Verdacht gegen BVT-Beamten: Verrat von Staatsgeheimnissen
In der Affäre rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Innenministerium spielt ein Kabinettsmitarbeiter Herbert Kickls eine tragende Rolle. Udo Lett hat nicht nur zwei mutmaßliche BVT-Belastungszeugen zur Einvernahme bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft eskortiert, sondern er unterhält laut eigenen Angaben einen „losen SMS-Verkehr“ über Medienbeiträge mit dem suspendierten BVT-Beamten O. Am 27. März traf man sich persönlich in einem Hotel.
„Im Übrigen habe auch O. eigene Wahrnehmungen über diverse strafbare Vorgänge im BVT und stehe als Zeuge bereit (…)“, hielt Lett am nächsten Tag in einem Aktenvermerk fest. Pikant ist das Treffen allemal: Gegen den langjährigen BVT-Beamten O. laufen bei der Staatsanwaltschaft Wien seit November 2017 Ermittlungen wegen des Verdachts des Verrats von Staatsgeheimnissen. Strafdrohung: ein bis zehn Jahre Haft.
Laut Bericht des BVT soll er „klassifizierte Dokumente sowie sonstige Informationen an einen fremden Nachrichtendienst weitergeben haben – angeblich an den russischen“. Das hält die in der BVT-Affäre ermittelnde Oberstaatsanwältin Ursula Schmudermayer in einem Aktenvermerk fest. Sie hat die Akte O. auf mögliche Verbindungen und Zweigleisigkeiten zu ihren Ermittlungen geprüft. Klassifizierte Dokumente sind die, die als vertraulich oder geheim gelten.
Durchsuchung
Am 22. November 2017 wurden das Büro und zwei Wohnungen von O. durchsucht und die Daten seiner eMail-Accounts sichergestellt; darunter auch sein Gmail-Account, der offenbar eine zentrale Rolle spielt. „Es konnten mehrere klassifizierte und daher von der elektronischen Übermittlung ausgeschlossene und nicht mit der aktuellen Diensttätigkeit im Einklang stehende Dokumente im Anhängen von Emails sichergestellt werden“, hält die Oberstaatsanwältin weiter fest. „Im Wandtresor einer Wohnung ebenso ein Rundstempel mit der Aufschrift ‚Bundesministerium für Inneres – Republik Österreich‘“. Derzeit erfolge die Auswertung der Daten und Datenträger. Mangels Konnex zum BVT-Verfahren Schmudermayers bleibt der Akt bei der Wiener Anklagebehörde. Deren Sprecherin Nina Bussek bestätigt im Gespräch mit dem KURIER, dass die Ermittlungen noch anhängig sind.
Indes wollte der suspendierte BVT-Beamte O. mit dem KURIER über seinen Fall nicht sprechen. Aus seinem größeren Umfeld heißt es aber, dass er alle Vorwürfe bestreitet, dass die Unterlagen nicht klassifiziert waren und man O. einfach loswerden wolle.
Im BVT selbst erzählt man sich eine andere Version der Geschichte. Und die geht so: O. sollte kurzfristig zu einem Vortrag reisen, und soll sich aus Zeitdruck die für den Vortrag nötigen Unterlagen von seiner dienstlichen eMail-Adresse an seinen Gmail-Account geschickt haben.
FBI stand vor der Tür
Ein Fehler. Es dauerte wenige Tage, so wird erzählt, dass aufgebrachte Vertreter der US-Behörden, Beamte des FBI, im BVT vorstellig wurden. Sie sollen die ausgedruckten eMails von O.s Gmail-Account BVT-Chef Peter Gridling vorgelegt und umgehend Konsequenzen gefordert haben. Die US-Vertreter sollen mit dem Abbruch der Kontakte gedroht haben. Angeblich sollen sich auch US-Unterlagen in den Mails befunden haben. Gridling hat ihn dann suspendiert. Was an dem Fall tatsächlich dran ist, muss ein Gericht klären.
Inzwischen wurde auch bekannt, dass bei der Razzia kurzzeitig eine DVD mit Fotos vom Ullrichsbergtreffen 2015, die der deutsche Verfassungsschutz dem österreichischen zur Verfügung gestellt hat, im Besitz der Justiz war. Allerdings wurde dies laut Standard ohnehin ohne Auswertung wieder an das Extremismusreferat zurückgegeben. Auswirkungen auf die Zusammenarbeit hat dies jedenfalls nicht.