Chronik/Österreich

Schneechaos: Zwei Lawinentote in Vorarlberg

  • Am Sonntag zunächst starker Schneefall im Westen, im Tagesverlauf abflauend
  • Zahlreiche Straßensperren wegen drohender Lawinenabgänge
  • Zwei Tote bei Lawinenabgang in Vorarlberg
  • 300 Zugpassagiere saßen im Pinzgau vier Stunden lang fest
  • Obersteiermark: Auch Radmer von der Umwelt abgeschnitten
  • Weiterhin große Lawinengefahr der Stufe 4 von Vorarlberg bis Niederösterreich
  • In Tirol und in der Steiermark derzeit praktisch keine Erkundungsflüge möglich
  • Stromausfälle in NÖ, OÖ und Tirol gemeldet
  • Betrieb am Flughafen Innsbruck wieder aufgenommen

Starker Schneefall und teils stürmischer Wind halten am Wochenende wie erwartet den Großteil Österreichs in Atem. Große Lawinengefahr, Straßensperren, Evakuierungen von Ortschaften, abgeschnittene Dörfer und Staus waren die Auswirkungen. Die Lage hat sich auch bis Sonntagnachmittag noch nicht entspannt. Und es wird kommende Woche weiterhin schneien.

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Nun sind auch erste Todesopfer durch Lawinenabgänge zu beklagen. In Schoppernau im Bregenzerwald ist am Sonntag ein Skifahrer ums Leben gekommen. Der Verschüttete ist von seinem Kollegen ausgegraben worden, aber noch an der Unglücksstelle verstorben. Bei dem Getöteten handelt es sich um einen 26 Jahre alten Mann aus Deutschland. Er und sein Kollege waren im freien Gelände unterwegs.

Am Nachmittag wurde die Rettungs- und Feuerwehrleitstelle über einen Verschütteten nach einem Lawinenabgang in Damüls informiert. Für den Mann kam jedoch jede Hilfe zu spät, er konnte nur noch tot geborgen werden. In Vorarlberg war die Lawinenwarnung am Sonntag von Stufe 3 auf Stufe 4 hinaufgesetzt worden.

In Salzburg gilt im gesamten Bundesland weiterhin die zweithöchste Lawinenwarnstufe 4. Im Pinzgau wurde Samstagmittag eine Person bei einem Lawinenabgang in Thumersbach bei Zell am See verschüttet. Der Einheimische konnte unterkühlt, aber sonst unverletzt geborgen werden. Vom Betreten des freien Geländes wird weiterhin abgeraten. In St. Koloman wurden die Anrainer sogar aufgefordert, ihre Häuser bis Sonntagmittag nicht zu verlassen, weil "Spontanabgänge von Lawinen in allen Hanglagen" zu erwarten sind. Alle Warnungen zu Salzburg finden Sie hier. 

Die A10 Tauernautobahn wurde auch am Sonntag zeitweise gesperrt: Da Lawinensprengungen durchgeführt werden, war die A10 zwischen Flachau und dem Tauerntunnel zwischen 8.30 Uhr und 9.30 Uhr in beiden Richtungen nicht befahrbar. Ein Ausweichen auf Nebenstraßen war nicht möglich. ​

Die aufgrund der hohen Lawinengefahr gesperrte Glemmtaler Landesstraße (L111) ist am Sonntagnachmittag, kurz vor 15.00 Uhr, wieder geöffnet worden. Saalbach-Hinterglemm und Viehhofen waren damit wieder erreichbar. 

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300 Zugpassagiere saßen fest

In Leogang im Pinzgau (Salzburg) sind ab 5 Uhr Früh rund 300 Zugpassagiere festgesessen. Ein Baum war unter der Schneelast eingeknickt, durchtrennte die Oberleitung und fiel auf die Bahnstrecke. Der ÖBB-Nightjet am Weg von Graz nach Zürich krachte in den umgestürzten Baum und schleifte diesen einige Meter mit, bevor die Zuggarnitur zum Stehen kam. Der Baum kam schlussendlich auf einem Waggon zum Liegen, rund 100 Meter der Oberleitung wurden so beschädigt, dass der Zug stromlos war. Die FF Leogang sowie ÖBB-Mitarbeiter entfernten den Baum und der Zug wurde mit einer Diesellok zurück in den Bahnhof Saalfelden gezogen. Verletzt wurde niemand.  

 

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Die Passagiere mussten rund vier Stunden im Zug warten - die Heizung hat aber laut ÖBB-Sprecher Christoph Gasser-Mair immer funktioniert. Gegen 9.00 Uhr konnten die Passagiere unverletzt den Zug im Bahnhof Saalfelden verlassen. Sie werden dort mit warmen Getränken versorgt, bis die Strecke wieder befahrbar ist. Die Bahnverbindung nach Tirol ist laut ÖBB bis mindestens 20 Uhr unterbrochen, es sei ein Schienenersatzverkehr eingerichtet worden.

Am Sonntag bestanden weiterhin einige Streckensperren im Zugverkehr. Auch im steirischen Ennstal gab es wegen Lawinengefahr auch zwischen Stainach-Irdning und Schladming keinen Zugverkehr. Alle Streckensperren der ÖBB finden Sie hier.

 

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Flächendeckend Lawinenwarnstufe 4 in Nordtirol und Vorarlberg

Aufgrund der Neuschneemengen und der störanfälligen Schneedecke ist die Lawinengefahr in Nordtirol und Vorarlberg am Sonntag flächendeckend auf die zweithöchste Stufe 4 gesetzt worden. Aus Sicherheitsgründen blieben zahlreiche Verkehrsverbindungen im Westen auch am Sonntagmorgen gesperrt.

Die starken Schneefälle in der Nacht auf Sonntag haben zu einer Verschärfung der Lawinensituation geführt. Oberhalb der Waldgrenze ist die Lawinengefahr am größten. Einzige Ausnahme ist der südliche Teil Osttirols.

"Das ist das, was zu erwarten war", sagt Rudi Mair, Leiter des Lawinenwarndienstes Tirol. Es sei genau die Situation eingetreten, die in den vergangenen Tagen prognostiziert worden war. Der Sonntag sei in Sachen Lawinen noch ein kritischer Tag. Ab Montagmittag würden die Niederschläge nachlassen. "Der Höhepunkt ist heute", meint Mair.

Wie viele Lawinen in Tirol bereits abgegangen seien, könne er nicht sagen. Starker Wind und schlechte Sicht hätten Erkundungsflüge bisher unmöglich gemacht. Der starke Wind habe aber möglicherweise die Lawinengefahr etwas entschärft, sagt der Experte. Er hätte eine durchgehende sogenannte "Schwachschicht" des Schnees verhindert.

Flughafen Innsbruck hat wieder ungehinderten Betrieb

Die Lage soll sich erst zu Wochenbeginn wieder beruhigen, denn für Sonntag lautete die Prognose, dass den ganzen Tag zum Teil starke Schneefälle anhalten. Hinzu sollen kräftiger Nordwind und stellenweise Nebel kommen. Dieser hatte am Samstag den Flughafen Innsbruck lahmgelegt. Am Sonntag konnte der Flugverkehr unbehindert wieder aufgenommen werden.

Im Laufe des Sonntags sollte die Situation von den örtlichen Lawinenkommissionen neuerlich beurteilt werden, wie beispielsweise für die Felbertauernstraße, die seit Samstag gesperrt ist. Auf vielen Hauptverbindungen war Schneekettenpflicht verhängt worden. Nach den zum Teil kilometerlangen Staus am Samstag floss der Verkehr am Sonntag in Tirol und Vorarlberg wetterbedingt zwar temporeduziert, aber wieder weitgehend normal.

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Sperre am Tiroler Fernpass

In Tirol gab es zahlreiche Straßenssperren wegen Lawinengefahr. Eine Lawinenmeldung im Bereich der Blindseekurve sorgte Sonntagvormittag für eine kurzzeitige Sperre der Fernpassstraße B179. Meldungen über eingeschlossene Autofahrer gab es nicht. Laut Landeswarnzentrale Tirol handelte es sich nur um einen kleineren Schneeabgang. Der Straßendienst hätte die Sperre aber genützt, um die Straße gründlich zu räumen. Bald darauf war die Fernpassstraße wieder befahrbar, es hatte sich aber kilometerlanger Stau gebildet.

Alle aufrechten Straßensperren finden Sie oben in unserem Liveticker.

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Wie es mit dem Wetter weitergeht

In den letzten 24 Stunden hat es auf den Bergen im Nordstau (von Vorarlberg über Nordtirol und Salzburg bis ins Dachsteingebiet) rund 50 bis 80 Zentimeter geschneit, meldet die ZAMG. Seit Mittwoch waren es auf den Bergen 100 bis 150 Zentimeter, vereinzelt auch darüber. In einzelnen Gipfellagen der Obersteiermark zum Beispiel mehr als 200 Zentimeter.

In tiefen Lagen gab es in vielen Tälern von Samstag Früh bis Sonntag Früh an der Nordseite der Alpen rund 20 bis 60 Zentimeter Neuschnee.

Anhaltende und intensive Schneefälle sagte die ZAMG noch für die ersten Stunden des Sonntags voraus, besonders stark im Stau der Nordalpen. In den Tälern könne es zum Teil auch regnen, vor allem nach Westen zu. Langsam soll der Störungseinfluss aber etwas schwächer werden und die Regen- und Schneefälle zurück gehen. Im Osten liegt österreichweit die kälteste Luft, hier ziehen tagsüber auch einzelne Schneeschauer durch. Niederschlagsfrei und sogar zeitweise sonnig ist es im Süden. Der Wind bläst mäßig bis lebhaft, auf den Bergen weiterhin kräftig aus Nordwest. Frühtemperaturen minus 4 bis plus 4 Grad, Tageshöchsttemperaturen minus 1 bis plus 5 Grad.

Die Nordwestwetterlage bleibt uns nächste Woche erhalten, heißt es von der ZAMG. Von Dienstag bis Freitag können aus aktueller Sicht an der Alpennorseite (von Vorarlberg über Nordtirol und Salzburg bis zum Dachstein-Gebiet) 30 bis 80 cm Schnee dazukommen (siehe www.zamg.at/warnungen).

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Situation in Steiermark weiter prekär

Wegen des anhaltend schlechten Wetters in der Obersteiermark mussten Bundesheer und Polizei ihre Erkundungs- bzw. Versorgungsflüge mit Hubschraubern am Sonntagnachmittag einstellen. Ein Flug einer Alouette III aus Aigen im Ennstal mit Versorgungsgütern ins abgeschnittene Sölktal gelang, ein Einsatz zur Absprengung einer Lawine am Grimming, um die B320 freizubekommen, musste abgebrochen werden.

"Die Wolken und der Nebel hängen zu tief, der Hubschrauber konnte nicht zu der Sprengstelle am Grimming gelangen", sagte Oberst Gerhard Schweiger vom Militärkommando Steiermark zur APA. Damit konnte auch die Lawinenabsprengung nicht durchgeführt werden. Die Ennstalbundesstraße (B320) zwischen Trautenfels und Espang blieb weiterhin gesperrt. Laut Schweiger sei wegen des Wetters am Sonntag auch nicht mehr mit Flügen zu rechnen, die Hubschrauber blieben aber Stand-by am Fliegerhorst Aigen. Laut den Heeresmeteorologen sei mit einem Anhalten der Wetterlage mit Schneefällen und starkem Wind bis Dienstag zu rechnen, bei gelegentlichen Flugmöglichkeiten.

Aufgrund akuter Lawinengefahr mussten die ÖBB den Zugverkehr zwischen Stainach und Schladming einstellen. Für die Züge des Fernverkehrs wurde in diesem Streckenabschnitt ein Schienenersatzverkehr eingerichtet. Für Reisende im Nahverkehr steht ein Schienenersatzverkehr zwischen Stainach und Öblarn zur Verfügung. Da die Busse des Ersatzverkehrs wegen der Sperre der B320 eine Umleitungsstrecke befahren mussten, war mit einer Verlängerung der Reisezeit zu bis zu 120 Minuten zu rechnen

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Straßensperren bleiben aufrecht

Laut Landeswarnzentrale Steiermark und dem ÖAMTC waren zahlreiche Straßen gesperrt. In Wildalpen waren die Straßen nach Hinterwildalpen und Rothwald gesperrt, ebenso die Hochschwabstraße nach Weichselboden. In Schladming wurden die Straßen ins Ober- und Untertal gesperrt. Weiters nicht passierbar war die Straße zwischen Ober- und Unterlaussa bei St. Gallen Richtung OÖ und der Koppenpass zwischen Bad Aussee und Obertraun (Oberösterreich).

Die bereits in den vergangenen Tagen verfügten Straßensperren, etwa jene ins Sölktal, blieben aufrecht. Mehrere Ortschaften sind nicht über Straßen erreichbar. Dicht war auch die Verbindung vom Murtal ins Paltental über den Triebenpass zwischen Trieben und St. Johann am Tauern (Bezirk Murtal), weiters die Verbindungsstraße zwischen Döllach und Ketten nahe Liezen und die Zufahrt nach Zwanzenbichl (Gemeinde Landl). Ein Teil von St. Johann musste evakuiert werden. In der Ramsau war die Rössingstraße bei der Lodenwalke gesperrt, ferner die Verbindung aus der Ramsau ins salzburgische Filzmoos und von Donnersbach aus die Straße auf die Planneralm. Zu waren auch die Eisenstraße über den Präbichl und die Gesäuse Straße (B146) wegen eines schon vor einigen Tagen in Hieflau geschehenen Felssturzes.

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Zwei vermisste Tourengeher in Niederösterreich

Bei Hohenberg im Bezirk Lilienfeld ist am Sonntagvormittag eine Suchaktion nach zwei vermissten Tourengehern angelaufen. Die zwei Personen waren am Samstagabend abgängig gemeldet worden, bestätigte ein Sprecher der Exekutive auf Anfrage. Im Einsatz standen die Bergrettung, die Alpinpolizei und der Polizeihubschrauber "Libelle".

Bereits in der Nacht sei nach den Tourengehern "grobflächig gesucht" worden, sagte der Polizeisprecher. Die Rettungsaktion werde durch die angespannte Lawinensituation erschwert. Genaue Angaben zu den beiden Vermissten machte die Exekutive nicht.

 

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Der Warndienst Niederösterreich hat die Lawinengefahr in den gesamten Ybbstaler Alpen und im Rax-Schneeberggebiet über 1.500 Metern auch am Sonntag als "groß" (Stufe 4 der fünfteiligen Skala) eingeschätzt. In mehreren anderen Gebieten des Bundeslandes herrschte Stufe 3, also "erhebliche" Gefahr. Am Montag könnte sich die Lage laut Prognose leicht verbessern.

Erheblich war das Risiko am Sonntag in den Türnitzer Alpen, im Semmering-Wechsel-Gebiet über 1.400 Metern sowie im Rax-Schneeberggebiet unterhalb von 1.500 Metern. "Mit zunehmender Schneelast können sich große bis eventuell auch sehr große, spontane Lockerschnee- und Schneebrettlawinen lösen", wurde im Lagebericht mitgeteilt. Im Tourenbereich befanden sich Gefahrenstellen durch frischen Triebschnee demnach in allen Expositionen.

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Unfälle im Schneechaos

Die winterlichen Straßenverhältnisse sorgten auch für Unfälle. Bei Mürzzuschlag etwa wurde ein 26 Jahre alter Pkw-Lenker verletzt. Laut Polizei war er am Samstag gegen 2.30 Uhr auf einem Forstweg stecken geblieben. Als er versuchte zurückzuschieben, geriet der Pkw über die Böschung, überschlug sich mehrmals und kam nach rund 40 Metern zum Stillstand.

Auch in Kärnten gab es Unfälle. Auf der mit Schnee bedeckten Hochrindl Landesstraße kam am Freitag gegen 16.30 eine 24-jährige Klagenfurterin mit ihrem Pkw ins Schleudern und krachte gegen einen Baum. Die Verletzte wurde ins Klinikum Klagenfurt eingeliefert.

Stromausfälle in Ober- und Niederösterreich

Bedingt durch Schneestürme ist es in einigen Teilen Niederösterreichs und Oberösterreichs am Sonntag zu Stromausfällen gekommen. In der Nacht auf Sonntag waren in NÖ rund 8.000 Haushalte betroffen, am Vormittag waren noch etwa 800 Kunden ohne Strom, teilte EVN-Sprecher Stefan Zach mit. Die meisten Ausfälle gab es im Industrie- und im Mostviertel.

Samstagabend und in der Nacht auf Sonntag waren im Mühlviertel (OÖ) bis zu 5.000 Kunden der Linz AG von den Stromausfällen betroffen. Bis 1.00 Uhr konnte die Zahl der Haushalte auf rund 2.000 reduziert werden. Betroffen waren die Gebiete Grein, Bad Kreuzen, Pabneukirchen, Waldhausen, Dimbach, St. Georgen im Walde sowie Friensdorf. Sonntagfrüh traten Störungen im Bezirk Freistadt auf und damit erhöhte sich die Zahl der Kunden der Linz AG ohne Strom zwischenzeitlich auf rund 6.000.

INFO-LINKS: 
Die Wetterwarnungen der ZAMG für jede Gemeinde Österreichs finden Sie auf www.zamg.at/warnungen.
Verkehrsservice des ÖAMTC.