Psychologe: "Man kauft sich mit einem Glas Pesto Sicherheit"
Von Kevin Kada
Leere Nudel- und Soßenregale, kein Klopapier mehr, Obst- und Gemüse ausverkauft. Dieses Bild zeigt sich aktuell in vielen Supermärkten. Lebensmittel nicht mehr zu bekommen, ist ein Horrorszenario vieler Menschen, vor allem die Angst, dass die Regale in der Krise nicht mehr gefüllt werden. Der KURIER hat mit dem Notfallpsychologen Cornel Binder-Krieglstein über die Hamsterkäufe und die Beweggründe dahinter gesprochen.
KURIER: Warum hamstern die Leute bei solchen Krisen?
Cornel Binder-Krieglstein: Es ist relativ einfach erklärt. Es ist eine Handlung, wo man versucht eine Lösung für den inneren Konflikt zu finden. Und dieser sieht wie folgt aus: Ich sitze zu Hause und habe die Sorge, dass ich in Kürze keine Lebensmittel mehr habe. Daher sagt mir mein Verstand, ich muss etwas tun. Und das einzige, was ich tun kann, ist einkaufen zu gehen. Das Problem ist, dass sich die Leute nicht sicher sein können, ob ein Engpass besteht. Aber in der Fantasie ist es gegeben und daher handelt der Mensch irrational.
Gibt es Menschen, die eher zum Hamstern neigen?
Ja, man kann Personen in Ängstlich und Nicht-ängstlich sowie in Menschen die über alles die Kontrolle haben wollen und Personen, denen das egal ist einordnen. Ist eine Person jemand, der eben Kontrolle über alles haben möchte, der will Kontrolle darüber haben, dass er in fünf Tagen noch etwas zu essen hat. Da geben sie niemandem anderem die Kontrolle sondern sorgen selbst dafür. Die andere Person sagt: Es wird schon alles passen, keiner redet von Lebensmittelknappheit, also ist alles gut.
Hilft es, wenn man ängstlichen Personen sagt, dass sie nicht so viel kaufen sollen?
Am besten ist es, wenn man die Sachen einkauft, die man für drei Tage braucht. Da gibt es vom Zivilschutzverband ausführliche Infos und an die sollte man sich halten.
Ist es nicht sogar gefährlicher, wenn man in die Supermärkte geht?
Natürlich, denn sehen wir uns einmal an, was passiert. Man hat eine trügerische Sicherheit. Denn ob ich mir ein Packerl Klopapier kaufe, oder nicht, hat nichts damit zu tun, ob ich mich infiziere. Wichtig wäre, dass sich die Menschen überlegen wohin sie gehen und was sie anfassen. Denn wenn sie dann im Supermarkt sind und sich dort anstecken, dann hilft ihnen das ja auch nicht. Das Verhalten zu ändern, welches man gewohnt ist, ist wesentlich schwieriger, als dem Druck des Einkaufs standzuhalten. Die Menschen glauben, sie könnten sich mit einem Glas Pesto Sicherheit kaufen.
Gehen Sie davon aus, dass diese Hamsterkäufe in den kommenden Tagen und Wochen öfter stattfinden?
Ich denke, dass es bei vielen ein Budget-Thema ist. Also ein oder zwei Mal pro Woche für einen ganzen Monat einzukaufen, wird nicht möglich sein. Ich denke, dass es aufhören wird, wenn die Ursache wegfällt. Das bedeutet: wenn den Menschen gesagt wird, dass auch am Mittwoch noch genug Lebensmittel in den Regalen stehen und dem dann auch tatsächlich so ist, dann werden die Leute damit aufhören. Aber ganz wichtig ist eben, dass die Regale am Mittwoch nicht leer sind.
Was auffällt, ist, dass die Menschen sehr oft und viel Toilettenpapier kaufen. Warum ist das so?
Das ist eine einfache Erklärung. Haben sie sich in den letzten fünf Jahren irgendwann Gedanken darüber gemacht, ob Sie Toilettenpapier kaufen können? Vermutlich nicht. Jetzt ist das aber akut und das hat mit den Hygienefaktoren zu tun. Dabei geht es nicht nur um Hygiene an sich, sondern um die Basisfaktoren die für jeden Menschen zutreffen müssen. Diese sind: Ein Dach über dem Kopf, Essen, Trinken und eben Hygieneprodukte. Und wenn es dann eben um Toilettenpapier geht merken die Menschen das Problem sofort, wenn es keines mehr gibt. Außerdem hat das auch eine Gruppendynamik. Einer kauft zwei Packungen, ein weiterer drei und der nächste Mensch kauft fünf Packungen. Und dann ist das Regal leer.