Ludwig: "Mir ist wichtig, dass wir an den großen Schrauben drehen"
SPÖ-Chef Michael Ludwig und Grünen-Frontfrau Birgit Hebein standen in zwei großen TV-Interviews Rede und Antwort. Die Fragen stellten auch die Mitglieder des KURIER-Leserbeirats. Das Interview von Birgit Hebein gibt's hier.
KURIER: Herr Bürgermeister, man hat den Eindruck, es gibt wenige Leute, die Ihr Blut in Wallung bringen. Aber kürzlich hat der Innenminister vorgeschlagen, dass Wien Flüchtlinge aus Traiskirchen statt aus dem Flüchtlingslager Moria übernehmen soll.
Michael Ludwig: Ich war erstaunt. Ich finde es bedauerlich, dass sich die Bundesregierung nicht durchringen kann, zumindest eine gewisse Anzahl unbegleiteter Kindern nach Österreich und nach Wien zu bringen.
Fürchten Sie nicht, dass – weil die Flüchtlinge selbst das Lager angezündet haben sollen – mehrere Lager brennen können?
Man kann ja nicht die Kinder bestrafen, die zum Teil unbegleitet in diesen Lagern unterwegs sind. Das bedeutet nicht, dass wir für eine uneingeschränkte Zuwanderung wären. Es geht darum, dass man Kindern in einer Notsituation hilft.
Laut einer aktuellen Erhebung sprechen zwei Drittel der Wiener Volksschüler im Alltag nicht Deutsch. Wie kann denn das passieren?
Mir ist ganz wichtig, dass alle Menschen, die zu uns in die Stadt kommen, Deutsch vom ersten Tag an lernen. Da gibt es Angebote. Aber wir wünschen uns mehr Unterstützung, auch vom Bund. Dass Kinder zu Hause nicht ausschließlich Deutsch sprechen, hängt auch mit ihrer Herkunft zusammen und muss nicht automatisch ein Nachteil sein.
Sie fordern schon lange Ganztagsschulen. Warum hat Wien nicht längst flächendeckend Ganztagsschulen gebaut?
Dieses Schuljahr wurde die kostenfreie Ganztagsschule an 70 Standorten realisiert. Jedes Jahr sollen zehn weitere eröffnen. Es gibt kein Bundesland in Österreich, das da nur annähernd herankommt.
Man sagt, Sie hätten gerne eine rot-schwarze Koalition, aber Rot-Türkis gefällt Ihnen nicht so. Stimmt das?
Ich stehe Koalitionen emotionslos gegenüber. Es geht darum, Lösungen zu finden für die Bevölkerung.
Die Frau Vizebürgermeisterin nervt Sie weniger, als es wirkt?
Mich nervt nicht so schnell etwas.
Ketzerisch gesagt, ist Birgit Hebein in der Verkehrspolitik fast schon Bürgermeisterin. Sie gebieten ihr da keinen Einhalt. Wann kommt ein Machtwort?
Wir sind in einer Koalition und Vizebürgermeisterin Hebein ist als Verkehrsstadträtin formal zuständig für diesen Bereich. Da werde ich nicht bei jeder Entscheidung eingreifen.
Wann wird es eine Entscheidung zur verkehrsberuhigten Innenstadt geben?
Das hängt davon ab, wann es das Rechtsgutachten gibt. Sobald es vorliegt, werde ich die politische Entscheidung treffen. Das geht sich vor der Wahl aus.
Wie gehen Sie das Thema Klimaschutz an?
Mir ist wichtig, dass wir an den großen Schrauben drehen. Es mag die Öffentlichkeit zwar interessieren, ob es einen Pop-up-Radweg gibt, aber Wien hat kürzlich eine große Abwasser-Entsorgungsanlage eröffnet. Es wird uns gelingen, pro Jahr 40.000 Tonnen einzusparen. Das ist 1 Prozent der gesamten Energieaufwendungen Wiens. Außerdem pflanzen wir pro Jahr 4.500 Stadtbäume.
In Wien gibt es eine riesige Bauwut. Man hat das Gefühl, alles wird verdichtet und zugebaut. An der Alten Donau, am Donaufeld.
Wir bauen Wohnungen für viele junge Menschen. Aber wir haben den Anteil an Grünflächen von 50 auf 53 Prozent erhöht, indem wir auf früheren Industriegebieten oder Bahnhofsarealen Parkanlagen errichtet haben. Etwa den Helmut-Zilk-Park im Sonnwendviertel .