Mafiareport III: Die Spur der Mafia in Österreich
Ob Cosa Nostra und Stidde in Sizilien, Camorra in Neapel, Ndrangheta in Kalabrien,Sacra Corona Unita in Apulien und Mafia Capitale in Rom – die italienische Mafia gilt als Synonym für Organisierte Kriminalität. Doch deren Perfektion bei den Befehlsstrukturen, bei Vernetzung und dem Infiltrieren von Politik und Wirtschaft erreichen selbst einflussreiche Gruppierungen der sogenannten Russen-Mafia nicht ganz.
„Die Organisierte Kriminalität fühlt sich in Österreich wohl und sicher. Diese Strukturen können hier in Ruhe ihre Geschäfte abwickeln“, sagt der pensionierte Top-Kriminalist Hans Schaffer. „Österreich ist für sie Wohngebiet, Deutschland dagegen Aktionsgebiet.“ Das gilt auch für die italienische Mafia. Kriminalisten erzählen, dass verdächtige Italiener mitunter beim Gebet in der Wiener Minoritenkirche – vis a vis vom Innenministerium – observiert wurden. Das ist nämlich die Kirche der italienischen Katholiken in Wien.
In Kärnten und Tirol hinterlässt die Mafia immer wieder ihre Spuren – heute vor allem durch Firmengründungen, Gastro-Betriebe, und Immobiliengeschäfte. Bereits früher gab es starke Indizien dafür:
– Beim Wiener U-Bahnbau in den 1970-er Jahren war eine Baufirma aus Sizilien mit am Werk, der langjährige Verbindungen zur Cosa Nostra nachgesagt wurden.
– Mitte Juni 1982 machte Roberto Calvi, Chef der Vatikanbank Banca Ambrosiano, Stopp bei Freunden in Klagenfurt, um am nächsten Tag mit dem Privatjet von Innsbruck nach London zu fliegen. Der „Bankier Gottes“ war eigentlich Bankier der Mafia. Sieben Tage später wurde er in London tot aufgefunden, vermutlich ermordet.
Der erste Teil des Mafiareports:
– In den 90-ern sorgte der Falschgeld-Verteiler Giovanni T. aus Neapel in Wien für Ermittlungen. Zehn Jahre saß er in Haft. Bis vor zwei Jahren agierte der Unternehmer als Statthalter der italienischen Unterwelt an der Cote d’ Azur, Spezialgebiet Drogentransport. Was die italienische Mafia und die Mafia-Gruppen aus Osteuropa und dem Balkan verbindet, sind nicht nur Drogengeschäfte, sondern auch Auftragsmorde.
– Am 19. September 1994 wurde Hodscha Achmedov vor seiner Wohnung in Wien-Döbling mit 19 Schüssen aus einer Maschinenpistole getötet. Laut dem damaligen Ermittler Schaffer hat Achmedov dem Wiener Rotlichtmilieu Prostituierte aus dem Ostblock angeboten, aber Abmachungen nicht eingehalten. Der Killer kassierte 10.000 Schilling Honorar. Er wurde gefasst. Als Schaffer im Februar 1996 mit dem Dienstwagen zum Strafprozess vorfuhr, warf ein Unbekannter eine Handgranate unter sein Auto. Der Wagen flog in die Luft.
– Aufsehenerregend war auch der Mord am Georgier David Sanikidse im Juni 1996 an einer Ecke der Kärntnerstraße. Der Geschäftsmann soll einem georgischen Mafiaclan angehört und im Streit um Millionen liquidiert worden sein. Drei Täter wurden gefasst und zu langen Haftstrafen verurteilt.
– Die straff geführten georgischen Mafia-Clans haben sich heute bis nach Frankreich und Griechenland ausgebreitet, nach Bandenkriegen in der Heimat nahmen einige Zuflucht in Spanien und Österreich. Der georgische Pate Tariel Oniani, war in den 1990-er Jahren vor allem in Paris und in Marbella, Torremolinos, Barcelona und Alicante aktiv, wo er angeblich 50 Häuser besitzt. Er sitzt derzeit eine zehnjährige Haftstrafe wegen Erpressung und Kidnapping ab, die 2010 in Russland verhängt wurde. Er hatte sehr gute Kontakte u.a. zu georgischen Geschäftsleuten in Wien.
Auch viele russische Paten nutzen Wien nachdem Zusammenbruch der UdSSR als Drehscheibe für Geschäfte und Vermögenstransfers. Zum Teil hatten sie viele Jahre Statthalter in Wien, die die Dienste von österreichischen Anwälten und Wirtschaftstreuhändern in Anspruch nahmen.
– So soll der mutmaßliche Pate Semjon „Seva“ Mogilewitsch im russisch-ukrainischen Gasgeschäft mit Österreich mitgemischt haben. Er steht wegen anderer Fälle seit 2009 auf der Fahndungsliste der US-Bundespolizei FBI und lebt unbehelligt in Russland. Heute haben dubiose Konzerne aus Russland und der Ukraine, ihre Holdingzelte in Wien aufgeschlagen. Und hier schließt sich der Kreis. Ähnlich wie bei der italienische Mafia sitzen heute auch eurasische Kriminelle in Führungsetagen von Konzernen; oft sogar mit Rückendeckung der Geheimdienste der Heimatländer.