Nord nach Rainbach Nord (geplanter Baubeginn 2023) oder in Niederösterreich die S8 (Marchfeld Schnellstraße - Baubeginn offen), die von einem Knoten mit der S1 nach Gänserndorf/Obersiebenbrunn führen soll, aber derzeit auf Eis liegt.
Ludwig droht mit Klage
Dennoch gab es auch am Freitag zahlreiche Reaktionen von Politik und Interessenvertretern, vor allem in Hinblick auf die S1 mit dem Lobau-Tunnel. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kündigte bei einem Stopp für die S1 am Freitag im Ö1-Mittagsjournal juristische Schritte an. Mit einem Stopp der Projekte riskiere man einen Milliardenschaden und einen ganz starken Einschnitt in die Entwicklung der gesamten Ostregion. Ein Stopp "müsste schon ein sehr starker politischer Eingriff sein" und "das würde bedeuten, dass das mit Sicherheit auch juristische Auswirkungen hätte". SP-Verkehrssprecher Alois Stöger warnte vor der Gefahr für Arbeitsplätze durch einen Baustopp.