Chronik/Steiermark

Blau-Schwarz wirbt um die Opposition: "Wir sind keine Gegner"

Das Datum war freilich nur Zufall, der Termin für die erste Landtagssitzung nach Wahlen ist von der Verfassung vorgeben – und doch: Auf den Tag genau sieben Jahre, nachdem er von Alexander Van der Bellen zum Verteidigungsminister angelobt worden ist, wurde Mario Kunasek zum Landeshauptmann in einer FPÖ-ÖVP-Koalition gewählt.

Er löste am Mittwoch Christopher Drexler ab. Der wiederum saß während der ersten Rede seines FPÖ-Nachfolgers als Landeschef rechts hinter im Präsidium: Drexler, etwas mehr als zwei Jahre lang ÖVP-Landeshauptmann und Landesparteiobmann, ist seit Mittwoch Zweiter Landtagspräsident.

Drexler erhielt wie Gerald Deutschmann als Erster Präsident (FPÖ) 42 der 48 Stimmen im Landesparlament. Grüne und Neos verweigerten. So kritisierte Neos-Landessprecher Niko Swatek, dass Drexler "mit einer Funktion" versorgt werde: "Aber die Steuerzahler dürfen nicht das Bauernopfer sein", kommentierte Swatek in Anspielung auf Drexlers erste Reaktion nach verlorener Wahl. "Es darf niemals der Eindruck erweckt werden, dass Politik ein Selbstbedienungsladen ist."

Versöhnliche Töne des neuen Landeschefs

Kunasek, seit Mittwoch, 12.17 Uhr, erster gewählter blauer Landeshauptmann der Steiermark, schlug in seiner ersten Rede aber betont versöhnliche Töne an. Er sei in seiner Laufbahn auch "nicht immer zimperlich in der Wortwahl" gewesen, aber: "Ich habe gelernt, man trifft sich immer zwei Mal im Leben. Man muss sich nach einer Debatte in die Augen sehen können."

Deshalb wolle er auf alle Parteien zugehen: "Ich bin mir völlig bewusst, dass ganz Österreich auf uns blickt", merkte Kunasek an. "Auch über die Grenzen hinaus liegt der Fokus auf unserer politischen Arbeit."

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Auch Manuela Khom, ÖVP-Vizelandeshauptfrau, warb um Miteinander, ohne das alte Schlagwort früherer ÖVP-geführter Landesregierungen direkt zu verwenden: Die Regierung habe einen "Weg in seinem sehr guten Programm vorgezeichnet. Es geht darum, gemeinsam zu gehen, Landtag und Landesregierung. Wir sind nicht Gegner."

Wie die ÖVP-Chefin das Abkommen sieht

Khom hat den Koalitionspakt, in dem die FPÖ viele ihrer Wahlkampfthemen durchsetzte, aber nicht verhandelt, das hatte Drexler gemacht: Sie ist erst seit Montagabend geschäftsführende Parteiobfrau, nachdem Drexler dem wachsenden innerparteilichen Druck nachgab und sich zurückzog. "Manchmal im Leben steht man plötzlich an einem Ort, wo man gefordert ist", sinnierte Khom. Aber es sei schön, Verantwortung zu tragen, "auch wenn es einen fordert".

Die Opposition ließ das Werben um ihre Gunst aber kalt. Mit 30 von 48 Stimmen wurde die erste blau-schwarze Landesregierung gewählt, sie bekam damit nur die Stimmen ihrer eigenen Fraktionen.

Heftige Kritik der Opposition

SPÖ – erstmals seit 1945 in Opposition – sowie Grüne, Neos und KPÖ sahen keinen Grund für einen Vertrauensvorschuss. Das Koalitionspapier "strotzt vor Parteitaktik und Ideologie", kommentierte Neo-SPÖ-Landesparteiobmann Max Lercher, während Sandra Krautwaschl (Grüne) über ein "blaues Weihnachtspackerl" ätzte, das "immerhin vier schwarze Regierungsposten enthält. Ansonsten ist mir nichts aufgefallen, was die christlich-soziale Handschrift sichtbar macht."

Neos-Chef Swatek wunderte sich über "mutlose und rückwärtsgewandte Politik. Überall kracht und knirscht es – und was bietet diese Regierung? Symbolpolitik." Von Kunasek erwarte er, dass er im Fall einer Anklage (Stichwort FPÖ-Finanzaffäre in Graz) sein Amt als Landeshauptmann zurücklegt. "Es ist nicht selbstverständlich, dass das Damoklesschwert einer Anklage über einem Landeshauptmann schwebt." Auch gegen Kunasek wird in der FPÖ-Finanzaffäre ermittelt, er weist alle Vorwürfe zurück.

Angelobung am Donnerstag

Um 12.43 Uhr endete die Landtagssitzung, die Landesräte übernahmen Ressorts und Regierungsbüros im Landhaus, eine Premiere für die Freiheitlichen. Kunasek amtiert künftig in der Grazer Burg, dem traditionellen Sitz der Landeshauptleute. Zuvor wird er am Donnerstag aber noch in Wien erwartet: Wie vor sieben Jahren steht eine Angelobung durch den Bundespräsidenten an.