Chronik/Österreich

Gefangen hinter drei Metern Schnee – es schneit weiter

Donnerstagnacht ging die Straße zu. Seither ist St. Nikolai im steirischen Sölktal von der Außenwelt abgeschnitten. Doch die Einheimischen kennen solche Situationen. „Die Straßensperre sieht die Bevölkerung relativ entspannt. Das gibt es alle zwei Jahre bei uns“, sagt Christian Tritscher, Wirt vom Gasthof Gamsjäger. Und auch die verbliebenen Gäste im Ort sehen die Lage gelassen, sagt der Steirer.

„Sie sitzen gemütlich zusammen, spielen Karten oder gehen spazieren“, erzählt Tritscher, der auch einen Nahversorger betreibt. „Im Geschäft und im Gasthaus sind genügend Lebensmittel gelagert“, sagt er zur Versorgungssituation.

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Auch Christian Pieberl von der Bergrettung meint: „Im Sölktal sind die Menschen katastrophenerprobt.“ 2005 war St. Nikolai zehn Tage lang von der Außenwelt abgeschnitten.

Am Dienstag kämpfte sich auch Sassan Lachini, Gemeindearzt in Öblarn, zu den Eingeschlossenen durch, um sie mit Medikamenten zu versorgen. Und zwar mit einem Skidoo. In der 100-Seelen-Gemeinde St. Nikolai sind einige Bewohner auf regelmäßige medizinische Hilfe angewiesen. Normalerweise komme er mit dem Auto, sagt Lachini lachend. „Die Stimmung ist gut, es herrscht große Hilfsbereitschaft.“

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Der Großteil der Touristen wurde Freitag und Montag von der Feuerwehr aus dem Dorf gebracht. Die mussten einen Teil des Weges zu Fuß gehen. Die Straßensperre dürfte dauern. „Noch ist kein Ende in Sicht. In den kommenden drei Tagen soll es weiter schneien“, sagt Tritscher. 1500 Personen waren Anfang der Woche noch in der Obersteiermark eingeschneit. Das Bundesheer musste am Dienstag wegen des schlechten Wetters den Versuch abbrechen, den Loser anzufliegen. Dort sollte eine Lawine ausgelöst werden.

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Brot ging aus

Auch die Gemeinde Hohentauern ist betroffen. „Die Gäste sind noch gelassen. Und wir Einheimischen sind das gewohnt. Es gibt großen Zusammenhalt“, sagt Kathrin Beinhaupt. Die Rezeptionistin hält im „Almdorf Hohentauern“ die Stellung. 64 Urlauber sind in den Ferienhäusern untergebracht. „Gestern ist uns das Brot im Ort ausgegangen. Aber die Bäuerinnen haben über Nacht gebacken“. Bei Bürgerversammlungen werden die Bewohner über die Lage auf dem Laufenden gehalten.

Knapp drei Meter Schnee türmten sich am Dienstag in NÖ am Hochkar, das Skigebiet war am Montag evakuiert worden. Die Situation ist laut Landeshauptmann-Stellvertreter Stephan Pernkopf aber unter Kontrolle. Bundesheer und Feuerwehr stehen bereit, um die Straße zu räumen und Schnee wegzusprengen. Dafür müsse das Wetter aber erst Hubschrauberflüge zulassen.

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Den KURIER-Ticker zur Nachlese finden Sie hier:

Im nahen Göstling/Ybbs sind die Bewohner entspannt. „Bei uns schneit es öfters über Nacht einen halben Meter“, erzählt Margarete Aflenzer. Schwierig wird die Lage für das Wild: Aufgrund der Schneemassen können Jäger nicht mehr füttern, erzählt Roman Huber. Neben der Straße türmen sich bereits ein Meter hohe Schneewände, geräumt wird mittels Bagger. In Annaberg mussten wegen Stromausfällen Notstromaggregate aufgestellt werden.

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Unbelehrbare

Trotz der gefährlichen Lage wagen sich immer noch Tourengeher und Skifahrer ins freie Gelände und müssen gerettet werden. Damit bringen sie auch die Retter in Lebensgefahr. Am Schneeberg, wo in der Nacht auf Montag eine Lawine niederging und am Dienstag eine kontrollierte Sprengung durchgeführt wurde, ignorierten just während des Einsatzes zwei Tourengeher die Absperrung. „Wir haben zur selben Zeit gesprengt, als sie einfach über die Absperrung gestiegen sind. Das Verhalten einiger ist einfach unvorstellbar“, ist Karl Tisch von der NÖ Lawinenwarnkommission fassungslos. Selbst bei Lawinenwarnstufe 4 sind Dutzende Tourengeher am Schneeberg unterwegs.

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Im Tiroler Westendorf mussten 20 Mann der Bergrettung und Alpinpolizei in der Nacht auf Dienstag einen 39-jährigen Dänen bergen. Trotz Lawinenstufe 4 suchten sie unter Lebensgefahr fünf Stunden lang im äußerst steilen unwegsamen Grabenverläufen nach dem Snowboarder. Eine Nacht im Freien musste in Vorarlberg ein 45-jähriger Skifahrer verbringen, der über eine gesperrte Skiroute abgefahren war. Er brach in ein Bachbett ein und wurde von einem Schneebrett teilweise verschüttet. Neben dem Einsatz, den die geretteten zahlen, zieht das Ignorieren von Sperren oder Warnhinweisen auch eine Verwaltungsstrafe nach sich.

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