Personalmangel: Kinderstation im Krankenhaus Nord schließt vorübergehend
Von Josef Gebhard
Vor verschlossenen Türen steht, wer ab Mittwoch sein fieberndes Kind ins Krankenhaus Nord (offiziell nunmehr Klinik Floridsdorf) bringen will. Denn zwischen 8. und 19. Jänner haben die Kinderabteilung und -ambulanz des neuen Spitals im 21. Bezirk geschlossen.
Eltern werden gebeten, in diesem Zeitraum in eines der anderen Gemeindespitäler auszuweichen, ist auf der Homepage des Krankenanstaltenverbunds (KAV) vermerkt. Zum Beispiel ins AKH, die Rudolfstiftung oder das Wilhelminenspital.
Und das ausgerechnet in einer Zeit, in der viele Eltern mit ihren Kindern aus dem Weihnachtsurlaub zurückkommen und somit für ein steigendes Patientenaufkommen sorgen werden, wie KAV-Insider kritisieren.
Ursache
Umstritten bleibt, was hinter der aktuellen Sperre steckt. Laut einer KAV-Sprecherin handle es sich um eine länger geplante Routine-Maßnahme. „Es geht darum, dass jene Mitarbeiter, die über Weihnachten Dienst haben, ihren Anspruch auf Freizeit wahrnehmen können“, sagt eine Sprecherin des KAV.
Das Krankenhaus in Floridsdorf sollte schon seit 2016 fertiggestellt sein, ging aber erst im Herbst 2019 in Vollbetrieb. Die letzte Kostenvorgabe aus dem Gesundheitsressort lautete 1,34 Milliarden Euro. Kalkuliert hat die Stadt Wien ursprünglich aber völlig anders.
– 2005 Um die medizinische Versorgung in Floridsdorf und Donaustadt zu verbessern, beschließt die Stadt die Errichtung des 785-Betten-Spitals.
– 2008 Die Entscheidung für den Standort Brünner Straße fällt, ein Architekturwettbewerb wird ausgelobt. Zwei Jahre später kauft die Stadt von den ÖBB das Grundstück.
– 2012 Grundsteinlegung. Die Stadt geht noch von Kosten von mehr als 825 Millionen Euro aus.
– 2014 Erste Gerüchte über Probleme tauchen auf: Grund sollen Fehlplanungen und mangelnde Projektsteuerung sein.
– 2015 Wegen Fehlern in der Statikberechnung und des Konkurses einer Fassadenbaufirma erhöhen sich die Kosten um rund zehn Prozent.
– 2018 Berichte über einen „Schutzring“, den der Energetiker Christoph Fasching für 95.000 Euro um das Spital gelegt hat, sorgten für Aufsehen.
Die gemeinderätliche Untersuchungskommission zur Causa nimmt ihre Arbeit auf. Sie tagt zwölf Monate, kann aber die politische Verantwortung nicht eindeutig klären.
Solche geplanten Sperren seien nicht unüblich und auch in den vergangenen Jahren der Fall gewesen. Zuletzt auch in der Rudolfstiftung, wo die dortige Kinderambulanz zwischen Heiligen Abend und Silvester geschlossen gewesen sei. Gleichzeitig räumt die Sprecherin ein, dass aktuell gleich zwei Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde für das KH Nord gesucht werden. Weiters habe es zumindest bis vor Weihnachten zwei Krankenstände auf dieser Abteilung gegeben.
Zu wenig Personal
Innerhalb des Personals des KH Nord ortet man hinter der aktuellen Sperre der Kinderabteilung ohnehin nur den nächsten Beleg für die chronischen Personal-Engpässe, unter dem das Krankenhaus seit seiner Eröffnung im Herbst 2019 zu leiden hat. „Eine Sperre während der Ferien, wenn viele Kinder auf Urlaub sind, ist ja noch nachvollziehbar. Aber eine ab dem 8. Jänner?“, sagt ein Mediziner, der namentlich nicht genannt werden möchte.
Außerdem habe es bereits im November Probleme gegeben, Dienste zu besetzen. Anfang Dezember kamen Mitarbeiter des Floridsdorfer Spitals zu einer Dienststellenversammlung zusammen. Und zwar, um gegen zu wenig Personal, mangelnde Einschulungen und bauliche Probleme zu protestieren. Kritisiert wurde damals von der Personalvetretungs-Liste „Solidarität“, dass „immer weniger Personen immer mehr Arbeit machen müssen und Überstunden ansammeln“. Dazu komme, dass viele Bedienstete an Geräten arbeiten, für die ihnen die Einschulung fehle.
Mehr Stellen
Derweil versucht der KAV mit der Ärztekammer, dem generellen Ärztemangel entgegenzutreten. Mit dem heurigen Jahr werden beim städtischen Spitalsbetreiber 250 zusätzliche Stellen für Fachärzte und Ärzte in Ausbildung geschaffen, wie kurz vor Weihnachten bekannt gegeben wurde. Damit will man der Pensionierungswelle entgegentreten, die in den kommenden Jahren auch auf den KAV zurollen wird.