Chronik/Österreich

Der schrumpfende Süden: Kärntens Problem mit der Bevölkerung

„Lust am Leben“ – das ist der offizielle Tourismusslogan des Landes Kärnten. Lust, auch dauerhaft in Kärnten zu leben, verspüren jedoch zunehmend weniger Menschen.

Ende November 2019 veröffentlichte die Statistik Austria ihre langfristige Prognose der Bevölkerungsentwicklung Österreichs. Und die lautet so: Österreich wird 2080 an der 10-Millionen-Einwohner-Marke kratzen, Wien auf 2,3 Millionen zusteuern, von Vorarlberg bis ins Burgenland werden Zuwächse prognostiziert.

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Zusammengefasst: Ganz Österreich wächst.

Ganz Österreich? Nein. Denn ein kleines Bundesland im äußersten Süden widersetzt sich dem Bundestrend. Bereits zwischen 2002 und 2019 stagnierte die Kärntner Bevölkerung, während sich alle anderen Länder im stabilen Plusbereich bewegten. Im Schnitt wuchs Österreich in diesem Zeitraum um rund 10 Prozent, in Kärnten waren es gerade einmal 0,2 Prozent.

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Bis 2080 sagen die Statistiker Österreich ein Wachstum um weitere 12,1 Prozent voraus, Kärnten aber einen deutlichen Bevölkerungsverlust von 6,4 Prozent.

Ein Problem, denn fehlt die Bevölkerung, fehlt auch das Geld (siehe Infobox unten).

Aber warum gerade Kärnten?

Neben der negativen Geburtenbilanz – die auch andere Bundesländer aufweisen – ist dafür die negative Binnenwanderungsbilanz verantwortlich. Das heißt, Jahr für Jahr ziehen mehr Menschen aus Kärnten in andere Bundesländer als umgekehrt.

Brain-Drain

Und es sind vor allem die Jungen, gut Ausgebildeten, die gehen: Über die Hälfte der Exil-Kärntner verfügt über einen Hochschulabschluss, über 80 Prozent verließen ihre Heimat im Alter zwischen 15 und 34 Jahren.

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Diese Zahlen hat die Volkswirtin Birgit Aigner-Walder von der FH Kärnten erhoben. Sie hat sich in ihrer gleichlautenden Studie intensiv mit diesem „Brain-Drain in Kärnten“ auseinandergesetzt. Ihre Forschung zeigt jedoch auch, dass es anders kommen könnte als prognostiziert.

Über die Hälfte der Befragten hätte das Land bei besseren beruflichen Perspektiven nicht verlassen. Und ebensoviele könnten sich eine Rückkehr vorstellen – bei entsprechenden Karriereaussichten für sich und ihre Partner.

Maßnahmenbündel

Ein klarer Auftrag für die Politik, dem sich das Land nun auch verstärkt annehmen will. Auf Knopfdruck funktioniert so etwas aber nicht. Es braucht eine Vielzahl an Maßnahmen, wie auch der Landeshauptmann weiß: „Wie bei einem Uhrwerk müssen da kleine Rädchen ineinandergreifen, um die großen Zeiger zu bewegen“, betont Peter Kaiser.

Warum ist eine schrumpfende Bevölkerung ein Problem? Kurz gesagt, weil der öffentlichen Hand dann das Geld fehlt.

Einerseits, weil Länder und Gemeinden Steuergelder vom Bund über den Finanzausgleich anhand ihrer Bevölkerungszahl zugewiesen bekommen. Mit anderen Worten: Mehr Einwohner, mehr Geld.

Andererseits aber auch, weil die Kosten der Daseinsvorsorge pro Einwohner bei rückläufiger Bevölkerungszahl steigen.

Zusätzlich besteht – insbesondere im ländlichen Raum – die Gefahr einer Negativspirale, betont Volkswirtin Birgit Aigner-Walder: Schrumpft die Bevölkerung, sinkt das Angebot, was wiederum weitere Abwanderung auslösen kann.

Moderne Infrastruktur, gute Kinderbetreuungs- und Bildungsangebote, hochqualititive Gesundheitsversorgung, leistbares Leben, Umweltschutz, Maßnahmen zur Unterstützung von Wirtschaft und Industrie – die Liste des SPÖ-Landeschefs ist lange.

Kaiser nimmt aber alle im Land in die Pflicht. „Sagt nicht nur, was das Land zu tun hat, sagt was ihr für das Land tun werdet“, schrieb er jüngst in seinem Blog.

Ab in den Süden

Gut möglich, dass Kaiser beim Schreiben dieser Zeilen Margit Heissenberger vor Augen hatte. Die Rückkehrerin gründete 2015 nach 27 Jahren im Ausland mit Mitstreitern die „Initiative für Kärnten“ (IFK). Deren Ziel: Sich Projekte zu überlegen, um „Kärnten in ein Zuwanderungs- bzw. Ansiedlungsland umzuwandeln“.

Besonders erfolgreich war dabei das Projekt „Go Carinthia“, das nicht nur als Anlaufstation für Rückkehrwillige diente, sondern diese auch gleich mit Unternehmen zusammenbrachte.

Tatsächlich war das Projekt so erfolgreich, dass es nun vom Land übernommen und in das „Carinthian Welcome Center“ umgewandelt wird. Für Heissenberger eine schöne Sache: „Das ist etwas, das sich gelohnt hat, da haben wir einiges auf Schiene gebracht“, erzählt sie.

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Nun soll die Sache weiter Fahrt aufnehmen. Am Montag präsentiert Kaiser gemeinsam mit dem für Regionalentwicklung zuständigen ÖVP-Landesrat Martin Gruber nämlich nicht nur das „Welcome Center“, sondern gleich ein umfassendes Standortmarketing-Konzept.

Seit Juni 2019 wurde dieses in einem breit aufgesetzten Prozess unter Einbeziehung zahlreicher Betroffener, vom AMS bis zur Wirtschaftskammer (WK), erarbeitet.

Kein Wunder also, dass sich auch der Kärntner WK-Präsident Jürgen Mandl über den Startschuss freut. Doch er mahnt auch: Selbst das beste Konzept müsse man zehn Jahre durchhalten, damit es greifen könne. „Nur in der Kontinuität wird sich die Wirkung entfalten.“