Chronik/Österreich

Tirol: Wo die Wahl vor der Wahl entschieden ist

Ganz Tirol wählt, nur Innsbruck schaut zu. So ist das alle sechs Jahre bei den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen im Bundesland – so auch am Sonntag kommender Woche. Die Landeshauptstadt hat ihren eigenen Rhythmus und ist erst 2024 wieder an der Reihe.

Aber auch in Musau, Wängle und Steinach am Brenner findet am 27. Februar aus verschiedenen Gründen keine Wahl statt.

Gemeindefusion: Am 1. Jänner 2022 ist Tirol ein wenig übersichtlicher geworden. Mit der freiwilligen Fusion der Dörfer Matrei am Brenner, Mühlbachl und Pfons im Wipptal hat sich die Zahl der Gemeinden von 279 auf 277 reduziert. Aufgrund vorgegebener Fristenläufe wird der neue Gemeinderat hier erst am 20. März und nicht wie im übrigen Tirol am 27. Februar gewählt.

Eigenes Süppchen: Ein Zuschauerrolle kommt der Landeshauptstadt Innsbruck zu, die stets ihren eigenen Wahltermin hat. Die laufende Regierungsperiode hat 2018 begonnen und endet regulär 2024. Das Neuwahlgespenst ist freilich Dauergast.

Schon erledigt: Vorgezogen werden mussten die Wahlen in Wängle im Bezirk Reutte. Dort fanden sie bereits am 9. Jänner statt, nachdem sich dort der Gemeinderat im Herbst nach Dauerstreit mit dem Bürgermeister selbst aufgelöst hat.

Keine Kandidaten: In Musau (ebenfalls Bezirk Reutte) sollte hingegen am 27. Februar gewählt werden, allein es wurde keine Liste eingereicht. Nun soll der alte Gemeinderat weitermachen.

 

In den übrigen 273 Gemeinden sind rund 505.000 Tiroler aufgerufen, ihr Kreuzerl zu machen.

562 Kandidaten bewerben sich dabei in einer Direktwahl um das Amt des Bürgermeisters. Das klingt zunächst nach einer beachtlichen Zahl. Bei genauerer Betrachtung ist die Auswahl für die Wähler aber mitunter bescheiden bis nicht vorhanden.

Kaum Stichwahlbedarf

Denn in fast jeder zweiten Kommune, genauer gesagt in 113, bewirbt sich jeweils nur ein Kandidat um die Führung der Gemeinde. In 92 weiteren Orten gibt es zumindest Duelle. Mehr als zwei Bürgermeister-Anwärter gibt es gerade einmal in 68 Orten. Und nur dort kann es sein, dass der künftige Bürgermeister erst nach einer Stichwahl am 13. März feststeht.

Der Tiroler Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf (ÖVP) sieht darin nicht unbedingt Grund zur Sorge: „Es gibt offenbar Gemeinden, in denen es keinen Revolutionsbedarf gibt. Also kann es nicht so schlecht laufen“, sagt er, der seit 36 Jahren Bürgermeister von Sölden ist und sich gerade für eine weitere Amtszeit bewirbt.

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Er macht aber kein Hehl daraus, dass sich der Reiz des Amtes unter den geänderten Rahmenbedingungen des politischen Geschäfts, das schmutziger geworden sei, nicht gerade erhöht hat. „Ich kenne genug fähige Menschen, die sagen: Was ich allein als Zuschauer erlebt habe, das reicht mir.“

Umgekehrt gäbe es „viele Menschen, die über die Obrigkeit schimpfen und periodisch die Möglichkeit hätten, sich selbst zu bewerben, aber es nicht tun“. Die Hürden für ein Antreten seien jedenfalls gering. In ganz Tirol wurden 856 Wahlvorschläge für die Gemeinderatswahlen eingereicht.

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Manchenorts kann man den Überblick bei der Vielzahl an Listen verlieren. In Kufstein, der zweitgrößten Stadt des Bundeslandes, sind es zum Beispiel gleich zehn.

Zwei Listen für 65 Wähler

In vierzig Gemeinden hingegen steht nur eine einzige Liste zur Wahl. Beim Gros davon handelt es sich um Klein- und Kleinstgemeinden, in denen es weniger als 1.000 Wahlberechtigte gibt.

Ob es zu einem politischen Konkurrenzkampf kommt oder nicht, ist aber nicht unbedingt nur eine Frage der Größe des Orts. In Kaisers etwa werben zwei Listen um die Stimmen von gerade einmal 65 Wahlberechtigten, die über die Verteilung von neun Gemeinderatsmandaten entscheiden.

Wenig Frauen

Insgesamt bewerben sich in Tirol 17.560 Personen um Sitze in den Kommunalparlamenten. Nur 29,5 Prozent von ihnen sind weiblich. Bei der Wahl um das Bürgermeisteramt ist die Zusammensetzung der Kandidaten noch unausgewogener.

Von 562 Wahlwerbern sind nur 11,2 Prozent weiblich. Unter den 505.752 Wahlberechtigten für die Gemeinderatswahlen (davon 55.692 Unionsbürger) sind Frauen allerdings mit 51 Prozent in der Mehrheit.