ÖVP Wien: Mahrer einstimmig gewählt, aber für wie lange?
In der Wiener ÖVP demonstrierte man am Freitag seltene Einigkeit. Die Entscheidung, Karl Mahrer zum (interimistischen?) Nachfolger von Landesparteichef Gernot Blümel zu ernennen, stieß auf breite Zustimmung.
In Präsidium und Landesvorstand wurde Mahrer am Abend einstimmig gewählt. Das beweise „die Geschlossenheit unserer Gesinnungsgemeinschaft“, hieß es wenig später in einer ÖVP-Aussendung.
Mahrer sei der richtige Mann zur richtigen Zeit, war zu hören. Der 66-Jährige ist im Arbeitnehmerbund ÖAAB ebenso verankert wie im Seniorenbund. Eine gute Gesprächsbasis hat er auch mit Wirtschaftsbund-Chef Walter Ruck, der mit der bisherigen türkisen Führung seine liebe Not hatte.
Auch als Ansprechpartner für die Wiener SPÖ sei Mahrer geeignet, heißt es aus der Partei. Als Nationalratsabgeordneter hat er zudem Zugang zur Bundespartei. Das ist nicht zuletzt wichtig, weil die Wiener ÖVP keinen Minister mehr stellt.
Personalentscheidungen
Auf Mahrer kommen auch unangenehme Entscheidungen zu, wenn er die Geschlossenheit in der Partei dauerhaft herstellen will. Das könnte vor allem in der zweiten Führungsreihe zu Neubesetzungen führen, heißt es. So könnte Bernadette Arnoldner ihren Job als Landesgeschäftsführerin bald verlieren und sich auf ihr Amt als nicht amtsführende Stadträtin konzentrieren. Arnoldner dementierte das am Freitag.
Auch im Gemeinderatsklub könnte es zu Rochaden kommen. Der Mandatar Markus Gstöttner, der aus dem Kabinett von Sebastian Kurz kommt, soll Kabinettschef des neuen Kanzlers Karl Nehammer werden. Dass er nebenbei Zeit für den Gemeinderat hat, ist unwahrscheinlich. Das könnte Standortanwalt Alexander Biach den Weg in den Gemeinderat ebnen.
Wahl im Jahr 2022
Weniger Einigkeit herrscht in der Frage, wie lange Mahrer sein Amt ausüben soll: Am Abend wurde bekannt, dass sich Mahrer – mit seinem Team – kommendes Jahr auf einem ordentlichen Landesparteitag von den Delegierten dauerhaft zum Wiener ÖVP-Chef wählen lassen will.
So mancher Funktionär wünschte sich im Vorfeld eine raschere Übergabe an einen jüngeren Parteichef. Nur so könne es „frischen Wind“ geben. Jedenfalls vor der nächsten Wahl solle Mahrer wieder abtreten, war aus Parteikreisen zu vernehmen. Diese findet in spätestens vier Jahren statt.
„Unsere Aufgabe ist es jetzt, gemeinsam nachhaltige Lösungen zu suchen“, sagt dazu etwa Harald Zierfuß, Chef der Jungen ÖVP in Wien, zum KURIER.
Thema Sicherheit
Aus dem Umfeld der Landespartei hört man hingegen: Mahrer wolle „kein Notnagel“ sein. Es sei ihm „zuzutrauen“, dass er selbst in die nächste Wien-Wahl geht.
Mahrer will inhaltlich eigenen Schwerpunkte setzen: Zentrales Thema des Ex-Polizisten soll die Sicherheit sein. „Hier werden Konzepte und Ideen für eine Stärkung des subjektiven Sicherheitsgefühls mit besonderem Schwerpunkt für die Älteren in der Gesellschaft erarbeitet“, heißt es. Auch Migration, Integration und die Stärkung des Mittelstands stehen auf der Agenda.
In der Zusammenarbeit mit den anderen Parteien will Mahrer die „Spirale der Aggression“ durchbrechen. Er wolle auf „konstruktive Oppositionsarbeit“ setzen.