Einkaufssonntag: Offene Geschäfte, die (fast) keiner haben will
Von Teresa Sturm
Die Ansage „Alles reduziert“, die kennt man seit der Pandemie eher von den Kontakten zu anderen Menschen. Am ersten Einkaufssonntag seit 2008 war es der Kampfspruch des Handels, um den verlorenen Umsatz durch den Lockdown ein wenig abzufedern. In Wien nutzten viele Menschen den zusätzlichen Tag. Der Tenor beim Lokalaugenschein des KURIER: Es brauche das Angebot aber nicht unbedingt.
Der Samstag spülte geschätzte 380 Millionen Euro in die Kassen. Doch am gestrigen, ausnahmsweise verkaufsoffenen Sonntag, dürften die Umsätze deutlich dahinter zurückbleiben. Die Branche erwartete weniger als ein Drittel des Samstagumsatzes. Die einmalige Sonderregelung galt nicht für Supermärkte und Drogerien, die nicht von dem Lockdown betroffen waren.
Gelockt wurde etwa auf der Mariahilfer Straße mit Preisnachlass- und Ausverkaufsschildern. Es war zwar viel los und in einigen Geschäften gab es lange Schlangen vor den Kassen, vergleichbar mit einem üblichen Adventsamstag war der Andrang allerdings nicht.
Gezielte Einkäufe
Der heftige Wind im Osten des Landes lud zudem nicht unbedingt zum gemütlichen Flanieren ein. Die meisten Einkäufer suchten gezielt Geschäfte auf. Auf die Frage, ob man sich eine Sonntagsöffnung öfter wünscht, verneinen fast alle.
„Heuer ist ein außergewöhnliches Jahr, weil durch Corona die Geschäfte nicht offen hatten. Daher finde ich es gut, dass einmal am Sonntag offen ist, aber es soll nicht die Regel werden.“ Normalerweise würde der Oberösterreicher an einem Sonntag nicht einkaufen wollen, aber er habe am Vortag das Weihnachtsgeschenk für sein Patenkind nicht bekommen und nun die Chance im Buchhandel genutzt.
Eine Frau, die mit ihren Kindern unterwegs ist, sagt scherzhaft, sie sei nur deshalb heute einkaufen, weil sie dadurch die Chance auf den Gewinn von Gastrogutscheine hätte - und winkt dann doch ab. "Nein, nein, es ist so, dass ich doch noch einige Erledigungen hatte, die sich sonst nicht ausgegangen wären.“
Geschäfte müssten ihrer Meinung auf gar keinen Fall an einem Sonntag offen haben. „Ich bin eigentlich gegen Sonntagsöffnungszeiten. Aber heute hat es sich gut ergeben.“ Als Ausnahme sei es in diesem Advent in Ordnung.
Ein Mann, der gerade mit seiner Freundin aus einem Geschäft kommt, findet die Sonntagsöffnung als Konsument angenehm. „Aber ich glaube nicht, dass das für Mitarbeiter immer das Schönste ist.“ Er nutzt den Tag, weil er bisher keine Möglichkeit hatte: „Irgendwann muss ich ja die Weihnachtsgeschenke zusammenbekommen.“
So praktisch denken die meisten. Wenn nicht offen gewesen wäre, hätte eine junge Frau schon am Samstag einkaufen gehen müssen: „Da war ich aber zu faul. Es gab für mich nur die Option heute zu gehen, deshalb habe ich sie genutzt.“ Sonst sei sie gegen die Öffnung. „Die Leute sollen sich ja auch ein bisschen entspannen. Sonntag ist eigentlich ein Tag für Ruhe. Das sollte so bleiben, finde ich.“
Kontrollen
Ruhig war es im Vergleich zum Samstag, wo in der Stadt demonstriert wurde, für die Wiener Polizei. Man sei präventiv in den Einkaufsstraßen im Advent unterwegs, um die Sicherheit zu gewährleisten, so ein Sprecher. Schwerpunktkontrollen, bei denen die Einhaltung der Corona-Maßnahmen kontrolliert wird, gebe es außerdem.
Denn nicht geimpfte Personen sind nach wie vor im Lockdown. Im Handel gilt derzeit die 2-G-Regelung, das bedeutet nur genesene und geimpfte Personen dürfen einkaufen gehen. Das vergisst man leicht, denn überprüft wird es in den Filialen fast nirgends. Selbst in Geschäften, wo jemand beim Eingang platziert wurde, verteilen die Personen Flyer oder Schokolade, fragen aber nicht nach dem Impfstatus. Vielleicht hat man Glück und auch Omikron ist kein Freund der Sonntagsöffnung.
Enttäuschte Kaufleute
In den Bundesländern nutzte man offensichtlich den Sonntag eher für andere Aktivitäten. In Niederösterreich profitierten laut Karl Ungersbäck von der Wirtschaftskammer „speziell die größeren Zentren“. In Oberösterreich, wo der Lockdown nach den hohen Infektionszahlen länger gedauert hat, dürften viele Menschen ihre Weihnachtsgeschenke woanders gekauft haben. Dort zeigten sich viele Kaufleute enttäuscht. Besser lief es in Salzburg.
In Tirol verpasste das schöne Wetter der Shopping-Lust einen Dämpfer. Sandra Bodner von den Kufstein Galerien bezweifelt, ob sich der Einkaufssonntag von den Kosten her überhaupt rentieren wird. In Vorarlberg war die Kundenfrequenz ebenso nicht überragend.
„Insgesamt wird der heimische Handel am vierten Adventwochenende mit dem ersten verkaufsoffenen Sonntag seit der Fußball-Europameisterschaft 2008 rund 500 Millionen Euro erwirtschaften. Das entspricht mehr als acht Prozent der gesamten Dezember-Umsätze im österreichischen Handel. Allerdings kann ein Super-Einkaufswochenende bei Weitem nicht die Umsatzverluste von 20 Lockdown-Tagen kompensieren“, sagte Stephan Mayer-Heinisch, Handelsverband-Präsident.
Der offene Sonntag wird wohl auch im Advent nicht so schnell zur Regel.