Grünere Städte: Eine Pflanzerei auf dem Dach
„Da kriegt der Satz, da bin ich dann längst schon unter der Erde, eine völlig neue Bedeutung - ich wohne dann darunter“, witzelt der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP). Unterstützt vom Land Steiermark soll in der Landeshauptstadt künftig Flachdächer mehr begrünt und bepflanzt werden.
Drei Pilotprojekte gibt es bereits, demnächst folgen 14 weitere. Laut Stadtentwicklungskonzept sind Dächer ab einer Fläche von 300 Quadratmeter verpflichtend zu begrünen, allerdings hier in der Wiesenversion mit acht Zentimeter Substratschicht. Bäume oder Sträucher sind dort nicht möglich, dazu braucht es zumindest einen Meter Erde auf dem Dach.
Diese Variante ist vorerst nur für Neubauten vorgesehen, denn hier gehe es auch um die Statik. „Natürlich bringt so ein Dachgarten auch die eine oder andere Schwierigkeit“, gesteht Landesrat Hans Seitinger (ÖVP) ein. „Kosten, Sicherheit, Statik. Aber es gibt ganz viele positive Aspekte.“ Mehr Grün bedeute mehr Abkühlung und mehr Möglichkeit, Regenwasser zu speichern. „Gerade in Städten wird Grünraum ein knappes Gut, durch die Verdichtung werden die Städte wärmer. Kühlung wird uns in Zukunft mehr beschäftigen als Heizen im Winter.“
Bis zu 80 Grad
Tests zeigten, dass sich Flachdächer an Sommertagen auf bis zu 80 Grad aufheizen: Begrünung und Bepflanzung senke die Temperatur auf 30 Grad. Wie groß die mögliche Fläche für bepflanzte oder zumindest begrünte Dachflächen in Graz ist, steht noch nicht fest, das wird erst in einem weiteren Schritt erhoben. Andrea Jany vom Institut für Wohnbauforschung hat jedoch für eine Studie Umsetzungsmöglichkeiten und Auswirkungen untersucht: Demnach seien 90 Prozent aller Gebäude österreichweit reine Wohnbauten. „Da gibt es ein riesiges Potenzial.“
Aus einer anderen Erhebung, jener für potenzielle Fotovoltaikanlagen auf Häusern, ist für Graz eine Zahl bekannt: Die Fläche aller Dächer zusammen beträgt zehn Millionen Quadratmeter. Stadt Graz und Land Steiermark fördern jedenfalls Projekte zur Dachbegrünung mit zehn Euro pro Quadratmeter, maximal sind 40.000 Euro Zuschuss pro Objekt möglich.
Wünsche auch in Salzburg
Das wünscht sich die SPÖ auch für Salzburg. Sie fordert von der Landesregierung eine Förderung für Dach- und Fassadenbegrünung durch das Land. „Diese einfache Art des Klimaschutzes wird in Stadt und Land Salzburg viel zu wenig eingesetzt“, kritisiert der Salzburger SPÖ-Chef David Egger. Die Landesregierung hat einem Landtagsbeschluss 2019, eine Förderung zu prüfen, eine Abfuhr erteilt.
Eine Förderung „würde zusätzlichen Finanzbedarf in unbekannter Höhe verursachen“, hieß es damals in einem Bericht an den Landtag. „Dabei ist aller Welt klar, dass die Kosten des Klimawandels viel höher sein werden, als Ausgaben für die Begrünung von Fassaden“, sagt SPÖ-Klimaschutzsprecherin Karin Dollinger.
Pflicht in Linz
Auch in Linz ist Dachbegrünung aktueller denn je: Seit 1. Juli ist in der Stadt rechtswirksam beschlossen, dass Dächer von Neubauten begrünt werden – und zwar „wirklich begrünt werden“, wie Linz Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) betont. Denn in den 1980er und 1990er Jahren sei es üblich gewesen, proforma ein paar Zentimeter Erde darauf zu schütten. „Das sind jetzt alles braune Dächer“, sagt Luger.
Die in Zukunft intensiv begrünten Dächer – mit Sträuchern und Gras – könnten sowohl als Ruhezonen, als auch zum „Urban Gardening“ dienen, sagt er. Ein positiver, aber nicht umsetzbarer Vorschlag sei hingegen jener von Neos-Fraktionsobmann Lorenz Potocnik. Dieser hatte vorgeschlagen, die 22.500 Quadratmeter große Dachfläche eines Autobahntunnels zu begrünen. Dies sei jedoch statisch möglich.