Faserhersteller Lenzing: Fast 600 Millionen Euro Verlust
Der börsennotierte Faserhersteller Lenzing schreibt aufgrund von veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen den Wert von fünf Produktionswerken um 465 Millionen Euro ab und meldet für 2023 insgesamt einen Nettoverlust von 593 Millionen Euro.
Das negative Marktumfeld habe das Geschäftsergebnis stark beeinflusst, teilte der Konzern am Freitag mit. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 belief sich das Ergebnis nach Steuern auf minus 37,2 Millionen Euro.
Unsicherheiten im wirtschaftlichen Umfeld
Die von Abschreibungen betroffenen Lenzing-Werke befinden sich in Indonesien, Österreich, China, Thailand und den USA. Die Gründe für die Sonderabschreibungen sind laut dem oberösterreichischen Faserhersteller einerseits weiterhin bestehende Unsicherheiten im wirtschaftlichen Umfeld und andererseits nach wie vor erhöhte Rohstoff- und Energiekosten sowie erhöhte Diskontierungssätze durch das geänderte Zinsumfeld.
Lenzing verarbeitet Holz zu Zellstoff und stellt daraus Fasern für die Bereiche Mode, Handel, Industrie, Kosmetik und Hygiene her. Der Konzernumsatz lag 2023 nahezu unverändert bei 2,5 Milliarden Euro. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) stieg im Vorjahr um ein Viertel auf 303,3 Millionen Euro.
Abbau von 500 Vollzeitstellen
"Ab dem zweiten Halbjahr 2022 gab es einen 'perfect storm', weil die Textilunternehmen auf sehr viel Bestand gesessen sind und die Faser-Nachfrage eingebrochen ist", sagte Lenzing-Chef Stephan Sielaff zur APA.
"Die erwartete Erholung der für die Lenzing Gruppe relevanten Märkte blieb bisher aus." Die verhaltene Nachfrage und die höheren Rohstoff- und Energiekosten hätten 2023 zu einem Ergebnis geführt, mit dem man "nicht zufrieden" sei.
"Die Eigenkapitalquote sank trotz der Verluste nur von 37,8 Prozent (Ende 2022) auf 34,7 Prozent (Ende 2023), weil Lenzing Mitte 2023 rund 400 Millionen Euro mit einer Kapitalerhöhung bei Aktionären eingesammelt hat", sagte Lenzing-Finanzchef Nico Reiner.
Derzeit läuft bei Lenzing der noch der im November angekündigte Abbau von 500 Vollzeitstellen, unter anderem mit Pensionierungen und Nicht-Nachbesetzung.
"Der Stellenabbau ist weit fortgeschritten, aber nicht abgeschlossen. Darüber hinaus ist derzeit kein Abbauprogramm geplant", so der Konzernchef. Ende 2023 beschäftigte der Faserhersteller weltweit rund 7.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente).
Noch keine Entwarnung für 2024
Lenzing hat in den vergangenen Jahren die stark schwankende Nachfrage nach Textilfasern für Fashion, Heimtextilien und Outdoorbekleidung deutlich zu spüren bekommen und musste den Personalstand jeweils nach oben oder unten anpassen.
Um die Geschäftsschwankungen etwas zu reduzieren, werde man den Faser-Bereich für Kosmetikartikel und Hygieneprodukte (Vliesstoffe) weiter ausbauen, kündigte der Firmenchef an.
An der Wiener Börse musste die Lenzing-Aktie in den vergangenen zwölf Monaten kräftig Federn lassen, der Aktienkurs ging um knapp 50 Prozent auf rund 30 Euro zurück. Entwarnung für 2024 möchte der Lenzing-Vorstand aber vorerst noch nicht geben.
Die Ergebnisvisibilität bleibe "insgesamt stark eingeschränkt", man gehe aber "von einem höheren EBITDA im Vergleich zum Vorjahr aus".
"Der Textilmarkt ist schwer prognostizierbar, aber wir sind bereit für den Turnaround"
Mittelfristig rechnet Lenzing mit einem steigenden Bedarf an umweltverträglichen Fasern für die Textil- und Bekleidungsindustrie sowie die Hygiene- und Medizinbranchen. Lenzing bietet unter anderem Spezialfasern unter den Markennamen Tencel, Ecovero und Veocel an.
Der Vorstand will heuer weiter den Fokus auf Free-Cashflow-Generierung, die Stärkung des Umsatz- und Margenwachstums sowie das Kostenmanagement legen. "Der Textilmarkt ist derzeit noch schwer prognostizierbar, aber wir sind bereit für den Turnaround", so Lenzing-Chef Sielaff.