Chronik/Wien

Peter Kraus: „Gehöre einer neuen Generation von Grünen an“

Peter Kraus traute sich im Rennen um die grüne Nummer eins mit einem Online-Video als Erster aus der Deckung.

KURIER: Sie sind am Sonntag mit Ihrer Bewerbung als Spitzenkandidat vorgeprescht – zum Missfallen des Lagers um ihren wahrscheinlichen Konkurrenten David Ellensohn. Wie zerstritten sind die Grünen?

Peter Kraus: Mir war mit dem Video wichtig, ehrlich zu sagen, wofür ich stehe. Ich habe den Eindruck, dass das richtig war. Mir wurde von allen Seiten geraten, offen zu sagen, wofür ich antrete und mit dem Herumtaktieren aufzuhören. Ich möchte mit diesen alten Mustern brechen.

Sie wollten Ellensohn also nicht zuvor kommen?

Das war meine eigene Entscheidung. Ich habe das Video mit Ehrenamtlichen erarbeitet, wir hatten den Zeitplan schon länger.

Droht den Grünen ein Flügelkampf wie der Wiener SPÖ?

Glaube ich nicht. Wenn wir es gut anlegen, schaffen wir es, ein respektvolles Miteinander zu leben – wo es wirklich darum geht, wer welche Ideen hat. Mein Angebot ist, dass ich einer neuen Generation von Grünen angehöre. Als sich die Grünen gründeten, war ich noch nicht einmal auf der Welt.

Sie werden dem Parteiflügel um Maria Vassilakou zugerechnet. Haben Sie mit ihr vereinbart, dass nur Sie kandidieren, um das Lager nicht zu spalten?

Ich habe meine Entscheidung mit niemandem abgesprochen. Das ist so ein altes Muster, das ich brechen will.

Was können Sie besser als etwaige Gegenkandidaten?

Eine Stärke von mir ist, dass ich Leute organisieren und motivieren kann. Ein Beispiel ist das Video: Das ist von engagierten Leuten mit viel Herzblut produziert worden. So will ich Politik machen: Leuten reinholen, die ihren Beitrag leisten können.

Nicht nur Parteimitglieder dürfen diesen Mal den Spitzenkandidaten mitwählen, sondern alle Stadtbewohner, die sich für 15 Euro online registrieren. Wie gut ist Ihre Kriegskasse dotiert?

Ich mache alles mit keinem oder sehr wenig Budget, vor allem mit Ehrenamtlichen. Das ist die beste Alternative zu den Großspendern von Sebastian Kurz.

Für den Fall, dass Sie das Auswahlverfahren gewinnen: Beanspruchen Sie dann den grünen Stadtratsposten für sich?

Wir werden nach November entscheiden, was am besten für den grünen Wahlerfolg ist.

Der linke Flügel wirft Vassilakou vor, zu viele Kompromisse mit der SPÖ einzugehen. Wo stehen Sie in diesem Richtungsstreit?

Wir müssen uns für die Erfolge der vergangenen Jahre – wie der 365 Euro-Jahreskarte – nicht verstecken. In Zukunft brauchen wir eine mutigere Vision, wofür progressive, grüne Politik steht. Das sind aus meiner Sicht drei Themen: Leistbares Wohnen, die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich und wie die Welt aussieht, in der die künftigen Generationen leben. Da brauchen wir mutigere Antworten.

Das bedeutet mehr Konflikte mit der SPÖ?

Es geht nicht um mehr Konflikte mit der SPÖ, sondern darum, aus eigener Kraft Ideen zu formulieren. Mir ist sehr recht, wenn wir nicht nur die SPÖ, sondern die ganze Stadt bewegen.

Die SPÖ hat immer wieder Verschärfungen bei der Mindestsicherung forciert – etwa eine Wartefrist für Zugezogene. Würde das für Sie ein Ende der Koalition bedeuten?

Mit mir wird es so etwas nicht geben. Die ganze Diskussion läuft falsch. Wir sollten uns eher überlegen, wie wir jenen, die ihr Leben nicht aus eigener Kraft bestreiten können, mehr Chancen geben können. Ich will nicht, dass wir als progressiv denkende Menschen bei diesem negativen Wettbewerb nach unten mitmachen.

Und wenn die SPÖ nicht mitspielt?

Wir werden sie mit guten Argumenten überzeugen, dass das kein sozialdemokratischer Weg ist.

Junger Rathaus-Kenner

Peter Kraus (31) wuchs in Niederösterreich auf und kam zum Zivildienst nach Wien. 2010  wurde der Volkswirt in der Brigittenau grüner Bezirksrat. Parallel dazu übernahm er die Funktion des stv. Büroleiters von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou. Seit 2013 engagiert sich Kraus als Sprecher der Grünen Andersrum Wien in der lesbisch-schwulen Community. Nach der Wien-Wahl 2015 zog er  in den Gemeinderat ein.  

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