Chronik/Wien

Polizei will rascher zum Einsatzort

Die Wiener Polizei soll jährlich 10.500 Stunden mehr für Streifentätigkeit aufwenden und die durchschnittliche Interventionszeit bei dringlichen Notrufen von vier Minuten auf 3,5 Minuten senken.

Das sind die Eckpunkte des neuen Wiener Sicherheitskonzeptes, das die Landespolizeivizepräsidenten Michaela Kardeis und Karl Mahrer am Donnerstag präsentierten. Ermöglichen will man dies durch die Zusammenlegung von kleinen Wachzimmern. Dadurch sollen Beamte von der Verwaltungstätigkeit freigespielt werden. In den Stadterweiterungsgebieten sind aber auch neue Polizeiposten geplant (siehe Grafik).

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Die Wachzimmer-Struktur aus den 70er-Jahren, so Mahrer, hätte ihre Bedeutung verloren. Damals waren Wachzimmer nicht nur Anlaufstelle für Bürger in Bedrohungssituationen. Sie vermittelten auch Spitalsbetten, waren Fundamt, Meldeamt und widmeten sich der Verkehrsüberwachung. Das ist alles weggefallen.

Heutzutage ruft der Bürger per Handy um Hilfe. Im vergangenen Jahr seien 1,4 Millionen Anrufe am Notruf eingegangen und dadurch 400.000 Einsätze ausgelöst worden. Eingeteilt wird das dem Einsatzort am nächsten befindliche Patrouillenfahrzeug. Insgesamt 70 Streifen werden im Einsatz sein.

Mahrer: "Daher ist es heute nicht mehr wichtig, wie lange der Bürger zum nächsten Polizeiwachzimmer braucht – sondern wie lange die Polizei zum Bürger braucht." Über den Streifeneinsatz der freiwerdenden Beamten soll in Abstimmung mit den Bezirksvorstehern entschieden werden. Die Umsetzung beginnt sofort.

Lob und Tadel

Für Wiens Bürgermeister Michael Häupl ist das Konzept des Innenministeriums "eine gute Basis, auf der man aufbauen kann. 80 Prozent meiner Forderungen wurden erfüllt." Man habe aber noch reichlich Arbeit vor sich – "etwa bei der gemeinsamen Suche nach neuen Standorten."

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Innenministerin Johanna Mikl-Leitner zeigt sich zufrieden: "Es ist ein guter Tag für die Wienerinnen und Wiener, weil das neue Konzept mehr Sicherheit bringt."

SPÖ-Gewerkschafter Harald Segall glaubt nicht, dass auch nur ein Beamter durch die Reform zusätzlich auf die Straße kommt. Und FP-Chef Heinz-Christian Strache kündigte eine Unterschriftenaktion gegen die Postenschließungen an.

Andreas Walther hat sich in seiner Gegend in der Neuwaldegger Straße eigentlich immer wohlgefühlt. Und sicher. Denn gleich im Erdgeschoß seines Wohnhauses befand sich eine Polizeistation. Das hat aber ein Ablaufdatum. Denn dieser Posten ist eine der Dienststellen, die im Zuge der Reform geschlossen werden.

Walther kann die Entscheidungen der Politik nicht nachvollziehen: "Ich bin genauso wie meine Gattin absolut nicht einverstanden mit der Schließung. Es ist grauenhaft. Die nächste Station befindet sich erst in der Rötzergasse." Auch Anrainer Gerhard Langhammer ist erbost: "Das ist eine volle Sauerei! Ohne Polizei ist es hier wesentlich gefährlicher." Langhammer fühlt sich ohne Polizeistation weniger sicher.

Die Hernalser Bezirksvorsteherin Ilse Pfeffer (SPÖ) ist ebenfalls aufgebracht: "Es ist gut und notwendig, dass Stadtentwicklungsgebiete im Osten Polizeidienststellen erhalten. Aber deshalb Einsparung auf dem Rücken anderer zu machen, ist falsch."

Besonders ärgerlich für die Bezirksvorsteherin: Die Polizeiinspektion Neuwaldegg betreue den mit Abstand flächenmäßig größten Einzugsbereich.

Pfeffer dazu: "Dagegen protestiere ich und zwar vehement." Ähnlich sieht die Situation die Hernalser FPÖ-Bezirksobfrau Veronika Matiasek. 54.000 Bewohner hätten nun lediglich zwei Wachzimmer als Anlaufstelle. "Dabei ist gerade im locker verbauten Gebiet, in dem es viele Siedlungen mit Einfamilienhäusern gibt, die Eigentumskriminalität besonders hoch."