Wie Fliegen kreisen sie wieder um die Bar
Von Nina Oezelt
Meist sitzt Henry Chinaski in seinem Stammlokal und schreibt Gedichte. Chinaski lebt in Los Angeles und ist der Protagonist des im Jahr 1987 erschienenen Films „Barfly“. Dort, in der gleichnamigen Bar, sitzen trinkende Menschen wie die Fliegen um die Bar herum. Daher der Name.
Der Film ist Kult geworden. Nicht umsonst gibt es weltweit Bars, die seinen Namen tragen. Auch in Wien gibt es eine solche in der Esterhazygasse 33. Sie hat nun nach einer zweijährigen Pause wiedereröffnet.
Das heimische Barflys ist selbst eine Legende geworden. Sogar Falco soll hier gesichtet worden sein. Auch der verstorbene Sozialminister Rudi Hundstorfer (SPÖ) oder Jazz-Star Josef Erich „Joe“ Zawinul kamen gerne vorbei.
Gegründet wurde die Bar 1989 im Hotel Metternich von Mario Castillo. Davor soll hier das Offizierscasino beheimatet gewesen sein. Castillo war mit dieser Bar Vorreiter für zahlreiche „American Bars“ in Wien.
Viele lernten von ihm
„Viele der späteren Barbesitzer in Wien haben hier bei Mario gelernt“, sagt seine Frau Melanie Castillo. Etwa jene der American Bar Dinos im 1. Bezirk oder der Halbestadt in den Stadtbahnbögen.
Im Jahr 2010 verstarb Castillo überraschend. Seine Frau Melanie, die davor als Flugbegleiterin arbeitete, übernahm seine Bar. In den vergangenen zwei Jahren war das Barflys aber geschlossen, weil das ehemalige Hotel umgebaut wurde.
Vor rund einer Woche ist die Bar – nun im neuen Hotel Josefine – wieder zum Leben erweckt worden. Das Motto, das sich auch in der Ausstattung wiederfindet: die Goldenen Zwanziger. Hinter dem Hotel-Projekt steht der umtriebige Hotelier Manfred Stallmajer („Das Triest“).
Die Cocktail-Auswahl im Barflys ist enorm: Es gibt um die 470 Cocktails, 1.200 Whiskys und 500 Rum-Sorten. Melanie Castillo hat deswegen einen Schummelzettel auf der erhöhten Ablage. Ansonsten findet sie die Flaschen nicht. Die Preise für die Drinks starten bei 12 Euro.
Es gibt Cocktails aus der ganzen Welt, manche sind in Wien entstanden. Im Barflys selbst etwa der „Daiquiri Noir“ – neben Rum und Limette braucht es hier viel Minze.
Aus Reiss wird Robertos
„Diese Bar steht in einer Reihe mit den legendären Bars: Loos Bar, Reiss Bar“, sagt ein Getränke-Lieferant, der im Barflys vorbeischaut.
Übrigens: Besagte Reiss Bar in der Marco-d’Aviano-Gasse stand lange leer. Auch das soll sich ändern. Die historische Champagner-Bar, die einst Mittelpunkt des Nachtszene war, will Roberto Pavlovic-Hariwija mit seiner Frau Alexandra am Montag neu eröffnen. „Ich arbeitete 16 Jahre lang in der Loos Bar“, sagt er. „Wir sind uns des Erbes bewusst und übernehmen die alte Reiss Bar mit Ehrfurcht.“ Cocktails gibt es ab 13 Euro – auf original Loosbar-Tischen. Auf die Bar wird man sicher fliegen, ist sich Pavlovic-Hariwija sicher.
Cocktail-Woche
Wer weitere Bars kennenlernen will, ist bei der Wiener Cocktailwoche bestens aufgehoben, die noch bis Sonntag läuft. Geboten werden zwei Cocktails zum Preis von einem. 14 Bars nehmen daran teil. Infos unter gastronews.wien.