Lebensmittel: Billigware bringt Bauern unter Druck
Von Simone Hoepke
Immer höhere Standards, die die Lebensmittelproduktion in Österreich verteuern und gleichzeitig immer mehr Billigkonkurrenz aus dem Ausland. So fassen Agrarier die aktuelle Situation am österreichischen Lebensmittelsektor zusammen.
Schon 2016 hat die Landwirtschaftskammer angeprangert, dass der ukrainische Hühnermastbetrieb MHP Millionen Hühner in die EU importiert. Das Ganze mithilfe von EU-Geldern in der Höhe von bis zu 700 Millionen Euro und vorbei an Tierschutzstandards und Importbeschränkungen, wie der KURIER bereits in der Montag-Ausgabe berichtete.
„Die Produktion im Inland wird infolge der hohen Standards oft verunmöglicht“, ärgert sich Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger und meint damit die hohen Tierschutz- und Umweltstandards. So haben Hendln in heimischen Ställen laut Gesetz bis zu 40 Prozent mehr Platz als Hühner im europäischen Durchschnitt.
Die so genannte Besatzdichte darf maximal 30 Kilo pro Quadratmeter Stall betragen. Bei Puten sind es maximal 40 Kilogramm pro Quadratmeter – und damit um 75 Prozent weniger als im europäischen Durchschnitt. In Ländern außerhalb der EU dürfen Mäster überhaupt so viele Tiere in einen Stall pferchen, wie sie wollen, sagen Branchenkenner.
Preisdruck steigt
Der Nebeneffekt der hohen Standards in Österreich sind hohe Produktionskosten und so auch höhere Preise im Verkaufsregal. Da viele Kunden – vor allem in der Gastronomie und in Großküchen – beim Einkauf aber vor allem auf den Preis schauen, landet letztlich ausländische Billigware auf den Tellern. „Nach welchen Standards sie produziert wurde, interessiert niemanden“, ärgert sich Moosbrugger. Nachsatz: „Wir stehen mit Ländern, in denen Umwelt- und Sozialdumping die Regel sind, in direkter Konkurrenz.“ Das führe letztlich dazu, dass Betriebe zusperren und Österreich sich immer weniger selbst versorgen kann.
Bei Pute ist der Selbstversorgungsgrad auf 45 Prozent gesunken, bei Huhn auf 80 Prozent, Tendenz sinkend. Georg Strasser, Präsident des Bauernbundes, fordert einen Importstopp für Geflügel, das nicht nach österreichischen Standards gemästet wurde. Das Problem der wettbewerbsverzerrenden Importe würde sich nicht nur auf die Fleischproduktion beschränken.
Als Beispiel nennt er Erdäpfel. „Ein ungünstiger Mix aus erhöhtem Schädlingsbefall und einer sehr fragwürdigen europäischen Pflanzenschutzpolitik führt dazu, dass uns Ende April die heimischen Kartoffeln ausgehen werden.“ Auf den Tellern landen dann die Ernten aus Ägypten oder Zypern. Welche Pflanzenschutzmittel dort eingesetzt wurden, sei überhaupt kein Thema, ärgert sich Strasser.
Rot-weiß-rotes Mascherl
Simone Schmiedtbauer, Spitzenkandidatin des Bauernbundes bei der EU-Wahl am 26. Mai, fordert einmal mehr eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Lebensmittel. Diese gibt es zwar schon bei Frischfleisch, jedoch nicht bei verarbeiteten Produkten. Schmiedtbauer: „Die rot-weiß-rote Flagge auf der Wurst heißt noch lange nicht, dass das Fleisch aus Österreich kommt.
Es heißt nur, dass es von einem österreichischen Betrieb verarbeitet wurde.“ Schmiedtbauer fordert, dass die Herkunft von Fleisch, Eiern und Milch auf verarbeiteten Produkten angegeben wird, sobald der Rohstoff einen Anteil von 50 Prozent am Produkt hat.