Chronik/Wien

Favoriten: "Überrascht von schneller Mobilisierung gewaltbereiter Gruppen"

„Bis dato wurden für die kommenden Tage keine weiteren Demonstrationen angemeldet“, berichtete die Landespolizeidirektion Wien am Sonntag. Konsequenzen werden die Zusammenstöße zwischen kurdischen und linken Aktivisten und rechtsextremen Türken dennoch haben. So soll sich am Montag unter anderem der türkische Botschafter im Außenministerium verantworten.

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Insgesamt gab es vergangene Woche vier Demos in Wien-Favoriten. Diese sorgten auch bundespolitisch für Aufsehen, da die linken Aktivisten und Kurden immer wieder von rechtsextremen "Grauen Wölfen" und Erdogan-Anhängern angegriffen wurden. 

Auch Böller und Flaschen wurden geworfen, einige Verletzte und Polizeigroßeinsätze waren die Folge. Innenminister Karl Nehammer, Integrationsministerin Susanne Raab (beide ÖVP) und Landespolizeivizepräsident Franz Eigner nahmen in einer Pressekonferenz Stellung zu den Vorkommnissen.

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Nehammer will demnach die Ereignisse der vergangenen Woche so nicht stehen lassen. Es sei völlig inakzeptabel, dass "türkische Konflikte in Österreich ausgetragen werden". Ein wesentliches Element der Demokratie sei das Versammlungsrecht. Dieses müsse in Österreich ohne Angst gelebt werden können.

Bundes- und Landesverfassungsschutz werden nun die Hintermänner ermitteln. Es gab bereits 11 Festnahmen, 57 Anzeigen und 220 Identitätsfeststellungen. Außerdem werde gerade Bildmaterial ausgewertet und jede Straftat verfolgt.

Laut dem Innenminister hat bereits ein Zusammentreffen von Türken, Kurden und Landesverfassungsschutz stattgefunden. Nehammer hofft auf verstärkte Kooperation. Außerdem will er mehr Polizeipräsenz in Favoriten.

Der türkische Botschafter wird noch heute, Montag, zum Außenminister zitiert, er soll auf türkische Vereine einwirken, damit keine Gewalteskalation mehr stattfindet. Auch werde es einen runden Tisch geben, um zeitnahe Maßnahmen zu besprechen, damit die Bilder der letzten Woche künftig verhindert werden.

Bezüglich der Einsatzkosten sagte Nehammer: "Versammlungen sollen in Österreich immer möglich sein, es handelt sich dabei um ein Grundrecht, demnach schlagen sich die begleitenden Polizeieinsätze auch im Budget nieder." Was er hingegen nicht wolle, sei der Missbrauch des Versammlungsrechtes. Eine genaue Summe - in Medienberichten war von Kosten bis zu einer Million Euro die Rede - nannte der Innenminister nicht. 

Rasche Mobilisierung

Landespolizeivizepräsident Franz Eigner war vor allem vom hohen Mobilisierungsgrad der "gewaltbereiten Gruppen" überrascht. Demnach hätten sich sehr schnell kleine Gruppen gebildet, die äußerst brutal gegen die Polizei vorgingen. Der Schutz der Versammlung - die eigentliche Aufgabe der Polizei - sei dadurch erschwert gewesen.

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"Das war ein Überraschungsmoment, dass so schnell gewaltbereite junge Menschen auf der Straße sind." Diese Gruppen sollen gezielt gegen die Beamten und deren Hunde vorgegangen sein und mit Steinen, Pyrotechnik und Flaschen geworfen haben. Es dürfte einen harten Kern von zumindest einigen Hundert Jugendlichen geben, die rasch zu derartigen Auseinandersetzungen "beordert werden können".

Derzeit seien keine weiteren Kundgebungen angekündigt, dennoch gehe man von spontanen Zusammenrottungen aus. "Moderne Medien" würden zur Raschheit dieser Mobilisierung beitragen, darauf müsse sich die Polizei noch stärker einstellen.

Auch Integrationsministerin Raab hält fest, dass Österreich "kein Austragungsort für türkische Konflikte" sei, da gebe es keine Toleranz. Die verstärkte Polizeipräsenz in Wien-Favoriten sieht sie daher als richtig.

Raab verlangt nun auch ein deutliches Zeichen des türkischen Botschafters.

"Die Demos zeigen die Gefahr und Existenz von Parallelgesellschaften in Wien. Die Ereignisse der vergangen Tage und die zugrunde liegenden extremistischen Strukturen sind nur die Spitze des Eisbergs", meint Raab. Eine Generalverurteilung von Migranten will sie dennoch nicht, wenngleich sie es für problematisch hält, dass "45 Prozent der Menschen mit türkischem Hintergrund sich stärker mit der Türkei als mit Österreich verbunden fühlen".

Ihr zufolge würden dabei auch spaltende Vereine und Einflüsse aus dem Ausland eine Rolle spielen. Diese würden unter anderem auf junge Menschen mit Migrationshintergund abzielen, die bereits in der zweiten oder dritten Generation hier leben. Die Ministerin sprach in diesem Zusammenhang von "integrationsfeindlichem" Vorgängen.

Dokumenationsstelle ab Sommer

Raab kündigt zudem eine Dokumentationsstelle für den politischen Islam an, die bereits im Sommer ihre Arbeit aufnehmen soll. Diese Stelle wird durch einen wissenschaftlichen Beirat gestützt.

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Auf wissenschaftlicher Grundlage sollen künftig jene Netzwerke und Vereine durchleuchtet werden, die die Grundlage für den extremistischen Islam sind. Auch die Öffentlichkeit solle dann regelmäßig über Parallelgesellschaften informiert werden.