Obdachloser soll Wiener Doppelmörder sein
Von Birgit Seiser
„Der Täter ist ein 50 Jahre alter, polnischer Staatsbürger, der als U-Boot in Wien gelebt hat“, mit diesen Worten dürften die ersten brisanten Mordermittlungen in diesem Jahr beendet sein. Chefermittler Dietmar Berger vom Wiener Landeskriminalamt war die Erleichterung anzusehen, als er am Montag über die Festnahme jenes Mannes informierte, der am Sonntag eine 31-jährige Mutter in Floridsdorf und am Neujahrstag einen 74 Jahre alten Apotheker in der Donaustadt getötet haben soll.
Bisher hatten sich die Kriminalisten mit Informationen zurückgehalten, nun folgte der Durchbruch.
Täter kehrte zurück
Festgenommen wurde der Verdächtige am Sonntagabend, als er zu einem der Tatorte zurückkehrte. Zeugen riefen die Polizei, weil der Mann versuchte, in das Nebenhaus einzubrechen.
Aber der Reihe nach: Am 1. Jänner wurden die Ermittler in die Donaustadt alarmiert: Der 74 Jahre alte Apotheker Heinrich Burggasser war erschlagen in seinem eigenen Haus gefunden worden: „Er hatte massive Kopfverletzungen erlitten und zeigte Zeichen von Misshandlungen. Außerdem war er an den Beinen gefesselt gewesen“, sagt Berger.
Die Ermittler hätten den Tatort als „surreal“ beschrieben. Der Täter dürfte sich nach dem Mord noch einige Stunden in dem Haus aufgehalten und Alkohol getrunken haben. Er packte auch eine Tasche mit Diebesgut, die er dann aber stehen ließ. Nur seine eigenen Schuhe tauschte er mit denen des Apothekers. Dessen Geldbörse warf er wenige Meter vom Tatort entfernt einfach weg.
Acht Tage später fand dann ein Familienvater seine 31 Jahre alte Ehefrau mit Stichverletzungen an Bauch und Kopf im gemeinsamen Haus. Der Mann war von einem kurzen Skiurlaub zurückgekehrt. In der Wohnung befanden sich auch die vier und sechs Jahre alten Töchter des Paares.
Kinder unversehrt
„Dieser Tatort präsentierte sich ähnlich. Der Mann dürfte auch dort mehrere Stunden verbracht und Alkohol getrunken haben“, sagt Berger. Während die Mutter unter massiver Gewalteinwirkung getötet worden sein soll, blieben die Kinder unversehrt. Es ist nun Gegenstand der weiteren Ermittlungen, warum der Täter die Kinder verschont hat. Die Mädchen sollen bald einvernommen werden.
„Der Täter bemühte sich nicht, seine Spuren zu verwischen, und hinterließ überall DNA. Diese führten zu einem Treffer in der deutschen Datenbank“, sagt Berger. Der 50 Jahre alte Pole wurde zwischen 2001 und 2018 in Deutschland mehrmals straffällig, unteranderem wegen Körperverletzung. Seit 2020 soll er sich in Wien aufhalten, wo er vor wenigen Wochen seine ebenfalls obdachlose Lebensgefährtin attackiert haben soll. Damals konnte ihn die Polizei aber nicht fassen.
Er soll auch für Brandstiftungen verantwortlich sein. Einen direkten Zusammenhang zwischen den Opfern scheint es nicht zu geben: „Es scheint sich um willkürliche Taten zu handeln“, sagt Polizeipräsident Gerhard Pürstl. Die einzige Gemeinsamkeit soll sein, dass beide Opfer ihre Eingangstür nicht versperrt hatten.
Bei der Einvernahme zeigte sich der Verdächtige derart aggressiv, dass die WEGA angefordert werden musste. Er dürfte wie auch während der Taten schwer alkoholisiert gewesen sein. Nun soll ein psychiatrisches Gutachten seine Gefährlichkeit klären.
Die Polizei ermittelt nun, ob er auch mit den Brandstiftungen am Rennbahnweg 27 und drei ungeklärten Morden aus 2022 in Verbindung steht.