Tausende Teilnehmer bei Klimastreiks in österreichischen Städten
Weltweit sind am Freitag Tausende Jugendliche dem Ruf von Fridays for Future (FFF) gefolgt, am achten "globalen Klimastreik" teilzunehmen. Zentrale Forderung bleiben Klimaschutzmaßnahmen, um das 2015 beim Pariser UN-Klimagipfel international vereinbarte Eineinhalb-Grad-Ziel zu erreichen. In Österreich wurde in 15 Städten und Gemeinden dafür demonstriert, in Wien rückte zusätzlich auch der "Lobau-Protest" mit in den Vordergrund.
"Klima-Bösewichte"
Eine Veränderung des "Systems" brauche es, um Klimaerhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, ließ indes die Initiatorin der Bewegung, die Schwedin Greta Thunberg, ihre Mitstreitenden in Berlin wissen und nannte Deutschland einen "der größten Klima-Bösewichte." Vor rund drei Jahren startete Thunberg in Stockholm ihren Schulstreik, wie Fridays For Future vor dem Auftakt in Wien in einer Aussendung berichtete, waren es diesmal mehr als 1.200 Städte auf der ganzen Welt, in denen für Klimagerechtigkeit demonstriert wurde.
In Österreich hatte die daraus entstandene weltweite Bewegung rein quantitativ vor genau zwei Jahren ihren Zenit mit rund 30.000 Teilnehmern in Wien bei der "Earth-Strike"-Demo. Laut den Veranstaltern waren es am heutigen Freitag in der Bundeshauptstadt 20.000, laut Polizeiangaben 5.500 Teilnehmende.
In Wien zog der Demozug um 13.00 vom Praterstern in der Leopoldstadt in Richtung Heldenplatz, wo die Abschlusskundgebung laut Veranstaltern gegen 17.15 Uhr zu Ende ging. "Danke für dieses starke Zeichen nach einem Sommer der Klimakatastrophen!", twitterten FFF-Wien. Zuvor reichte die Schlange der Klimastreikenden über die rund einen Kilometer lange Praterstraße, ehe man diese gegen 13.45 Uhr verließ, um über die Schwedenbrücke Richtung Innenstadt zu marschieren - musikalische Unterstützung gab es in Form von Sambarhythmen bis hin zu Technobeats.
"Wir stehen jetzt an einem historischen Wendepunkt", so Aktivistin Katrin Hipmair in einem Statement am Freitag. "Wir können dabei zusehen, wie Politik und Wirtschaft durch ihr Nichts-Tun unsere Zukunft zerstören. Oder wir stehen gemeinsam für eine klimagerechte Welt auf."
Symbolische Uhrzeit
Aufgestanden waren viele Aktivisten auch gegen aktuelle Straßenbau-Projekte. Nachdem in Wien seit Ende August Klimaaktivisten die Baustelle der Wiener Stadtstraße in Hirschstetten in der Donaustadt blockieren und Greenpeace-Aktivisten erst nach mehr als 24 Stunden Blockade beim Büro des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig (SPÖ) aus dem Wiener Rathaus zogen - zur symbolischen Uhrzeit "5 vor 12" - war das Thema auch auf der Demo präsent, etwa durch ein Global-2000-Banner mit dem Motto "Vielfalt statt Asphalt"
In St. Pölten fand die laut Veranstaltern größte Kundgebung für den Klimaschutz, "die es je gab", statt. 1.500 Demonstranten nahmen laut Schätzungen der Polizei teil. Die Route führte die lautstarke Menge ab 12.30 Uhr vom Bahnhofsplatz über die Kremser Gasse ins Regierungsviertel, wo Redner vor dem Landhaus u.a. ein Bekenntnis zur Klimaneutralität von der Landespolitik forderten. Unter den Demonstranten waren u.a. auch Gegner der geplanten Traisental Schnellstraße (S34).
Mit einem "Hoch für den Klimaschutz, runter mit der Hitze" stimmten Freitagnachmittag am Linzer Hauptbahnhof die Organisatoren auf die Klimademo ein. Laut Angaben der Polizei marschierten dann rund 2.000 Teilnehmer friedlich durch die Innenstadt bis zur Donaulände. Unter ihnen sogar Fans von Arnold Schwarzenegger, aber auch heimische Politiker persönlich: Der Spitzenkandidat der Grünen für die oö. Landtagswahl am Sonntag, Landesrat Stefan Kaineder, sowie sein pinkes Pendant Felix Eypeltauer gingen für "Alles für das Klima" auf die Straße. Demonstranten appellierten auf Plakaten: "Machen wir die OÖ Wahl zur Klimawahl". Zum Ende hieß es: "Wir waren hier, wir waren laut, weil man uns die Zukunft klaut." Anschließend wurde gemütlich am Ufer der Donau gechillt.
In Graz führte eine Fußgänger-Demonstration vom Griesplatz Richtung Norden entlang der Mur bis zur Keplerbrücke und weiter über das Glacis zur Oper, rund 1.200 Teilnehmer waren dabei. Die Rad-und Skater-Demo führte die etwa 200 Teilnehmer über den Eggenbergergürtel, den Kalvariengürtel und die Grabenstraße bis zur Oper. Bei einer Sitz-Demonstration in der Mandellstraße, wo ein Wohnzimmer aufgebaut wurde, waren etwa 20 Teilnehmer dabei. Die Demonstranten skandierten unter anderem "Beschützt unsere Erde", "The seas are rising, so are we" und "There is no Planet B".
Keine Reden
In Klagenfurt startete bereits um 11.00 Uhr die Demonstration am Heiligengeistplatz. Nach einem eher verhaltenen Beginn mit rund 80 Teilnehmern wuchs die Zahl der Demonstrierenden - unter ihnen auch einige Erwachsene - auf 120, als sich der Zug in Bewegung setzte. Unter Sprechchören ging es eine Runde durch die Innenstadt, bevor die Schlusskundgebung vor der Kärntner Landesregierung stattfand. Im Innsbrucker Rapoldipark haben sich gegen 16.00 Uhr rund 40 Personen zum "Open Picknick for Future" eingefunden, das sich über vier Stunden erstrecken sollte. Skandiert wurde nicht und programmatische Reden fehlten ebenfalls. Dafür malten die Anwesenden eifrig Plakate, übten sich an der Slackline und Kinder konnten sich schminken lassen.
Unter musikalischer Beschallung durch ein stationäres Fahrrad mit Lautsprechern fanden sich schließlich zunehmend mehr Menschen ein. Gegen 17.00 waren es etwa 100. Laut einer der Organisatorinnen hat man sich für diese offene Form als Picknick und gegen einen strukturierten Demo-Zug entschieden: "Wir wollen heute auch neue Menschen kennenlernen und uns auf die große Demonstration am 22. Oktober vorbereiten."
In Vorarlberg trafen sich die Aktivisten gegen 10.30 Uhr am Bahnhof Bregenz. Die Menge wuchs laut Polizeiangaben in der Folge auf ihrem Protestzug durch die Bregenzer Innenstadt auf 500 Teilnehmer an. "Leider müssen wir sogar bei uns im reichen Ländle für Klimaschutz auf die Straße gehen, denn auch unsere Politiker nehmen ihre Verantwortung nicht ernst und vernachlässigen Klimaschutz massiv", so Aktivist und Mitorganisator Johannes Hartmann von FFF-Vorarlberg. Fridays For Future wendet sich in Vorarlberg auch gegen das umstrittene Straßenbauprojekt S18.
In der Stadt Salzburg versammelten sich bei strahlendem Sonnenschein um 15.00 Uhr Hunderte Aktivisten beim Salzburger Hauptbahnhof, um Klimagerechtigkeit einzufordern. Zum bereits achten weltweiten Klimastreik waren in Salzburg laut dem Veranstalter Fridays For Future über 2.000 Menschen gekommen. An der friedlichen Protestkundgebung beteiligten sich viele Eltern mit Kindern - am Freitag war auch "Rupertitag" und damit schulfrei, weil Salzburg den Landespatron feierte.
Kinder mit Transparenten
Der Demonstrationszug setzte sich - von Kindern mit Transparenten angeführt - gegen 15.30 Uhr in Bewegung. Die Menge skandierte lautstark "für autofreie Städte" und "für erneuerbare Energie". Die Route führte über die Rainerstraße, den Mirabell- und Marktplatz, die Staatsbrücke, Griesgasse und Hofstallgasse zum Max-Reinhardt-Platz, wo um 17.00 Uhr die Abschlusskundgebung abgehalten wurde. An der Demonstration beteiligten sich auch NGOs, darunter der Naturschutzbund.
"Wir fordern nicht nur die Salzburger Politik, sondern auch die Bundesregierung auf, die Klimakrise endlich wie eine Krise zu behandeln. Wir haben immer weniger Zeit zu handeln, deshalb muss jetzt endlich etwas passieren", sagte Sarah Meier von Fridays For Future.
Schon bevor sich der Demozug in der Bundeshauptstadt in Bewegung setzte, gab es bei einer Pressekonferenz der Scientists For Future am Vormittag schlechte Nachrichten: Gingen die Emissionen in Österreich im Jahr 2020 coronabedingt um geschätzte acht Prozent gegenüber 2019 zurück, gibt es heuer wieder ein Plus von neun Prozent gegenüber 2020, so neue Berechnungen des Klimawissenschafters Gottfried Kirchengast.
"Es war klar, dass es sich bei dem leichten Rückgang im Vorjahr um keine Trendwende gehandelt hat, sondern dass die Treibhausgase wieder ansteigen werden, darum braucht es das, wofür wir hier auf die Straße gehen", sagte Hanna Simons, Programmleiterin des WWF Österreich, gegenüber der APA in Wien. Neben ökologischer Steuerreform CO2-Bepreisung und Klimaschutzgesetz sei eine Energiesparoffensive "ganz wichtig", sagte Simons, "denn wenn unser Energieverbrauch weiterhin so ansteigt, werden wir die Klimaziele ganz bestimmt nicht erreichen".
Fridays For Future appellierte an die österreichische Regierung, die Klimakrise endlich als Krise zu behandeln und nicht auf technologische Wunderlösungen zu warten, hieß es in einem Statement am Freitagnachmittag.