Chronik/Welt

Trump: USA rechnen mit 60.000 bis 65.000 Corona-Toten

US-Präsident Donald Trump rechnet infolge der Coronavirus-Pandemie mit 60.000 bis 65.000 Toten in den USA - deutlich weniger als in bisherigen Vorhersagen befürchtet. Jeder Tote sei einer zu viel, betonte Trump am Freitagabend (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus.

Die derzeit erwartete Opferzahl liege aber unter Vorhersagen von mindestens 100.000 Toten, die das Weiße Haus kürzlich vorgestellt hatte. "Ich denke, dass wir hoffentlich erheblich unter den 100.000 bleiben werden", sagte der US-Präsident.

Trump hatte am Donnerstag neue Richtlinien vorgestellt, um die Vereinigten Staaten schrittweise auf den Weg zur Normalität zurückzuführen und die Wirtschaft graduell wieder zu öffnen. In den USA ist die Arbeitslosigkeit wegen der Corona-Krise dramatisch angestiegen. Wegen der im November stattfindenden Präsidentschaftswahl gerät Trump unter zunehmenden Druck. Nach einer Umfrage des Forschungsinstituts Pew meinen 65 Prozent der US-Amerikaner, Trump habe zu spät auf die Corona-Bedrohung reagiert. 66 Prozent sorgen sich, dass die US-Staaten Schutzmaßnahmen zu früh aufheben könnten.

Trump gab in seinen Richtlinien keinen Zeitplan vor und überließ die Entscheidung den Gouverneuren der 50 Staaten. Der Republikaner ging am Freitag dennoch auf Konfrontationskurs zu demokratischen Regierungschefs. Besonders mit New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo lieferte er sich einen Schlagabtausch. Trump twitterte während der täglichen Pressekonferenz Cuomos, dieser sollte "mehr Zeit auf das "Machen" und weniger Zeit auf das "sich Beschweren" verwenden". Cuomo erwiderte mit Blick auf Trump: "Wenn er Zuhause sitzt und Fernsehen schaut, sollte er vielleicht aufstehen und zur Arbeit gehen."

Trump heizte am Freitag Proteste seiner Anhänger gegen strenge Schutzmaßnahmen in US-Staaten an. Auf Twitter schrieb der Republikaner in Großbuchstaben "Befreit Michigan!", "Befreit Minnesota!" und "Befreit Virginia!" - alle drei Staaten werden von demokratischen Gouverneuren regiert, die strenge Schutzmaßnahmen erlassen haben. In mehreren Staaten war es in den vergangenen Tagen zu Demonstrationen gegen die Maßnahmen gekommen.

Trump hatte am Donnerstag im Hinblick auf die Demonstranten gesagt: "Ich denke, sie hören auf mich. Es scheinen Demonstranten zu sein, die mich mögen." Auch am Freitag nahm Trump die Demonstranten - die zum Teil bewaffnet aufgetreten waren - ausdrücklich in Schutz. "Das sind Menschen, die ihre Meinung ausdrücken", sagte er. "Sie scheinen mir sehr vernünftige Menschen zu sein."

"Der Präsident ist entgleist"

Der demokratische Gouverneur von Washington, Jay Inslee, verurteilte die "illegalen und gefährlichen" Äußerungen Trumps am Freitag. "Er bringt Millionen Menschen in Gefahr, an Covid-19 zu erkranken. Seine verstörenden Tiraden und seine Aufrufe, wonach Menschen Bundesstaaten 'befreien' sollen, könnten auch zu Gewalt führen", hieß es in einer Mitteilung Inslees. "Der Präsident ist entgleist."

Trump will die USA mit den am Donnerstag vorgestellten Richtlinien in Phasen auf den Weg zur Normalität zurückführen und die Wirtschaft graduell wieder öffnen. Der Plan sieht eine weitgehende Rückkehr zur Normalität in drei Schritten vor, wenn in US-Staaten oder Regionen bestimmte Kriterien erfüllt sind. So soll dort beispielsweise vor jeder neuen Phase die Zahl der nachgewiesenen Coronavirus-Infektionen über einen 14-tägigen Zeitraum abgenommen haben.

Nach den neuen Richtlinien kündigten erste US-Staaten vorsichtige Lockerungen der Schutzmaßnahmen an. Der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, sagte am Freitag in Austin, derzeit geschlossene Geschäfte könnten von Freitag nächster Woche an wieder öffnen, wenn sie Waren lieferten, schickten oder zur Abholung bereitstellten. Mit der Wiedereröffnung von Parks unter Verwaltung des US-Staats werde bereits am Montag begonnen. Besucher müssten aber Schutzmaßnahmen befolgen. Schulen blieben in diesem Schuljahr geschlossen.

Minnesotas Gouverneur Tim Walz kündigte am Freitag an, dass unter anderem Parks, Wanderwege, Golfplätze, Freiluft-Schießstände und Geschäfte zum Verkauf von Angelködern wieder öffnen könnten, wenn Besucher Schutzmaßnahmen befolgten. "Es ist wichtig für uns, aktiv zu bleiben und die Natur zu genießen und gleichzeitig die Verbreitung von Covid-19 zu verhindern", sagte Walz nach einer Mitteilung. In Vermont können unter bestimmten Bedingungen Händler wieder öffnen und Bauarbeiten wieder aufgenommen werden.

Laut einer Zählung der New York Times (Onlineausgabe Freitag) sind in den USA mindestens 7.000 Menschen in Seniorenheimen nach einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben. Damit stehen rund ein Fünftel aller Todesfälle infolge der Corona-Pandemie landesweit in Verbindung mit einer solchen Einrichtung. Im am schlimmsten von der Pandemie getroffenen Staat New York seien in 72 Einrichtungen jeweils mindestens fünf oder mehr Todesfälle infolge des Virus registriert worden, berichtete die Zeitung weiter. Im benachbarten New Jersey standen demnach insgesamt mehr als 1.500 Corona-Todesfälle in Verbindung mit Pflegeeinrichtungen.

In den USA gab es nach Erhebungen der Johns-Hopkins-Universität vom Freitagabend mehr als 36.000 Tote infolge einer Coronavirus-Infektion. Über 700.000 Menschen wurden positiv auf das Virus getestet - mehr als in jedem anderen Land der Welt.

Die US-Regierung unterstützt die Landwirte in der Corona-Krise unterdessen mit einem Hilfsprogramm im Umfang von 19 Milliarden Dollar (17,50 Mrd. Euro). Die Landwirte hätten durch die Pandemie "Verluste noch nie da gewesenen Ausmaßes" erlitten, sagte Präsident Trump am Freitag (Ortszeit) bei der Bekanntgabe des Pakets. Landwirte gehören zur wichtigsten Wählergruppe Trumps, der im November wiedergewählt werden will.

Drei Milliarden Dollar des Hilfsprogramms sollten dazu eingesetzt werden, den Landwirten Milch und Feldfrüchte abzukaufen und an kommunale Wohltätigkeitsorganisationen abzugeben, die diese an Bedürftige verteilen, sagte Landwirtschaftsminister Sonny Perdue. Der Rest geht als Direktzahlung an die Farmer und Rancher. Der Absatz der US-Agrarindustrie ist durch die Corona-Krise stark zurückgegangen, weil Schulen samt ihrer Kantinen sowie Restaurants geschlossen sind und mehr Bürger zuhause essen.

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