Die Rebellen des Fleischkonsums
Von Caroline Ferstl
Etwa drei Jahre ist es her, da fassten Cornelia Habacher und Philipp Stangl einen ehrgeizigen Entschluss: den Fleischkonsum der Österreicherinnen und Österreicher zu revolutionieren. „Wir essen im Durchschnitt 1,2 Kilogramm Fleisch in der Woche. 300 Gramm wäre der optimale Wert für Gesundheit, Planeten und Tierwohl“, rechnet Habacher vor. Sie hat sechs Jahre lang zu Molekularbiologie geforscht.
In der Küche von Stangls Mutter in Wien wurde begonnen, den Entschluss in die Tat umzusetzen. Indem mit Zutaten und Rezepten experimentiert wurde. Das Endergebnis: ein Fleischlaibchen, das zur einen Hälfte aus Rindfleisch, zur anderen aus Pilzen und Getreide besteht. Im Geschmack macht das keinen Unterschied, sagen Habacher und Stangl. Mehr als 100.000 verkaufte Fleischlaibchen im vergangenen Jahr scheinen das zu belegen.
2019 gründeten die beiden dann ganz offiziell die Marke Rebel Meat. „Wenn Fleisch, dann wenig, biologisch und nachhaltig produziert“, lautet das Credo. Die Pilze stammen aus dem Marchfeld, das Fleisch von Höfen aus dem Mühl-, Wald- und Mostviertel – wie jenem von Peter Mühlbachler.
Aus dem Familienbetrieb
Seit dem Jahr 1880 gibt es die kleine Landwirtschaft in Arbesbach im Bezirk Zwettl. Schon der Urururgroßvater von Peter Mühlbachler hat den Hof bewirtschaftet. Seit 28 Jahren wird er nach Bio-Standards geführt. 20 Kühe und 27 Kälber leben dort. In den vergangenen 140 Jahren sei es schwieriger geworden, zu überleben, sagt Mühlbachler. Der 41-Jährige ist Bio-Bauer aus Überzeugung – sonst hätte er den Hof schon längst an den Nagel gehängt: „Billige Massenproduktion und strenge Vorschriften erschweren die biologische Bewirtschaftung. Qualität muss wieder etwas Wert sein“, fordert er. Daher unterstützt er auch die Idee von Habacher und Stangl.
Die Produkte von Rebel Meat werden in Wien produziert und richten sich an alle „umweltbewussten Fleischesser“. Missionieren wolle man niemanden, den Fleischkonsum keineswegs verbieten, so Habacher: „Viele Menschen wollen einfach (noch) nicht zur Gänze auf Fleisch verzichten.“ Ein rein vegetarischer Lebensstil sei mitunter sogar weniger nachhaltig als das Fleischesser-Dasein: Etwa, wenn das Soja für Ersatzprodukte vom anderen Ende der Welt komme.
Erfolg trotz Corona
Fokussieren wollte man sich ursprünglich auf die Gastronomie, ein Auftritt in der Puls-4-Start-up-Show „2 Minuten, 2 Millionen“ brachte Reichweite und Investoren. Dann kam – wie in so vielen Geschichten des vergangenen Jahres – Corona. „Einzelne Gastronomen sind uns wegen des Lockdown abgesprungen, das hat natürlich wehgetan“, sagt die heute 33-jährige Habacher.
Trotzdem zählt man mittlerweile rund 30 Partnerrestaurants, darunter bekannte Lokale wie die Wiener Burgerlover oder die Kette Omnom Burger. Zudem beschleunigte Corona den Gang in den Einzelhandel: Ab kommender Woche findet man vier neue Produkte von Rebel Meat im Supermarkt – darunter Bratwürstel und Käsekrainer. Der nächste große Schritt ist der deutsche Markt: Dieser soll spätestens Anfang des nächsten Jahres folgen.
Landwirt Mühlbachler ist überzeugt von den Produkten und schätzt den Fokus, den Rebel Meat auf biologische, kleinstrukturierte Landwirtschaften legt. Er hofft, dass es viele weitere dem Start-up gleich tun werden. Aufgeben käme für ihn nicht in Frage: „Ich mach’ keine halben Sachen.“
7 Personen sind im bei Rebel Meat beschäftigt
30 Gastro-Partner haben die Produkte bereits auf der Karte
800 Filialen im Lebensmitteleinzelhandel beliefert das Unternehmen – sowie mehrere Großhändler und Online-Shops
100 Tausend Fleischlaberl hat Rebel Meat im Vorjahr verkauft