Roadrunner spielen mit Polizei Katz und Maus
Von Patrick Wammerl
Sie brettern mit Tempo 200 neben einander über die Autobahn und prahlen mit einem Video des waghalsigen Höllenritts auf Instagram. Dann gibt es solche, die sich friedlich auf Autobahn-Parkplätzen treffen und ihre auf Hochglanz polierten und tiefergelegten Geschoße nur zur Schau stellen.
Die Roadrunner- und Tuning-Szene in Österreich hat durch Corona eine neue Hochblüte erfahren. Weil Nachtklubs immer noch geschlossen sind und auf den verwaisten Parkplätzen von Discos und Kinozentren für das motorische Balzgehabe die nötigen Fans fehlen, haben sich die Autoliebhaber andere Betätigungsfelder gesucht. „Sie formieren sich aufgrund des Lockdowns an anderen Plätzen. Es wird ein Aufruf in den sozialen Medien gestartet und kurz darauf sind mehrere Hundert Teilnehmer plötzlich auf einer Raststation versammelt“, schildert Willy Konrath von der niederösterreichischen Landesverkehrsabteilung der Polizei.
Zuletzt gab es dieses Phänomen zu Pfingsten auf der Kaiserrast der A22 bei Stockerau in Niederösterreich. Weil die Szene von verstärkten Kontrollen der Wiener Polizei Wind bekommen hatte, wurde das Treffen mit etwa 500 Fahrzeugen kurzerhand von der Bundeshauptstadt nach Stockerau verlegt. Am darauffolgenden Abend waren es mehr als 600, meist getunte Boliden, die die Raststation und umliegende Parkplätze blockierten.
Fehlzündungen
Grundsätzlich lief die Zusammenkunft der PS-Fanatiker aber sehr diszipliniert ab. Es gab 12 Organmandate und 59 Anzeigen. „Es sind ein paar schwarze Schafe, die die ganze Community in Verruf bringen. Ein Teilnehmer ist nachts durch Stockerau gefahren und hat ständig laute Fehlzündungen produziert. Dafür gibt es wenig Verständnis“, sagt Konrath, der von einem ständigen Katz-und-Maus-Spiel zwischen Exekutive und den Roadrunnern spricht.
Laut dem Leiter der Wiener Verkehrspolizei, Michael Takacs, sei die einschlägige Szene zweigeteilt. Nämlich in jene, die legal ihre Fahrzeuge tunen und damit ihre Liebe zur Technik und zum Auto zur Schau stellen. Und in jene Gruppe, die illegale Umbauten tätigt und sich am liebsten auf öffentlichen Verkehrsflächen duelliert – mit einem Fuß am Gas und dem anderen im Kriminal. Wie schnell das gehen kann, hat diese Woche ein Fall in Wien gezeigt. Zu 20 Monaten unbedingter Haft ist ein 32-jähriger Raser unter Drogeneinfluss verurteilt worden, der am Zebrastreifen ein Ehepaar mit dem Wagen erfasste. Eine 70-jährige Frau starb.
Ein riesiges Problem für die Polizei sind die fehlenden Organisationsstrukturen in der Roadrunner-Szene. „Wir würden gerne mit den Leuten sprechen und mehr über die Ideologie erfahren. Da könnte man sicher besser einwirken. Aber es gibt keinen Verantwortlichen und keine vereinsähnliche Struktur dahinter“, sagt Konrath.