Floridsdorfer Markt: Das Ende des Schlingerkurses
Der Schlingermarkt ist wahrscheinlich der einzige in Wien, bei dem die Stände weniger werden und die Besucher mehr.
38 fixe Marktstände waren dort einmal, jetzt sind es 32. Weil die Standreihen nach dem Zweiten Weltkrieg so eng aneinandergebaut wurden, war dort lange nicht genug Platz für die Präsentation der Waren, von kleinen Gastgärten ganz zu schweigen.
Wann immer ein Stand aus der Mitte des Platzes frei wird, kauft ihn das Marktamt deshalb auf, baut ihn ab und am Rande des Marktes wieder auf. Das schafft Platz – und Perspektive. Die braucht der Schlingermarkt.
In den 1960er-Jahren war der Markt, der direkt vor dem Schlingerhof liegt, der beste in Wien, vor 40 Jahren noch einer der besten, dann ging es bergab. Zuletzt hatten manche Stände nur noch stundenweise geöffnet.
Im Wesentlichen, sagt Alexander Hengl vom Wiener Marktamt, seien die Vorgänge am Schlingermarkt der Grund dafür gewesen, dass die Stadt 2018 verpflichtende Kernzeiten auf den Märkten eingeführt hat.
Seitdem ist auf dem Markt viel passiert. Bezirk, Gebietsbetreuung, Marktamt und Standler haben den Markt in einer gemeinsamen Kraftanstrengung vor dem Niedergang bewahrt.
Tröpferlbad
Neben Geflügel, Fisch, Pferdefleisch, Gemüse und Blumen gibt es am Schlingermarkt jetzt auch eine begrünte Sitzmöglichkeit mit Sprühnebelduschen für heiße Tage. (In Floridsdorf nennt man es Tröpferlbad, in Mariahilf sagt man zur gleichen Einrichtung Cooling Spot.)
Eine Telefonzelle wurde in einen offenen Bücherschrank umgebaut. Der Brunnen, den es hier bis 1945 gab und der im Krieg zerstört wurde, wurde nach- und wieder aufgebaut. Und das Marktamt betreibt hier ein Museum. Es gibt Lesungen, Workshops, einen Kühlschrank zum Lebensmitteltauschen und auch wieder Zusammenhalt unter den Marktstandlern.
Das ist auch der Verdienst von Norbert Miehl und seiner Frau Regina Schweighofer. 22 Jahre betrieben sie im Grätzel ein Blumengeschäft, vor sechs Jahren übersiedelten sie auf den Markt und kümmern sich dort „ein bissl um den Flair“, sagt Norbert Miehl.
Im Winter kommt der Nikolaus, im Frühling der Osterhase. Dafür verkleidet Herr Miehl sogar sich selbst – oder Freunde. So ein bisschen Atmosphäre sei wichtig, sagt er, der Schlingermarkt ist schließlich der letzte in Transdanubien.
Den besten Eindruck macht der Schlingermarkt übrigens beim Bauernmarkt Freitag und Samstagvormittag. Vor 15 Jahren gab es 15 Stände, mittlerweile sind es 25.
In diesem Fall wurden die Stände und auch die Besucher mehr.