Corona sorgt für höhere Ausgaben bei der Mindestsicherung
Von Josef Gebhard
Besonders auf die sozial Schwachen hat die Pandemie erhebliche Auswirkungen. Das spiegelt sich auch im Jahresbericht für die Wiener Mindestsicherung (WMS) wider, der nun für 2020 vorliegt.
Demnach ist der seit 2018 messbare rückläufige Trend bei der Zahl der Bezieher fürs erste gestoppt: 2020 gab es im Jahresschnitt 136.267 Bezieher. Das ist ein marginaler Anstieg um knapp 600 Bezieher. Die Trendwende ist im Mai und Juni verzeichnet worden, als sich die Auswirkungen des ersten Lockdowns bemerkbar machten. Damit folgte auf einen weiteren Rückgang zu Jahresbeginn ein Anstieg.
Ausgewirkt hat sich laut Stadt vor allem die Zunahme der Arbeitslosigkeit. Diese Entwicklung führte etwa dazu, dass zahlreiche Menschen, die zu einem geringen Gehalt zusätzlich Leistungen der Mindestsicherung bezogen, zu Vollbeziehern wurden.
Zugleich ist dies einer der Gründe, warum die Ausgaben für die Mindestsicherung trotz der Stagnation bei den Beziehern gestiegen sind. „Es sind gleich viele Menschen, aber sie brauchen mehr Unterstützung“, schildert Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ).
Die Gesamtausgaben stiegen um neun Prozent und beliefen sich im Vorjahr auf rund 660 Millionen Euro.
Als Gründe für das Ausgabenplus wurden auch die jährliche Anpassung des Mindeststandards an den Ausgleichszulagenrichtsatz (aktuell 3,5 Prozent), eine längere Bezugsdauer, der Anstieg bei Alleinerziehenden – mit damit einhergehenden höheren Mindeststandards – oder die Veränderung bei den Bedarfsgemeinschaften genannt.
Im Rahmen der Wiener Jugendunterstützung wurden junge Erwachsene bis 25 Jahre nämlich aus den Bedarfsgemeinschaften ihrer Eltern herausgelöst auch wenn sie im gleichen Haushalt wohnen.
Angst vor Anstieg
Seitens der Stadt rechnet man aber noch mit einer Verschärfung der Situation. Und zwar dann, wenn coronabedingte Sonderzahlungen auslaufen. Dazu gehört allen voran die Erhöhung der Notstandshilfe, die Ende September zu Ende gehen wird.
41 Prozent der Bezieher der WMS waren 2020 Erwachsene ab 25 Jahren, acht Prozent waren jüngere Personen im erwerbsfähigen Alter. Mehr als die Hälfte der Betroffenen steht dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, wie Hacker hervorhob. Denn 35 Prozent seien Minderjährige – und 16 Prozent Pensionisten. 55 Prozent aller Bezieher waren keine österreichischen Staatsbürger.
Seitens der Opposition hagelt es harsche Kritik: Österreicher müssten bei der WMS Vorrang haben, fordert FPÖ-Chef Dominik Nepp. Von „erschreckenden Zahlen“ spricht die ÖVP: Obwohl Wien 20 Prozent der Einwohner Österreichs habe, würden hier rund 60 Prozent der Mindestsicherungsbezieher leben, sagt ÖVP-Klubchef Markus Wölbitsch.