Chronik/Tirol

Grüne starten als erste in den Innsbrucker Intensivwahlkampf

Gut eine Woche bevor in Innsbruck das Plakatieren für die Bürgermeister- und Gemeinderatswahl am 14. April beginnen darf, haben die Grünen als erste Partei Sujets präsentiert. Wenig überraschend stellt die Partei Stadtchef Georg Willi, der das Amt vor bald sechs Jahren erobert hat, ins Zentrum ihrer Kampagne. Und auch inhaltlich waren die gesetzten Themenschwerpunkte leistbares Wohnen und Mobilität erwartbar.

Willi geht jedoch durchaus angeschlagen in diese - laut ihm - "Richtungswahl", bei der die Grünen vor Schwarz-Blau warnen. Immerhin war er das Gesicht einer Stadt, deren Politik österreichweit vor allem aufgrund der Streitereien zwischen den Parteien und deren teilweise inneren Zerrissenheit für Schlagzeilen gesorgt haben.

Willi glaubt an Amtsbonus

Dass er deshalb aus der Außenseiterrolle ins Rennen geht, glaubt der 64-Jährige aber nicht, wie er am Freitag bei einer Pressekonferenz mit seinem stark verjüngten Team im Kulturbogen versicherte. "Ich starte aus der Rolle des amtierenden Bürgermeisters, der die Stadt sehr souverän durch drei Krisen geführt hat", gab sich der Amtsinhaber selbstbewusst.

Nach wie vor ist das grüne Urgestein davon überzeugt, dass die Entscheidung über das Bürgermeisteramt in einer Stichwahl zwischen ihm und dem FPÖ-Spitzenkandidaten, Vize-Bürgermeister Markus Lassenberger, fällt. "Wir erleben in ganz Europa einen Aufstieg der rechten Parteien", sieht der Grüne blauen Aufwind. Das bürgerliche Lager in Innsbruck wiederum sei aber gespalten.

In diesem haben sich ÖVP und die einstige Abspaltung und Bürgermeister-Fraktion Für Innsbruck zwar zum "das neue Innsbruck" wiedervereinigt und hinter ÖVP-Staatssekretär Florian Tursky als Spitzenkandidaten versammelt. 

Gleichzeitig hat sich der kürzlich als ÖVP-Vize-Bürgermeister abgewählte und aus seiner Partei ausgeschlossene Johannes Anzengruber aber abgespalten und geht mit eigener Liste an den Start und will selbst Bürgermeister werden.

Von Streit im bürgerlichen Lager profitieren

Darum spekuliert Willi darauf, dass sich Tursky und Anzengruber gegenseitig Stimmen wegnehmen. Wie die Grünen ihren Spitzenkandidaten präsentieren wollen, dessen Sieg 2018 doch ziemlich überraschend kam, ist auch kein Geheimnis. Die Gemeinderätin Janine Bex hatte für den Bürgermeister am Freitag jede Menge salbungsvolle Worte parat, die wohl auch die Plakate bildlich transportieren sollen.

Willi spreche mit den Menschen auf Augenhöhe, übe sein Amt "nicht für die persönliche Karriereleiter aus" und sei "ein Mensch, der sich sein Lächeln behalten hat." Ein freundlicher, nahbarer Bürgermeister also, der nur an die Menschen denkt und sich von den vielen Querelen nicht verändern hat lassen. Ob das die Wähler so sehen, wird sich in gut sieben Wochen zeigen.

Inhaltlich will der Bürgermeister "faire Mieten", es müsse aufhören, dass die Immoblienbranche "den Menschen das Geld aus der Hose zieht". Die skizzierte Lösung kommt dann aber ziemlich abstrakt daher. Willi möchte einen "Schulterschluss mit der Wirtschaft". Je mehr die Menschen für das Wohnen zahlen, umso weniger könnten sie nämlich für andere Dinge ausgeben. 

Appell an Vermieterehre

Es brauche daher, "eine neue Stimmung, dass Leute die Wohnraum und Geschäftsräume vermieten, eine Verantwortung haben." Schlechte Stimmung hat im Gemeinderat in dieser Periode meist geherrscht, wenn es um den Verkehr gegangen ist, den die Grünen gerne klimafreundlich gestalten wollen.

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Und darum propagiert der Bürgermeister auch auf einem Plakat "freie Fahrt". Und zwar für Innsbrucker Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren, wie bei der Pressekonferenz konkretisiert wurde. Sie sollen mit einem Öffi-Ticket ausgestattet werden, das in ganz Tirol gültig ist.

Die Stadt soll den Aufpreis zwischen dem Selbstbehalt für die Schülerfreifahrt und einem Tirol-Ticket bezahlen. Das wären laut Bex rund 80 Euro für rund 12.000 anspruchsberechtigte Kinder. Aus dem städtischen Haushalt müsste dafür also jährlich fast eine Million Euro bereitgestellt werden.

An Konkurrenz mangelt es in diesem Wahlkampf weder dem Stadtchef noch seinen Grünen. Nach derzeitigem Stand wollen 13 Listen kandidieren. Und jede einzelne möchte auch einen Kandidaten oder eine Kandidatin für das Bürgermeisteramt stellen.

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Einer davon ist Gerald Depaoli, der sich als Rechtspopulist mit seinem "Gerechtes Innsbruck" als Gegenpol der Grünen positioniert. Und einer der schärfsten Kritiker der Öko-Partei und von Bürgermeister Willi ist. 

Wie seine Hauptgegner lud auch Depaoli am Freitag zu einer Pressekonferenz. Dass er in seiner Einladung eine "persönliche Erklärung" ankündigte, ließ Spekulationen über den Rückzug des Polterers aufkommen.

Klage über Vandalenakte

Der Listengründer, der 2018 als "One-Man-Show" gestartet war, wie er selbst sagt, und mit 3,1 Prozent ein Mandat erobern konnte, will auch tatsächlich mit sich gerungen haben, wie er erklärte. Depaoli beklagte Vandalenakte an seinen quer über das Stadtgebiet geparkten Fahrzeugen, die er als Werbeflächen nutzt.

Letztlich habe er sich aber gedacht: "Jetzt erst recht." Der Gemeinderat, der sich am Freitag in die Opferrolle begab, ist selbst wiederum bekannt für seine persönlichen, verbalen Untergriffe gegenüber Mitbewerbern.

"Die Kritik ist vollkommen berechtigt", gab sich Depaoli auf Nachfrage einsichtig und gestand ein: "Gewisse Sachen habe ich überzogen." Das sei seinem Naturell geschuldet. Er arbeite daran, "das künftig etwas abzuschwächen".

Ambitionierte Ziele

Die Zahl der Stimmen von der letzten Wahl möchte Depaoli am 14. April verdoppeln, wie er sagt und gab sich überzeugt, dass seine Liste die erstmals in Innsbruck geltende 4-Prozent-Hürde "mit einem Fuß" überspringen werde. Drei Mandate und damit Klubstärke lautet sein ambitioniertes Ziel.

Und der Gemeinderat mit Hang zum Aktivismus - 900 Facebook-Videos in sechs Jahren - spekuliert sogar mit vier Mandaten, was einen Sitz im Stadtsenat bedeuten würde. Zuständig wäre er dann gerne für den Verkehr. Das ist derzeit noch die grüne Stadträtin Uschi Schwarzl, die sich in den vergangenen Jahren mit unzähligen Abwahlanträgen von Gerechtes Innsbruck konfrontiert sah.

Die Partei von Bürgermeister Willi nennt Depaoli gerne die "Giftgrünen". Er träumt davon, "eine bürgerliche Allianz zusammenzubringen". Die bestünde nach seinen Vorstellungen aus der Liste von Florian Tursky, der FPÖ und natürlich seiner eigenen Partei - also Schwarz-Blau mit orangem Einschlag.