Bibel-Fragmente und ein Skelett: Spektakulärer Fund in Israel
Von Norbert Jessen
Fast fünf Jahre suchten israelische Archäologen an die 80 Höhlenboden in der Judäischen Wüste ab. Ihre spektakulärsten Funde wurden jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt: Ein vor 10.500 Jahren geflochtener und gut erhaltener Korb. Zudem das Grab eines Mädchens, mit einem in 6.000 Jahren Wüstenklima mumifizierten Skelett. Auch eine 2.000 Jahre alte Schatzgrube mit Münzen aus der Zeit der jüdischen Rebellion gegen die Römer wurde entdeckt. Und nach 60 Jahren zum ersten Mal wieder: neue Schriftrollen frühchristlicher Gemeinschaften.
"Höhle des Schreckens"
Trotz Einsatzes moderner Hilfsmittel wie Drohnen waren die Archäologen sehr gefordert. Zum Teil lagen die Höhlen an schwindelerregenden Steilhängen und waren nur mit Abseiltechniken zu erreichen, Indiana Jones upgraded, sozusagen. Vor allem die „Höhle des Schreckens“ machte ihrem Namen alle Ehre.
Jugendliche Helfer aus der näheren Umgebung fanden schließlich im Sand unter anderem den Bastkorb. Sein Fassungsvermögen beeindruckt mit 100 Litern. Er stammt aus der Frühzeit menschlicher Landwirtschaft in Nahost. „Weit älter als die ersten Funde von Ton- oder Keramikbehältern“, so Israel Sasson, Chef der Israelischen Altertumsbehörde (IAA). Im Nahen Osten gibt es keine älteren Funde von Flechtkörben.
Frühes Bestattungsritual
Das zusammengerollte Skelett des Mädchens spiegelt auch nach 6.000 Jahren noch die Traurigkeit der Eltern wider: Der Leichnam wurde sorgfältig eingewickelt in eine – teilweise noch erhaltene – Decke. Ein Zipfel steckt in den Handknochen. Alles abgedeckt von zwei schützenden Steinplatten. Am Skelett fanden sich noch Hautreste und Haare: Kein simples Verscharren, sondern ein frühes Bestattungsritual.
Die Schriftrollen stammen fast alle aus den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung. Sie ergänzen die weltberühmten Schriftrollen aus den nahen Qumran-Höhlen, die in den 1940er- und 1960er-Jahren von kriminellen Grabräubern verkauft wurden. Mönche und der jüdische Archäologe Elieser Sukenik erwarben sie damals.
Bis heute sind sie nicht vollständig übersetzt und erforscht. Bis 2010 waren sie streng abgeschirmt von der Öffentlichkeit. Heute sind digitale Kopien im Internet einsehbar. Wissenschafter und Freiwillige weltweit sind eingeladen, sich an dieser Erforschung zu beteiligen.
Der „Schrein des Buches“
Im „Schrein des Buches“ neben dem Israel-Museum in Jerusalem sind die wichtigsten Rollen und Fragmente ausgestellt. Doch in den Kellern des Museums, einiger Klöster und der IAA lagern weitere 1.000 Schriftrollen und 27.000 Fragmente.
Buch der "Zwölf kleinen Propheten"
Unter den jetzt gefundenen Schriftrollen fällt eine griechische Übersetzung des Buches der „Zwölf kleinen Propheten“ besonders auf. Offensichtlich handelt es sich um eine jüdische Handschrift, da im Griechischen der Name Gottes in althebräischen Buchstaben festgehalten ist.
Eine hebräische Schriftrolle dieses Buches wurde vor einigen Jahren ebenfalls in einer Höhle der Judäischen Wüste entdeckt.
„Alle biblischen Bücher liegen uns mittlerweile als Schriftrollen aus dieser Zeit vor“, erklärt Sasson, „mit Ausnahme des Buches Esther.“