Quarantäne in Peru: Bei Regelverstoß wird mit Schüssen und Gefängnis gedroht
In unserer neuen Serie "E-Mail aus..." berichten Österreicherinnen und Österreicher aus aller Welt davon, wie sie die Corona-Krise wahrnehmen.
Cusco, Tag 25. Seit fast einem Monat sitze ich in einem Hostel in Peru fest. Mein Plan war es, für zwei Monate durch Südamerika zu reisen. Begonnen hat es, noch lange bevor Corona die Welt in Schach hielt, geendet hat es nach zwei Wochen in der Andenstadt Cusco. Am 15. März wurde hier die nationale Ausgangssperre ausgerufen - mit sofortiger Wirkung. Aus dem Hostel rauszugehen, war anfangs noch möglich. Man konnte Einkäufe erledigen, den Arzt besuchen oder, wenn man besonders viel Glück hatte, einen überteuerten Flug nach Hause nehmen. Das änderte sich schlagartig, nachdem ein Gast, der wenige Tage zuvor noch im Hostel war, zuhause in Mexiko positiv auf COVID-19 getestet wurde. Kurz danach hatten auch zwei weitere Gäste Symptome, die auf das Virus hinweisen. Das Ergebnis der durchgeführten Tests: positiv.
Seit diesem Moment herrscht hier Ausnahmezustand. Niemand darf einen Schritt auf die Straße vor das Hostel setzen. Wir werden streng bewacht - mit schwer bewaffneten Männern von beiden Seiten. Uns wurde erzählt, das Militär hat hier die Macht. Es heißt: Halten wir uns nicht an die Regeln, dürfen sie schießen. Versuchen wir aus dem Hostel zu kommen, drohen fünf bis zehn Jahre im peruanischen Gefängnis. Ob es leere Drohungen sind oder nicht - in Peru ist es besser, kein Risiko einzugehen.
"Essen: Nur, wenn die Polizei vor der Tür die Lieferung erlaubt"
Die Situation im Hostel ist unglaublich angespannt. Wir sollten so viel Zeit wie möglich in unseren Dorms (Schlafsäle, Anm.), anfangs mit bis zu zehn weiteren Personen, verbringen. Viele davon sind ohne Badezimmer, Fenster oder Sonnenlicht. Die allgemeinen Räumlichkeiten dürfen nur mit Maske und unter Einhaltung eines Sicherheitsabstandes von einem Meter betreten werden. Essen gibt es nur mehr zu festgelegten Zeiten. Und nur, wenn die Polizei vor der Tür die Lieferung erlaubt.
Viel Respekt gebührt den Hostel-Mitarbeitern: Sie sitzen mit den Gästen gemeinsam fest, wollen auch nur mehr raus und schaffen es trotzdem, uns bei Laune zu halten und zu versorgen. Dennoch: Die hygienischen Bedingungen sind fragwürdig. Anfangs benutzen noch 160 Gäste dieselben Toiletten, das Geschirr waschen wir alle mit dem gleichen Schwamm in kaltem Wasser ab, eine frische Schutzmaske gibt es nicht.
Einige Tage nach dem totalen Lockdown wurden weitere Tests durchgeführt: Fünf neue positive Ergebnisse. Die Infizierten sind in Einzelzimmern untergebracht und dürfen ihre Räumlichkeiten nicht verlassen, bis das peruanische Gesundheitsministerium das OK gibt. Für die zwei ersten positiv getesteten Personen ist es mittlerweile Tag 18 in Isolation.
Als einzige Österreicherin noch dort
Die länderspezifischen Botschaften arbeiten auf Hochtouren. Erst gestern schafften es die meisten, ihre Landsleute aus dem Hostel zu bringen. Als einzige Österreicherin bekam ich keine Genehmigung. Mittlerweile sind statt der anfangs 160 Gäste, noch 21 übrig. Auf die vielen Hoffnungsschimmer rauszukommen, folgten viele Rückschläge. Man sollte davon ausgehen, dass die Botschaften Europas eine gemeinsame Lösung anbieten, doch es scheint als akzeptiert das peruanische Gesundheitsministerium das nicht.
Österreichs Nachbarländer erhielten die erforderlichen Genehmigungen: Deutschland hat seine Landsleute in ein anderes Hotel gebracht, die Schweizer Gäste sind bereits zu Hause in Zürich. Das Gefühl, andere Europäer und neu gewonnene Freunde das Hostel verlassen zu sehen ist unglaublich zermürbend. Die Quarantäne in der Unterkunft sollte am 10. April enden.
Die Lage in Peru: Frauen und Männer dürfen nur getrennt raus
Zusätzlich erschwert die allgemeine Situation in Peru die Heimreise. Frauen dürfen nur dienstags, donnerstags und samstags auf die Straße, Männer nur montags, mittwochs, freitags. Ob die übrig gebliebenen Gäste nach der Quarantäne einfach rausspazieren können, ist noch offen. Doch ein kleiner Lichtblick, nächste Woche zurück nach Europa zu kommen, bleibt. Das Reisebudget, das eigentlich für zwei Monate reichen sollte, geht dafür jedenfalls drauf - sofern es ausreicht.
Melanie Pendl, 26 Jahre