Jagd-Affäre: Dornauer tritt "zur Seite" und erntet Misstrauensantrag im Landtag
Tirols SPÖ-Landesobmann Georg Dornauer war in den vergangenen zwei Tagen immer weiter unter Druck gekommen, nachdem ein Jagdausflug des 41-Jährigen mit Milliarden-Pleitier René Benko publik geworden ist.
Am Mittwoch zog er die Konsequenzen - wenn auch nur teilweise. "Ich trete nicht zurück, ich trete zur Seite", sagte er bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz um 11 Uhr.
Das heißt: Er übergibt sein Amt als Landeshauptmann-Stellvertreter an den Tiroler ÖGB-Chef Philip Wohlgemuth, der bereits als Abgeordneter im Landtag sitzt.
Er kündigt auch an, dass er der SPÖ "ein geordnetes Haus übergeben wird". Dass er sich auch von der Parteispitze zurückziehen wird, sagt er aber nicht wörtlich.
Dazu braucht es erst eine Klarstellung der Landesgeschäftsführung auf KURIER-Nachfrage. Wohlgemuth soll "so schnell wie möglich" vom Landesparteivorstand als künftiger SPÖ-Chef vorgeschlagen und somit designiert zu werden.
Dornauer selbst will sich auf sein Direktmandat im Landtag zurückziehen, sagte er - mit Hinweis auf die mehr als 10.000 Vorzugsstimmen, die er bei der Landtagswahl 2022 erhalten hat.
FPÖ: "Dornauer heute auch schon rücktrittsreif"
Die Übergabe - in Partei und Landesregierung - soll am 18. Dezember vollzogen werden, an dem Tag will Dornauer noch im Landtag das von ihm mitverhandelte Budget präsentieren. Sein Nachfolger habe so noch genügend Zeit, sich umzuorganisieren und ein "geordnetes Haus" zu übernehmen.
Allerdings könnte ihm der Landtag einen Strich durch die Rechnung machen: "Wenn jemand am 18. Dezember rücktrittsreif ist, ist er es heute auch", sagt FPÖ-Chef Markus Abwerzger.
Mittwochmittag brachte Grüne-Klubobmann Gebi Mair im Namen der gesamten Landtagsopposition (FPÖ, Liste Fritz, Grüne und Neos) einen Misstrauensantrag gegen Dornauer ein.
Einen Antrag auf "unmittelbare Debatte und Abstimmung" wird mit der schwarz-roten Regierungsmehrheit abgeschmettert. Beides wird ans Ende der Tagesordnung verlegt - also Donnerstagabend.
Ärger im roten Klub
Die Abstimmung zwingt den SPÖ-Klub zu einem Offenbarungseid ihrem Noch-Parteichef gegenüber. Innerhalb der roten Abgeordneten gibt es durchaus weiter Irritationen über die Vorgangsweise von Dornauer.
Man sei eigentlich davon ausgegangen, dass dieser sich völlig zurückziehen wird, sagt einer von ihnen. Die Krise in der Tiroler SPÖ, sie ist noch nicht vorbei.
"Sehe keinen Rücktrittsgrund"
Spulen wir noch einmal zurück zu seiner "persönlichen Erklärung" um 11 Uhr. Deutlich war zu spüren, dass Dornauer die Entscheidung nicht leicht fällt.
Gleich zu Beginn seiner Stellungnahme hielt er fest, dass "bei aller schiefen Optik und nachvollziehbarem Unverständnis" kein Gesetzesbruch stattgefunden, kein Schaden entstanden und er auch keine Einladung angenommen hatte. Er habe lediglich einen Freund zu einem Jagdausflug in die Steiermark begleitet.
Und ja, René Benko sei auch dabei gewesen. "Was nicht bedeutet, dass ich seine wirtschaftlichen Vorgangsweisen goutieren oder gar unterstützen würde", betonte der SPÖ-Mann. Daher sehe er bis heute keinen Rücktrittsgrund, in seiner Partei jedoch sehen das viele - "nicht alle!" - anders.
"Aber als Demokrat, als in der Wolle gefärbter Sozialdemokrat, akzeptiere ich selbstverständlich diese momentane, mehrheitliche Stimmungslage", begründete er seinen "Schritt zur Seite".
"Unter meiner Ägide jede Wahl gewonnen"
Die aktuelle Situation tue ihm persönlich leid, sagte Dornauer. "Ich habe viel vorgehabt. Ich werde alles daran setzen, dass diese bisher geleistete Aufbauarbeit - gerade in diesem Haus, in der Tiroler SPÖ - weiter vorangetrieben wird."
Die SPÖ habe Luft nach oben, es sei nicht immer ganz einfach. Einen Seitenhieb erlaubte er sich: "Die Bundespartei hat bekanntlich immer wieder mal an Stimmen verloren. Wir haben unter meiner Ägide jede Wahl gewonnen." Diese Arbeit "kann und wird und soll" weitergeführt werden, so Dornauer. "Ich übergebe eine geschlossene Partei."
Dornauer bedankte sich auch bei Koalitionspartner, "allen voran Anton Mattle". Gemeinsam habe man in den vergangenen zwei Jahren bewiesen, "was es heißt, unaufgeregt, solide, eine Landesregierung zu führen". Man habe für die Tiroler "unaufgeregt und ohne Streit" gearbeitet.
Bevor er ging, bedankte sich Dornauer auch noch bei den Medien für die "nicht immer angenehme, aber stets spannende Zusammenarbeit".
Die Nachfolge
Der Tiroler ÖGB-Chef Wohlgemuth soll nun in einer Sitzung des Landesparteivorstandes, die "so rasch wie möglich" angesetzt wird, wie es heißt, als Nachfolger designiert werden. Dornauer würdigte ihn in seinem Statement als "jahrelangen Mitstreiter und Kämpfer für sozialdemokratische Ideen", die großen Aufgaben der Zukunft seien bei ihm in "allerbesten Händen".
Er sitzt als SPÖ-Mandatar bereits im Landtag und hat auch das Koalitionspapier der schwarz-roten Landesregierung mitverhandelt. Der 37-Jährige galt deshalb für den Fall eines Rücktritts von Dornauer auch als Wunschkandidat der ÖVP für die Nachfolge in der schwarz-roten Landesregierung.
Betretene Stimmung bei der SPÖ
Im SPÖ-Klub herrschte am Mittwoch zu Beginn der Landtagssitzung betretene Stimmung. Die Krisengespräche der vergangenen beiden Tage steckten den Abgeordneten um Klubobfrau Elisabeth Fleischanderl und ÖGB-Chef Philip Wohlgemuth sichtbar in den Knochen.
Gestern, Dienstag, waren die Regierungsbüros im Innsbrucker Landhaus bis tief in die Nacht hell erleuchtet, versuchten SPÖ-Granden ihren Chef davon zu überzeugen, dass es Zeit ist zu gehen. Nun hat Dornauer dem Druck, der auch vom Bund und aus anderen Ländern kam, nachgegeben.
Auf der Regierungsbank war neben den SPÖ-LandesrätInnen Eva Pawlata und René Zumtobel verwaist. Dornauer hatte sich vorsorglich für den Sitzungsbeginn entschuldigen lassen.
Rücktritt angenommen
ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle berief Mittwochmittag Landesparteivorstand der Tiroler Volkspartei ein.
Im Vorfeld hieß es aus dem Büro des Landeshauptmanns, dieser habe "gestern Abend den Rücktritt als Landeshauptmannstellvertreter angenommen."
Es gehe nun um Stabilität für Tirol und eine Regierung, die für die Menschen arbeite.