Chronik/Österreich

Schneechaos: In steirischen Nordalpen höchste Lawinenwarnstufe

Zum zweiten Mal innerhalb von nur vier Tagen hat die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) am Dienstag die höchste Schneewarnstufe (rot) ausgegeben. Bis Donnerstag waren an der Nordseite der Alpen verbreitet 20 bis 60 Zentimeter Neuschnee zu erwarten, auf den Bergen auch mehr als ein Meter, so ZAMG-Meteorologe Alexander Ohms.

"Das gilt vor allem für Vorarlberg, Nordtirol, Salzburg, die nördliche Obersteiermark, die Oberösterreichischen Voralpen und das Mostviertel. Außerdem weht zeitweise kräftiger, auf den Bergen teils auch stürmischer, Wind aus West bis Nordwest", sagte der Fachmann. Die laufend aktualisierte Übersicht über die Wetterwarnung der ZAMG finden sie hier.

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Sieben Tote in den letzten Tagen

Das Schneechaos in weiten Teilen Österreich hat in den letzten Tagen bereits sieben Todesopfer gefordert. Am Wochenende waren fünf Menschen ums Leben gekommen. Am Sonntag waren zwei deutsche Skifahrer in Vorarlberg von einer Lawine mitgerissen und verschüttet worden. Wenige Stunden zuvor war ein 26-jähriger Deutscher im Bregenzerwald durch eine Lawine getötet worden.

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Ebenfalls jede Hilfe zu spät kam für eine 24-jährige Schweizerin, die am Sonntagnachmittag bei einem Unfall im Skigebiet Schafberg tödlich verunglückte. Selbiges galt für einen 35-Jährigen Slowenen, der in Zauchensee im freien Gelände unterwegs war, stürzte und im Tiefschnee stecken blieb. Die Hilfe der Einsatzkräfte kam zu spät. Am Montag wurden schließlich zwei vermisste Schneeschuhwanderer im Tennengau tot aufgefunden.

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Ein 39-jähriger Snowboarder konnte am Montagabend in Westendorf (Bezirk Kitzbühel) hingegen unter großer Lawinengefahr aus einer alpinen Notlage geborgen werden. Nach einer ersten erfolglosen Suche durch die Pistenrettung und Bergbahnangestellte musste die Bergrettung alarmierten werden, die den Dänen schließlich bergen und ins Tal bringen konnte, teilte die Polizei mit.

Elf Urlauber aus Almhütte gerettet

Bei St. Koloman (Tennengau) hat die Bergrettung am Montagabend elf Urlauber aus einer eingeschneiten Almhütte befreit. Die Gruppe aus München hatte die Polizei gerufen, weil sie seit Tagen keinen Strom mehr hatte und die Vorräte langsam zu Ende gingen. Der Bürgermeister der Gemeinde sorgte dann dafür, dass die gesperrte Zufahrtsstraße in den Tauglboden geräumt wurde und alarmierte die Bergrettung.

Glück hatten Tourengeher am Schneeberg, die bei einer kontrollierten Lawinensprengung die Absperrung der Skiroute missachteten und über die Absperrbänder stiegen.

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Mittlerweile gibt es auch gute Nachrichten von der Winterfront. Seit Dienstagfrüh waren - zumindest vorläufig - wieder alle Salzburger Gemeinden erreichbar. Die Katschbergstraße (B99) zwischen Untertauern und Obertauern war seit 8.00 Uhr für Fahrzeuge mit Schneeketten oder Allradantrieb für den Verkehr geöffnet, die Verbindung sollte aber spätestens um 16.30 Uhr wieder gesperrt werden. Auch Weißbach bei Lofer war nicht mehr von der Außenwelt abgeschnitten.

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Der Ort war zumindest von Saalfelden aus erreichbar. "Wie lange, wissen wir aber nicht", sagte Bürgermeister Josef Michael Hohenwarter (ÖVP) zur APA. Zudem bleibe die Pinzgauer Straße (B311) Richtung St. Martin bei Lofer wegen Lawinengefahr weiterhin zu. Unterdessen wurde am Dienstagvormittag auch die Sperre der Felbertauernstraße im Pinzgau wieder aufgehoben.

Lawine verlegte Gemeindestraße

Im Tiroler Zillertal hat eine Lawine eine Gemeindestraße in Finkenberg auf einer Länge von rund 100 Metern verlegt. Dies berichtete der ORF Tirol. Anschließend wurde ein Suchaktion nach möglichen Vermissten gestartet. Nach rund zwei Stunden konnte jedoch Entwarnung gegeben werden. Die Straße sollte auf unbestimmte Zeit gesperrt bleiben, hieß es. Es gibt einen Ersatzweg, der etwa für medizinische Notfälle geöffnet wird. Von der Sperre sollen rund 80 Personen, darunter auch Touristen, betroffen sein.

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Stromausfälle

Im südlichen Niederösterreich ist am Dienstag in knapp 300 Haushalten der Strom ausgefallen. Die EVN war gemeinsam mit den Freiwilligen Feuerwehren im Einsatz, um defekte Trafostationen vorübergehend mit Notstromaggregaten zu ersetzen, sagte EVN-Sprecher Stefan Zach. Betroffen waren die Bezirke Lilienfeld und Scheibbs. "Über Nacht ist es immer wieder zu kleineren Stromausfällen gekommen."

Von den rund 300 am Dienstagvormittag betroffenen Haushalten lagen an die 200 in der Region um Annaberg und Gscheid (Bezirk Lilienfeld), der Rest um den Grubberg in Gaming (Bezirk Scheibbs). Bis Mittag sollten die Haushalte wieder Strom haben, hieß es von der EVN.

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Aufgrund der großen Schneemengen am niederösterreichischen Hochkar hat die Gemeinde Göstling (Bezirk Scheibbs) das Bundesheer um Hilfe gebeten. "Wir haben grünes Licht erhalten, dass wir Unterstützung vom Bundesheer bekommen", berichtete Bürgermeister Friedrich Fahrnberger (ÖVP) am Dienstag. Die Hochkar Alpenstraße bleibt bis auf Weiteres gesperrt, das Skigebiet wurde am Montag evakuiert.

Stürmisch und tiefwinterlich

Die Schneemassen haben jedenfalls noch kein Ende. Ein kräftiges Frontensystem eines Tiefs über der Ostsee erreicht laut UBIMET heute den Alpenraum und bringt besonders an der Alpennordseite neuerlich stürmische und häufig tiefwinterliche Verhältnisse. In den Nordalpen ist daher mit weiterem Neuschnee zu rechnen. Schnee und Regen stehen von Vorarlberg bis zum Innviertel an der Tagesordnung, der Niederschlag breitet sich im Laufe des Tages auf weite Teile des Landes aus.

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Der Schneefall klingt auch tagsüber in den Alpen nicht nennenswert ab. Von Oberkärnten bis zur Südsteiermark wird es wiederum zeitweise sonnig, auch im Osten zeigt sich heute Nachmittag kurz die Sonne. Nördlich der Alpen frischt auch wieder kräftiger bis stürmischer Westwind auf. Die Temperaturen erreichen 1 bis 7 Grad.

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30 bis 80 Zentimeter Neuschnee

Von Dienstag bis Donnerstag sind zudem an der Alpennordseite - von Vorarlberg über NordtirolSalzburg und die Dachstein-Region bis zum Mostviertel - 30 bis 80 Zentimeter Neuschnee zu erwarten, auf den Bergen stellenweise auch mehr als 100 Zentimeter, so die Prognose. Im Nordalpenraum werden bis Freitag sogar bis zu einem Meter Neuschnee erwartet. Wegen des kräftigen Winds muss man mit Schneeverwehungen rechnen.

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Die Lawinengefahr in Niederösterreich ist derweil weiter angestiegen. Neben den Ybbstaler Alpen galt am Dienstag auch in der Rax-Schneeberggruppe die zweithöchste Warnstufe 4. In den Türnitzer und Gutensteiner Alpen sowie im Semmering-Wechselgebiet wurde die Gefahr nach Angaben des Lawinenwarndienstes mit erheblich (Stufe 3) bewertet. Es wird von einer Verschärfung ausgegangen.

"Lawinensituation spitzt sich zu"

"Weiterer Neuschnee sorgt für eine steigende Schneelast, womit spontane Entladungen in Form von trockenen Schneebrett- und Lockerschneelawinen aus den Hochlagen zu erwarten sind", wurde im Lagebericht betont. "Zudem sind mit etwas ansteigenden Temperaturen und mit dem Regen auch Nass- und Gleitschneeentladungen in tieferen und mittleren Lagen möglich. Entlang steiler Wald- und Wiesenbereiche können durchaus auch Straßenbereiche betroffen sein." Im Tourenbereich sei die Situation "überaus heikel, mit Sturm und Neuschnee finden sich in sämtlichen Expositionen frische Triebschneepakete, selbst bis in bewaldete Bereiche herab".

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Tendenz, so der Warndienst: "Die Lawinensituation spitzt sich mit weiteren intensiven Neuschneemengen (speziell in den Ybbstaler Alpen) und anhaltendem Sturm weiter zu!" In Vorarlberg hat die Lawinengefahr von Montag auf Dienstag hingegen auf Stufe 3 (erhebliche Lawinengefahr) abgenommen. Die Situation blieb allerdings angespannt, unerfahrenen Wintersportlern wurde von Touren außerhalb des gesicherten Skiraums weiterhin dringend abgeraten. Mit den prognostizierten Schneefällen sollte in der Nacht auf Mittwoch die Lawinengefahr zudem schon wieder deutlich ansteigen.

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