Am Friedhof Rossau herrscht auch weiterhin Grabesstille
Von Anna Perazzolo
Für manche makaber, für andere der perfekte Ort für ausgedehnte Spaziergänge: der Friedhof. Wien bietet davon mehr als genug – 55 an der Zahl. Darunter sind ganz besondere Orte.
Der jüdische Friedhof Rossau, häufig auch Friedhof Seegasse genannt, wurde bereits 1540 angelegt. Somit gilt er als ältester jüdischer Friedhof Wiens. 350 Grabdenkmäler stehen hier. Einige davon sind sogar über 500 Jahre alt.
Geheimer Eingang
Der Friedhof ist nur über den Eingang eines Seniorenwohnhauses zu erreichen
Ältester jüdischer Friedhof
Angelegt wurde der 2.000 Quadratmeter große Friedhof 1540. Es ist der älteste jüdische Friedhof Wiens
350 jüdische Gräber
gibt es auf dem Friedhof Rossau. Einige davon sind über 500 Jahre alt
Die Geschichte dieses Ortes ist eine turbulente. Allein die Überflutungen durch die Donau brachten Bewegung in den 2.300 m2 großen Friedhof.
Immer wieder wurden Grabsteine weggespült. Erst die Donauregulierung in den Jahren zwischen 1868 und 1875 schuf Abhilfe. Danach durfte die jüdischen Gemeinde den Friedhof weitere zehn Jahre als Begräbnisstätte nutzen. Bis ihn Kaiser Joseph II. im Jahr 1783 aus Hygienegründen schließen ließ: Innerhalb des Linienwalls der Stadt war die Nutzung von Friedhöfen untersagt.
Im Zuge des Zweiten Weltkriegs sollte der Friedhof dann geschliffen und verbaut werden. Um die Grabsteine aber vor der Vernichtung zu schützten, wurden sie von jüdischen Zwangsarbeitern auf dem Zentralfriedhof vergraben.
Erst in den 1980er-Jahren wurden die Steine zurück in die Seegasse gebracht.
Ruhe während Corona
Ruhe ist im Friedhof Rossau dann aber während der Corona-Pandemie eingekehrt. Seit dem Ausbruch des Virus ist der Friedhof geschlossen.
Warum das so ist, erschließt sich einem erst bei der genaueren Betrachtung des Standorts der Begräbnisstätte. Bei einem Streifzug durch Alsergrund fällt einem der Friedhof nicht auf. Das liegt nicht etwa daran, dass der Friedhof privat oder gar geheim ist. Nein, er liegt nur etwas versteckt im Hinterhof eines Seniorenwohnhauses. Das ist auch der Grund, weshalb er derzeit nicht zugänglich ist.
Wann der Friedhof wieder zugänglich sein wird, weiß man in der israelitischen Kultusgemeinde derzeit noch nicht genau.
Wer auf die Öffnung nicht warten kann, der sollte einen der anderen 54 Wiener Friedhöfe besuchen. Zum Beispiel den Nachfolger des Friedhof Rossau, den jüdischen Friedhof Währing im 18. Bezirk. Öffentlich zugänglich ist der zwar nicht, im Rahmen von Führungen kann man ihn dennoch besichtigen.
Flora und Fauna
Der Friedhof Währing und der Sankt Marxer Friedhof im Dritten sind die letzten beiden Biedermeier-Friedhöfe. Neben dem Grab von Wolfgang Amadeus Mozart kann man hier vor allem im Frühling die Blumen genießen. Nirgends blüht der Flieder so üppig wie hier.
Wer lieber Fauna als Flora mag, der ist am Meidlinger Friedhof richtig. Seit den 90ern leben dort Feldhamster, die auf der Roten Liste stehen.
Ganz klassisch für einen ausgedehnten Spaziergang steht aber der Zentralfriedhof. Nur verloren gehen sollte man auf den 2,4 Quadratkilometern nicht.