Direkt nach Gefängnis: Prediger des Wien-Attentäters abgeschoben
Verfassungsschützer schätzten ihn seit Jahren als brandgefährlich ein. Der mittlerweile 26-jährige IT-Techniker Argjend G. aus St. Pölten fiel erstmals im Alter von 14 Jahren mit seinem radikalen Gedankengut auf. Zuletzt wurde rund um das Wien-Attentat, bei dem vier Menschen ihr Leben verloren, gegen ihn ermittelt - Attentäter Kujtim F. war mehrmals für religiöse Treffen bei ihm.
Zuletzt wurde G. im Oktober 2022 im Landesgericht für Strafsachen in Wien wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation zu 19 Monaten Haft verurteilt - das Oberlandesgericht hob die Strafe sogar auf 27 Monate an.
Die Haft verbüßte der Mann mit dem auffälligen Bart, den hochgeschlagenen Hosenbeinen und der betont ruhigen Stimme in der Justizanstalt St. Pölten. Bis 1. Dezember des Vorjahres, wie der KURIER nun erfuhr. Denn sofort nach Verbüßung der Strafe musste er Österreich verlassen und in seine Heimat Nordmazedonien zurückkehren. Zudem wurde er mit einem Einreiseverbot von der Dauer von zehn Jahren belegt.
Die Ausreise sei freiwillig erfolgt, heißt es. Dennoch sei Argjend G. von Polizisten bis zur slowenischen Grenze "begleitet" worden.
G. ist in Österreich aufgewachsen - in einem nicht besonders religiösen Elternhaus. 2012, da war er 14 Jahre alt, meldete sich seine Schule bei der Polizei. Der Jugendliche weise "radikale Tendenzen" auf. Vier Jahre später gründete er die Bewegung "Ansar" - und sprach Menschen auf der Straße an, um zu "missionieren". Danach erteilte er in der Uniklinik St. Pölten "Islam-Unterricht", der vielmehr IS-Propaganda war. Ein Gerichtsverfahren folgte. Er wurde im Zweifel freigesprochen.
Der "Wissende"
In der Szene galt er als "Wissender" - also als Führer und Lehrer. Bei den Verfassungsschützern und Ermittlern als einer, der der nächste führende dschihadistische Prediger in Österreich werden wolle. Der arabisch lernte, um später nach Saudi Arabien auszuwandern und Imam zu werden. Der eine Wohnung in St. Pölten anmietete, in der er Koranunterricht abhielt - unter seinen Schülern befand sich auch der spätere Attentäter Kujtim F.
Daneben verdiente er sein Geld als IT-Mitarbeiter an einer Privatuni. Als "freundlich und zuverlässig" wurde er dort beschrieben. Doch der wachsende Bart und die gekrempelten Hosen sorgten für Diskussionen in der Kollegenschaft.
Noch vor dem Wien-Attentat wurde gegen ihn ermittelt. Im Herbst 2022 wurde Argjend G. schließlich verurteilt, weil er radikale Schriften verbreitet hatte. Im Prozess fiel er Beobachtern durch seine Wortgewandtheit auf.
Er nahm an Salafisten-Treffen teil
Rund um die Ermittlungen gegen den Wien-Attentäter tauchte sein Name mehrmals auf. Und auch er selbst - das belegten Fotos. Denn G. war dabei, als der spätere Attentäter Salafisten aus Deutschland und der Schweiz in Wien um sich scharte. Die Ermittlungen im Bezug auf das Attentat wurden mittlerweile aber gegen G. eingestellt.
Auch wenn sich der Prediger mittlerweile außer Landes befindet - die Sorge ist groß, dass er illegal wieder einreisen könnte. Oder, dass er aus der Ferne seine Ideologie verbreitet.