Missbrauch durch Wiener Lehrer: Kommission verschickt nun Briefe
Die Untersuchungskommission, die zum Fall eines jahrelangen Missbrauchs durch einen Lehrer an einer Wiener Mittelschule gegründet wurde, verschickt tausende Briefe an deren einstige Schülerinnen und Schüler sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Laut APA-Informationen war der Pädagoge seit Mitte der 1990er-Jahre an der Bildungsanstalt tätig, jedoch richtet sich das Schreiben an Personen, die zwischen 2004 und 2019 an dieser waren - und die nun auch als Tatort infrage kommt.
2019 wurde bei dem Pädagogen eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Es wurden unter anderem vier Festplatten mit belastendem Material sichergestellt, er beging daraufhin Suizid, die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurden daraufhin eingestellt. „Die Staatsanwaltschaft hat uns darüber informiert, dass sich die Vorfälle ab 2004 ereignet haben. Daher konzentriert sich die Bildungsdirektion für Wien im Moment auf diesen Zeitraum“, hieß es von der Bildungsdirektion am Mittwoch gegenüber der APA auf die Frage, warum man sich drei Jahre nach Bekanntwerden des Falls nun nicht an alle möglichen Opfer wendet.
In dem Schreiben, gezeichnet vom Leiter der Kommission, werden die Adressaten über das Vorliegen von im Raum stehenden Übergriffen aufmerksam gemacht und auf das Anliegen der Schulbehörde, „die Umstände so umfassend wie möglich aufzuklären“. Zudem gibt es Kontaktangebote zur Kommission selbst und zu Anlaufstellen zur weiteren Beratung.
Bis gestern, Dienstag, war bekannt, dass besagter Pädagoge seit 2004 Missbrauchshandlungen an zumindest 25 Schülern im Alter zwischen neun und 14 Jahren begangen haben dürfte. Bei der Auswertung der Festplatten stießen die Ermittler auf umfangreiches kinderpornografisches Material, das er teilweise selbst hergestellt hatte. Er hatte Kinder abgebildet bzw. gefilmt, die er selbst unterrichtet hatte. Laut Kinder- und Jugendanwaltschaft (KJA) waren darunter unmündige Buben. Doch wie der „Standard“ am Dienstag berichtete, gibt es nun Aussagen, wonach der sexuelle Missbrauch auch innerhalb des schulischen Bereichs, im Turnsaal und auf einer Sportwoche, stattgefunden haben soll.
Beweisstücke vernichtet
So schrieb die Tageszeitung von Bildern, von denen ein von Anwältin Herta Bauer vertretener Mandant berichtet, dass sie ohne sein Wissen im Jahr 2004 von ihm gemacht wurden und der darauf halbnackt zu sehen war. Zu Gesicht bekam er die Fotos 2019 im Herbst, als sie ihm von Kriminalbeamten im Zuge der Ermittlungen gezeigt worden sind. Anwältin Bauer forderte sowohl eine Expertenkommission des Justizministeriums und der Stadt, bei der sich Opfer melden können - sowie eine Entschädigung für die Opfer.
Gesicherte Daten gebe es keine mehr, so die Anwältin gegenüber dem „Standard“, die Beweisstücke wurden von der Polizei bereits aus rechtlichen Gründen vernichtet. Fest steht, dass der Pädagoge auch außerhalb der Schulbetriebs aktiv war und dort auf mögliche Opfer traf, etwa bei Feriencamps in einem Bundesland außerhalb von Wien oder jahrelang in einem Sportverein in der Bundeshauptstadt.
Für die Wiener Polizei ist der Fall seit 2019 abgeschlossen, hieß es am Dienstag auf Anfrage. Alle mutmaßlichen Opfer wurden damals nach dem Suizid des Lehrers vom LKA einvernommen. Nähere Angaben könne man wegen deren Persönlichkeitsschutzes nicht machen.