Tiwag-Urteil: Strompreiserhöhung 2022 war nicht zulässig
Im Mai 2023 brachte die Arbeiterkammer Tirol eine Musterklage gegen den Landesenergieversorger Tiwag ein.
Die Tiwag hatte im Jahr 2022 eine Preisanpassung beim Arbeitspreis für Strom vorgenommen und dies mit der Entwicklung des Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) begründet. Und dies, obwohl die Tiwag der größte Stromerzeuger aus Wasserkraft in Tirol ist.
Die Preisanpassung müsse sachlich gerechtfertigt sein, urteilte das Gericht in einem ersten Prozess. Eine Preisanpassung auf Basis des ÖSPI sei rechtlich nicht zulässig. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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Der Tiroler AK-Präsident Erwin Zangerl ist ob des Urteils "hoch erfreut". "Wir erwarten jetzt vom Landesenergieversorger eine rasche entsprechende Reaktion bzw. Akzeptanz und Erfüllung des Urteils gegenüber allen betroffenen Kunden", stellt Zangerl klar.
Solange das Urteil nicht rechtskräftig ist, ist die Tiwag nicht zu Rückzahlungen an ihre Kunden verpflichtet. Offen ist, ob der Energieversorger gegen das Urteil in Berufung gehen wird.
Keine sachliche Rechtfertigung
Das Gericht stellte fest, dass Vertragsbestimmungen nichtig seien, wenn es für die Erhöhung des Preises keine sachliche Rechtfertigung gibt, so die AK via Aussendung. Die für eine Preisänderung maßgeblichen Umstände müssten sachlich gerechtfertigt sein. Die Preisanpassung dürfe auch die Gewinnspanne des Unternehmens nicht ändern und sich nur auf die Änderung der tatsächlichen Kosten des Unternehmens beschränken.
Bei der Tiwag hätte man das anders gehandhabt, so die AK. Die gestiegenen Börsenpreise hätten zu einer höheren Gewinnmarge geführt, die tatsächlichen Erzeugungskosten seien jedoch nicht in einem vergleichbaren Ausmaß zu den Börsenpreisen gestiegen. Auch das Heranziehen der sogenannten Opportunitätskosten, also der Kosten für entgangenen Gewinn, lässt das Gericht nicht gelten und hält fest, dass die Preisanpassung auf Basis des ÖSPI rechtlich nicht zulässig war bzw. ist. Der für Entgelterhöhung herangezogene Grund müsse angemessen sein.
In ihrer Argumentation hatte die Tiwag die Preisanpassung immer mit der Veränderung des ÖSPI argumentiert, was das Gericht nicht so sieht. „Ein konkreter Zusammenhang zwischen der Veränderung des ÖSPI und den tatsächlichen Kosten der beklagten Partei besteht nicht“, heißt es im Urteil.
Denn nur weil man an andere Verkäufer, etwa an der Börse, teurer verkaufen könnte, heißt das nicht, dass die eigenen tatsächlichen Kosten steigen würden.
"Entgeltanpassung" irreführend
In seiner Argumentation hält das Gericht weiters fest, dass in den von der AK kritisierten Preisanpassungsschreiben aus dem Jahr 2022 der Punkt „Entgeltanpassung“ als „objektiv ungewöhnlich“ anzusehen ist.
Die Tiwag werbe optisch markant mit 100 % Tiroler Wasserkraft und regionalem Ökostrom: Dies könne in der Praxis nicht gewährleistet werden, wie die TIWAG während der Verhandlung selbst zugestehen musste. Der physikalische Strom, der beim Endkunden ankommt, sei nicht regional, sondern unbekannter Herkunft.
Weiters seien die Preisanpassungsklauseln der TIWAG auf Basis des ÖSPI gröblich benachteiligend, da die Preisanpassung in keiner Relation zur tatsächlichen Kosten- und Beschaffungsstruktur stehe. Die Preisanpassungsschreiben werden als intransparent qualifiziert, zumal suggeriert wird, dass die Preisanpassung auf einem gesetzlichen Preisanpassungsrecht beruht.