Kardinal Schönborn: Ein „böhmischer Bua“ wird Ehrenbürger der Stadt Wien
Von Anya Antonius
In die lange Reihe der Gratulantinnen und Gratulanten reihten sich an diesem Montag im Wiener Rathaus auch zahlreiche Geistliche ein. Kein Wunder angesichts des Anlasses: Der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn ist zum Ehrenbürger der Stadt Wien ernannt worden.
Schönborn habe es verstanden, die Grundsätze der Religion mit dem Alltag der Menschen zu verbinden, sagte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) in seiner Ansprache. Schließlich sei er auch wiederholt als „papabile“ gehandelt worden, also im Konklave als Papst wählbar.
Besonders hob Ludwig sein Engagement für geflüchtete Menschen hervor. Und dankte für die Einrichtung einer Impfstraße im Stephansdom zu Coronazeiten: „Ein mutiger Schritt, der dir auch viel Kritik eingebracht hat.“ Ludwig erinnert auch an den Trauergottesdienst nach der Wiener Terrornacht. Dieser habe der Stadt damals dringend benötigten Trost und Zuversicht gespendet.
Kardinäle verwechselt
Die Laudatio hielt Bundespräsident a. D. Heinz Fischer, selbst Ehrenbürger der Stadt Wien. Schönborn, sagt er, sei nicht nur ein „hervorragender Theologe und Seelsorger“, sondern auch ein Brückenbauer zwischen Menschen, Staaten und Religionen.
Und er erzählt auch eine Anekdote: Als er 2007 bei einer Veranstaltung anlässlich des Besuchs von Papst Benedikt XVI. in seiner Rede Schönborn irrtümlich als Kardinal König bezeichnet habe, sei ein Raunen durch das Publikum gegangen. Kurzerhand habe der Papst selbst zum Mikrofon gegriffen: „Es gibt doch nichts Schöneres, als mit Kardinal König verwechselt zu werden.“ Ludwig tröstet: „Ich wurde jahrelang als Dr. Michael Häupl begrüßt.“ – „Aber nicht in Gegenwart des Papstes!“
Stationen eines Lebens
Christoph Schönborn wurde am 22. Jänner 1945 im böhmischen Skalsko geboren. Er wuchs in Vorarlberg auf. Nach seinem Eintritt in den Dominikanerorden empfing er 1970 die Priesterweihe. 1991 wurde er zum Weihbischof in Wien ernannt, seit 1995 ist er Erzbischof. Die Altersgrenze für Bischöfe von 75 Jahren hat er bereits Anfang 2020 erreicht und Papst Franziskus damals seinen Rücktritt angeboten. Das Kirchenoberhaupt nahm diesen jedoch nicht an. Seine Ablösung wird nun im Jänner 2025 erwartet.
Schönborn zeigt sich in seinen Dankesworten „wirklich gerührt, als böhmischer Bua Ehrenbürger der Stadt zu werden“ – und möchte sie als Laudatio auf Wien verstanden wissen. „Was Wien lebenswert macht, wird vom Engagement vieler, vieler Menschen getragen“, sagt der bekennende „langjährige Fan der MA 48“.
Vorzeigestadt Wien
Wien sei in Sachen Religionsfrieden eine Vorzeigestadt, so Schönborn. Dialog, Freundschaft und Nachbarschaft seien wichtig. Auch deshalb bedauere er sehr, dass das „König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog“ (KAICIID) nach schwerer Kritik und Kontroversen nach Lissabon umgezogen sei. „Eine vertane Chance, da hat das Parlament einen Bock geschossen“, sagt Schönborn.
Gegen Ende mischen sich auch selbstkritische Töne in seine Rede. Manchmal sei er zu diplomatisch gewesen, habe es an klaren Worten fehlen lassen. Er schließt mit einem abgewandelten Zitat von Karl Kraus: „Wien bleibt Wien – Danke, Wien.“