Messerangriff auf Arzt: Kammer will Spitäler wie Gerichte sichern
Von Konstantin Auer
Am Mittwoch griff ein Mann einen Kardiologen in einem Wartezimmer des Kaiser-Franz-Josef-Spitals mit einem Messer an. Der 64-jährige Arzt musste notoperiert werden und befindet sich seither nicht mehr in Lebensgefahr.
Der tatverdächtige 33-jährige, der aus Sierra Leone kommt und seit 2004 in Österreich lebt, setzte sich nach der Attacke wieder hin und wartete auf seine Festnahme.
"Habe Stimmen gehört"
In den ersten Einvernahmen "zeigte sich der Tatverdächtige grundsätzlich geständig", teilt die Polizei am Donnertsag mit. Als Motiv habe der Mann angegeben, plötzlich Stimmen gehört zu haben, die ihm den Angriff befohlen hätten.
Der Mann habe sich laut Polizei in der Vernehmung aber "normal und orientiert" verhalten. So konnte er zum Beispiel Daten zu früheren Behandlungen nennen und Zusammenhänge schildern, sagt Polizeisprecher Paul Eidenberger.
Befragung des Opfers
Der Verdächtige befindet sich nun in Untersuchungshaft, die Plausibilität seiner Aussagen werden laut Polizei dann von Sachverständigen im Rahmen des Gerichtsverfahrens überprüft.
Im Laufe des heutigen Tages wird auch der Kardiologe zum ersten Mal im Krankenhaus befragt werden.
Nach dem Vorfall verlangt die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) ein sicheres Arbeitsumfeld für Spitalssärzte. Für Harald Mayer, ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte, gehören Spitäler „wie Gerichte gesichert“, betonte er am Donnerstag.
Der aktuelle Fall ist laut ÖÄK-Präsident Thomas Szekeres „der traurige Tiefpunkt einer Entwicklung, die wir schon länger mit Sorge beobachten.“ Aggressives Verhalten und Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte sowie medizinisches Personal nehmen immer weiter zu, hielt Szekleres fest.
Die ÖÄK forderte daher in einer Presseaussendung „dringend wirksame Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit in Spitälern“. Die Sicherheit von Ärzten und anderen Angehörigen der Gesundheitsberufe sowie ein unbelastetes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient seien entscheidende Säulen der Gesundheitsversorgung. „Spitalsärzte brauchen ein sicheres Arbeitsumfeld“, insistierte ÖÄK-Vize Mayer.
Anti-Gewalt-Paket
Grundsätzlich sind nach Dafürhalten der ÖÄK für alle Spitäler Sicherheitskonzepte geboten und gehören Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter etabliert. „Andernfalls brauchen wir wohl bald Sicherheitschecks wie am Flughafen“, warnte Mayer.
Daneben tritt die ÖAK dafür ein, Angriffe auf Gesundheitspersonal wie bei Polizisten, Gutachtern oder Beamten strafrechtlich generell als schwere Körperverletzung zu ahnden. Die könne auf einen Teil der Täter abschreckend wirken. Ein Anti-Gewalt-Paket in Form von Strafrechtsverschärfungen liege bereits beim Parlament: „Jetzt ist der Zeitpunkt, es auch zu beschließen.“
Der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) versichert hingegen, dass das Sicherheitskonzept der Spitäler "permanent evaluiert" werde. Ein Sprecher sagt auf KURIER-Anfrage, dass auch der aktuelle Vorfall in "Fallkonferenzen" analysiert werde: "Dann werden wir sehen, ob und wie es beim gestrigen Fall die Möglichkeit einer Verhinderung gegeben hätte".
"Keine Einzelmaßnahmen"
Bezüglich der Sicherheitsschleusen gebe es "alle möglichen Überlegungen". Es dürfe nur keine Einzelmaßnahmen geben, sondern ein Sicherheitskonzept, das mehrere Maßnahmen beinhaltet.
Laut dem KAV-Sprecher gebe es sowohl Argumente, die für Sicherheitsschleusen sprechen. Aber auch welche, die dagegen sprechen - wie etwa längere Wartezeiten und Hürden für die Patienten.
Beim KAV setze man vor allem auf Schulungen für die Mitarbeiter, die auf alle möglichen Konflikte vorbereiten sollen.