Ein "queeres" Volkskundemuseum in Wien
Von Nina Oezelt
Im 23. Bezirk gibt es ein Museum für Schokolade, im 2. Bezirk ein Museum der Wiener Kriminalgeschichte und im 3. Bezirk ein Museum, welches sich der Kunst der Fälscher widmet. Aber ein Museum für queere Kunst, das gibt es in der Stadt noch nicht.
2022 ist aber alles anders. Denn seit Beginn des neuen Jahres gibt es ein Wandermuseum namens "Queer Museum Vienna". Die erste Station des Museums befindet sich in den Räumlichkeiten des Volkskundemuseums im Palais Schönborn im 8. Bezirk. Ausgestellt ist dort bis Februar 2022 eine Schau von dem Künstler Alfred Rottensteiner.
Komische Nachbarschaft
In seiner Ausstellung "But ...if there is something weird in your neighborhood" (deutsch: Aber, wenn etwas in deiner Nachbarschaft komisch ist) widmet sich dem Thema der urbanen Architektur. Unsere Umgebung sei vor allem von einer patriarchalen und heteronormativen Gesellschaft geprägt worden. Darauf und auf eine "queere" Lebensarchitektur möchte er in seiner Schau aufmerksam machen. Er mäht dafür etwa einen Kunstrasen und holt sich ein Stück Natur in die Wohnung, im Zentrum des Raums ruht außerdem ein schamanisches Krafttier, das Krokodil. Er hinterfragt eine westlichen (Bau-)Gesellschaft, unter dessen Fassade eine Diversität unterdrückt werde.
Was ist queer?
"Queer" ist ein englischer Sammelbegriff für Personen, deren geschlechtliche Identität und/oder sexuelle Orientierung (wen sie begehren oder wie sie lieben) nicht der heteronormativen Norm entspricht. Queer heißt auf Englisch: seltsam oder komisch. Ziel ist es, des Queer Museum Vienna, Ausblick auf ein projektiertes, zukünftiges Haus für queere Kulturgeschichte und Kunst in Wien zu geben. Unter anderem wird die Frage danach gestellt, wie sich queere künstlerische Arbeiten, Kultur und Lebensweise zur Volkskunde und deren Musealisierung verhalten.
Volkskundemuseum als Gastgeber und Opfer
Das Volkskundemusseum ist nun die erste Station für das Queer Vienna Museum. Nach der Ausstellung von Rottensteiner gib es etwa eine Ausstellung im Februar zum Thema "Schwarze Queere Menschen". Die Ausstellung findet im Zusammenhang mit dem "Black History Month" statt, der jährlich im Februar in Amerika und Kanada zelebriert wird. Außerdem soll es Tanzabende geben und Gesprächsrunden.
Im vergangen Jahr wurde von der Fassade des Volkskundemuseums an der Ecke Laudongasse/Lange Gasse die Regenbogenfahne gestohlen oder auch beschädigt worden. Im September, sei sie etwa mit einem Werkzeug abgesägt worden, wie der Museumsdirektor Matthias Beitl bestätigte. Es war nicht der erste Vorfall dieser Art in der Josefstadt: Sowohl vom Volkskundemuseum als auch vom Bezirksamt wurden bereits Regenbogenfahnen gestohlen. Das sei „ein Angriff auf demokratische Werte und Meinungsfreiheit, die nächste Fahne liegt schon bereit“, sagt Direktor Beitl. Eine Anzeige wurde erstattet.
Unterstützung bekommt das Projekt auch von dem grünen Bezirksvorsteher Martin Fabisch: "Ich danke dem Direktor des Volkskundemuseums, Matthias Beitl, der Wiens erstem queeren Museum Raum gegeben hat, allen Kuratoren, Künstler und - last but not least - dem Vorsitzenden der Kulturkommission, Emir Dizdarevic, für seinen unermüdlichen Einsatz, dieses erste temporäre Queer Museum im Bezirk ins Leben zu rufen".