Jugendbande weiter am Werk? Einbruchserie in Wiener Taxis reißt nicht ab
Seit vergangenem Herbst treibt eine Jugendbande in Wien ihr Unwesen. 24 Minderjährige sollen für 350 Einbrüche in Fahrzeuge - 300 davon waren Taxis - sowie zig Geschäfts- und Sachbeschädigungen verantwortlich sein. Der Schaden beträgt rund 300.000 Euro.
Obwohl die Polizei die Mitglieder der Bande bereits kennt und einige davon in U-Haft sitzen, reißt die Einbruchsserie in Taxis nicht ab. Bei den Tatverdächtigen handelt es sich in sechs Fällen nämlich um Kinder, also unter 14-Jährige.
Selbst Martin Bencza, stellvertretender Leiter des Landeskriminalamts Wien, betonte vergangene Woche auf einer Pressekonferenz zu dem Thema, dass manche der Verdächtigen wohl weiter einbrechen werden.
Hört man sich in der Taxi-Branche um, dürften die Einbrüche in die Fahrzeuge weitergehen. "Zuletzt gab es am 3. Mai gegen 16 Uhr einen Vorfall in der Nähe der Längenfeldgasse sowie in der Simmeringer Hauptstraße um dieselbe Uhrzeit. Die machen keine Pause", sagt Taxifahrer Hakan İlarslan. Bei der Polizei gab es hingegen keine neuen Anzeigen in dem Zusammenhang. "Viele zeigen es aber schon gar nicht mehr an", erklärt İlarslan.
Die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen der Bande stellt für die Kinder- und Jugendhilfe (MA11) teilweise eine Herausforderung dar, wie Ingrid Pöschmann, Sprecherin der MA 11, betont. Neun der 24 Verdächtigen sind in Einrichtungen der MA 11 untergebracht. "Vier Kinder befinden sich in Wohngemeinschaften, fünf derzeit in Krisenzentren. Wir haben sie aus unterschiedlichen Gründen aus ihren Familien herausgenommen", sagte Pöschmann.
Zwölf Kinder mit Fluchterfahrung
Zwölf Kinder, die u. a. aus Syrien, Afghanistan, Serbien, der russischen Teilrepublik Tschetschenien und Tunesien stammen, haben traumatische Fluchterfahrungen hinter sich, so die Sprecherin. "In vielen Familien wurden die Kinder anschließend vernachlässigt, in einigen wurde vonseiten der Eltern auch Gewalt gegen die Kinder ausgeübt", erklärte Pöschmann.
In elf Fällen findet derzeit eine Gefährdungsabklärung statt. Zur Gefährdungsabklärung werden unter anderem Gespräche mit den betroffenen Kindern und Jugendlichen, ihren Eltern und Bezugspersonen geführt, ihre Wohn- und Aufenthaltsorte besucht sowie Gutachten erstellt. Liegt eine Kindeswohlgefährdung vor, werden verschiedene Maßnahmen vereinbart.
"Manche streiten alles ab"
Im aktuellen Fall rund um die Bande sei das Schuld- und Unrechtsbewusstsein bei den Kindern und Jugendlichen unterschiedlich stark ausgeprägt. "Manche streiten ab, dass sie bei den Aktionen überhaupt mitgemacht haben, andere sagen nur 'jaja, machen wir', wenn wir mit ihnen Maßnahmen durchgehen", sagte Pöschmann.
Gemeinsam mit der Polizei - bei allen Treffen mit den Verdächtigen sind Beamte anwesend - laufen derzeit Gespräche mit den Betroffenen und vor allem deren Eltern. "Wir setzen im aktuellen Fall vor allem auf einen erlebnispädagogischen Zugang. In der Natur lernen die Kinder und Jugendlichen, was Grenzen bedeuten", erklärte Pöschmann.
Unterricht auf dem Schiff: Grenzen lernen
Das Schulschiff, das vom "Arbeitskreis Noah" im Auftrag der MA 11 in unterschiedlichsten Gewässern segelt, gilt als letzter Ausweg für viele Jugendliche, um sie von der schiefen Bahn abzubringen und wieder in die Gesellschaft einzugliedern.
"Man bedient sich der Grenzsetzung der Natur, und will die Kinder von der Reizüberflutung und den Ablenkungen der Stadt wegbringen. Am Schiff herrschen auch eigene Regeln, an die man sich halten muss", betonte die Sprecherin. Es geht um Werte wie "Zugehörigkeit, Kompetenzerwerb, Autonomie und Großherzigkeit", heißt es auf der Webseite des Arbeitskreises "Noah".
Lehrer werden eingeflogen
Lehrer werden von der Bildungsdirektion eingeflogen, die Kinder erhalten von Sozialarbeitern und Pädagogen Supervision. Fest steht, dass die Anzahl der Kinder zunimmt, die eine besonders intensive und engmaschige Betreuung brauchen, sagt Pöschmann. "Wir sprechen immer von einer Handvoll Kinder pro Tag, wo wir wirklich überlegen müssen, wie wir zu denen durchdringen."