Mehr Betten pro Zelle? Häftlinge revoltieren gegen Plan
28 Justizanstalten gibt es in Österreich, inklusive ihrer 15 Außenstellen sind dort pro Jahr durchschnittlich 8.800 Menschen inhaftiert.
In einem dieser Gefängnisse revoltieren Insassen derzeit offenbar schriftlich gegen Pläne, die weniger Platz für den Einzelnen bedeuten würden: In Graz-Karlau könnte die maximale Bettenanzahl in Hafträumen erhöht werden.
Die Karlau gilt als sogenanntes Hochsicherheitsgefängnis: In der Grazer Justizanstalt werden Männer untergebracht, deren Haftstrafen 18 Monate und mehr betragen.
Einige Insassen sollen sich nun aber mit einem Protestschreiben direkt an das Justizministerium gewandt haben, wie die Kleine Zeitung berichtet. Darin beschweren sie sich über Pläne, die eine Aufstockung der maximalen Bettenanzahl in den Hafträumen auf bis zu 12 vorsehe - das wäre eine Verdoppelung.
Was dahinter steckt
Ganz so sei es allerdings nicht, relativiert Anstaltsleiter Gerhard Derler im KURIER-Gespräch: "Wir haben Räume, in denen jetzt drei Personen sind, da könnte man ein viertes Bett hinein stellen. Oder Räume für sechs Personen, die groß genug wären für ein siebentes oder achtes Bett oder ein Stockbett."
Von bis zu 12 Betten sei demnach keine Rede, außerdem befänden sich die Insassen ja nicht den ganzen Tag über im Haftraum: 85 Prozent hätten Beschäftigung, der sie auf dem Areal nachgingen.
Aber ja, es werde über Adaptierungen nachgedacht, betont der Brigadier. Auslöser sei die österreichweit steigende Anzahl an männlichen Insassen: "Die Justizanstalten liegen derzeit bei einer Auslastung von 115 Prozent."
"Stopp sagen" geht nicht
Am Beispiel der Karlau berechnet hieße das: Sie ist ausgelegt für 425 Insassen, 52 Plätze gibt es im gelockerten Vollzug in Maria Lankowitz in der Weststeiermark, 102 im Maßnahmenvollzug.
Blieben 271 Plätze weitere Plätze, doch das Gefängnis ist derzeit zu 110 Prozent ausgelastet und hat damit mehr Insassen als eigentlich vorgesehen. Aber das sei eben nicht anders machbar, betont Derler: "Wir können ja nicht 'Stopp' sagen ,wenn die Polizei kommt und niemanden mehr aufnehmen."
Mit Stand Anfang April 2024 sieht die Auslastung der Haftanstalten so aus:
- 9.520 Personen befinden sich im Strafvollzug, unter ihnen 635 Frauen (Anteil von 6,7 %). Zu ihnen zählen auch jene, deren Haft oder Anhaltung aktuell nicht in einer Justizanstalt vollzogen wird, z.B. sich in Krankenanstalten oder im elektronisch überwachten Hausarrest (Fußfessel) befinden
- 8.734 Insassinnen bzw. Insassen befinden sich in Justizanstalten, das entspricht laut Justizministerium einer Belagskapazität von 103,9 %
- 5.788 oder 60,8 % sind in Strafhaft, 316 von ihnen wiederum tragen Fußfessel
- 1.934 oder 20,3 % sind in U-Haft
- 1.410 oder 14,8 % befinden sich im sogenannten Maßnahmenvollzug
- 388 oder 4,1 % sind in "sonstiger Haft" , etwa Vollzug von Freiheitsstrafen für Verwaltungsbehörden oder ausländische Behörden (Auslieferungshaft)
Seitens des Justizministeriums hieß es auf KURIER-Anfrage, es würden "organisatorische Maßnahmen geprüft, um der Belagssituation bestmöglich gerecht zu werden". Eine im Erhöhung des Belags von sechs auf 12 Personen sei dem Ministerium nicht bekannt.
Keine Größenvorgabe
Die Anforderungen an Hafträume sind übrigens im Strafvollzugsgesetz geregelt, verbindliche Vorgaben über eine bestimmte Quadratmeter-Anzahl bestehen aber nicht. "Der österreichische Straf- und Maßnahmenvollzug orientiert sich diesbezüglich jedoch an europäischen Standards", hieß es vom Ministerium.