Chronik/Wien

OP-Protokolle: Prominenter Arzt darf nicht mehr operieren

Im Streit um angeblich gefälschte Operationsprotokolle am Wiener AKH haben sich die MedUni Wien und der ehemalige Leiter der Uniklinik für Chirurgie, Michael Gnant, nun außergerichtlich geeinigt. Das teilte die Universität am Dienstag mit.

Im Zuge der Einigung vor dem Arbeits- und Sozialgericht wurde nun die Entlassung des international bekannten Brustkrebsspezialisten zurückgenommen.

Zudem bleibt er ordentlicher Professor. Da Gnant dafür verantwortlich sei, "dass er in OP-Protokollen als Hauptoperateur aufscheint, obwohl er nicht selbst operiert hat, und dass Patientinnen darüber im Unklaren gelassen wurden", sei eine weitere Tätigkeit des Chirurgen "in einer Leitungsfunktion an der Medizinischen Universität Wien" aber ausgeschlossen, heißt es in einer Aussendung.

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Bis auf Weiteres dürfe er sich "weder in der klinischen Routine noch als Operateur betätigen". Stattdessen werde sich der Mediziner auf seine Tätigkeit als Forscher konzentrieren - vorerst im Rahmen einer Forschungskarenz.

Drei weitere Verfahren

Die nun erfolgte außergerichtliche Einigung betreffe lediglich das von Gnant selbst in die Wege geleitete arbeitsrechtliche Verfahren, in dem der Arzt gegen seine Kündigung ankämpfte, betont man seitens der MedUni.

Wie es mit der Karriere des prominenten Chirurgen weitergeht, hängt aber noch von drei weiteren Verfahren ab. So ist gegen den Arzt wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betruges weiterhin ein strafrechtliches Verfahren anhängig. Parallel laufen ein durch das Wissenschaftsministerium initiiertes Disziplinarverfahren sowie ein Verfahren vor dem Ehrenrat der Ärztekammer.

Vor Abschluss der anderen Verfahren sei „eine klinische Tätigkeit an der Universität undenkbar“, erklärt MedUni-Rektor Markus Müller. Aufgrund seiner Forschungskarenz sei Gnant an der Uni „physisch nicht anwesend“.

„Das einzig Richtige“

Patientenanwältin Sigrid Pilz sieht durch den nunmehr erfolgten Vergleich sämtliche Vorwürfe von Patientinnen als bestätigt an. Dass der Arzt nicht mehr operieren darf, sei „aus Patientensicht das einzig Richtige“, sagt sie. 

Offen sei nach wie vor, ob etwaige Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können. Zum einen laufen dahingehend noch Erhebungen, erklärt man bei der Patientenanwaltschaft. Zum anderen warte man gespannt auf das Ergebnis des strafrechtlichen Verfahrens, an dem sich zwei empörte Patientinnen als Privatpersonen beteiligt hätten. Die beiden Damen fühlen sich getäuscht, weil sie Gnant zur Nachbehandlung aufsuchten – in der Annahme, der Mediziner sei auch ihr Operateur gewesen.

Wie viele Patientinnen sich insgesamt an die Patientenanwaltschaft wandten, wird nicht kommuniziert. „Etliche davon wollen anonym bleiben.“

"Kein Schaden"

Entspannt wartet Gnants Anwalt, Stefan Prochaska, die verbliebenen Verfahren ab. "Österreich ist ein freies Land - da kann jeder jeden anzeigen", sagt er zum KURIER im Hinblick auf die Betrugsanzeige. Ein Betrug wäre nur gegeben, wenn eine Täuschung zu einem Schaden führe, meint er. Alle Patienten seien aber ordnungsgemäß operiert und gut behandelt worden.

Zudem seien von Hunderten Beschwerdefällen bloß zwei übrig geblieben.