Burkaverbot: Rekord an Strafen in Salzburger Urlaubsort
Von Matthias Nagl
So kontrovers bei der Einführung die Diskussion um das Burkaverbot war, so unterschiedlich sind zwei Jahre
danach die tatsächlichen Auswirkungen. In Wien spielt das mit Anfang Oktober 2017 in Kraft getretene Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz kaum eine Rolle mehr. In Zell am See ist die Zahl der Organmandate dagegen auf Rekordniveau.
Die Wiener Polizei erfasst die Zahl der Anzeigen bereits seit Ende 2017 nicht mehr gesondert. Ein Verstoß sei quasi ein Bagatelldelikt. „Im Gegensatz zu vielen anderen kommt diese Verwaltungsübertretung in Wien sehr selten vor“, teilt Polizei-Pressesprecher Paul Eidenberger mit. Eine parlamentarische Anfrage gibt zumindest Auskunft über Zahlen zum vergangenen Jahr.
2018 gab es laut Antwort des Innenministeriums an die SPÖ-Abgeordnete Doris Margreiter in Wien 62 Anzeigen. Verglichen mit den letzten drei Monaten 2017, als es 25 Anzeigen gab, begann der Rückgang bereits damals. Auch von Wien Tourismus heißt es, dass sich das Thema nach der anfänglichen Aufregung sehr schnell beruhigt habe.
„Nichts Auffälliges“
„Es hat unseres Wissens nach nichts Auffälliges, keine Zwischenfälle und keine Beschwerden gegeben“, sagt Sprecherin Andrea Zefferer. Dabei war Wien im vergangenen Jahr der Hotspot, was Anzeigen betrifft. Im gesamten restlichen Bundesgebiet gab es 2018 nur 34 weitere Anzeigen.
Drei davon kamen aus Zell am See. Die Bezirkshauptstadt des Pinzgau ist bei arabischen Touristen besonders beliebt. Das macht sich auch in der Polizeistatistik bemerkbar. Anzeigen gab es zwar nur wenige, dafür gab es 2018 insgesamt 231 Organmandate aufgrund des Anti-Gesichtsverhüllungsgesetzes.
Seit 2017 in Kraft
Anfang Oktober 2017 trat das von der damaligen SPÖ-ÖVP-Regierung beschlossene Anti-Gesichts-Verhüllungsgesetz nach hitzigen Diskussionen in Kraft. Neben Burkas betrifft das Gesetz auch Verhüllungen, die nicht aufgrund der Witterung notwendig erscheinen, etwa Schals vor dem Gesicht bei Fußballfans im Sommer.
Aktuelles in Zahlen
96 Anzeigen gab es 2018 bundesweit. Das ist ein geringfügiger Anstieg gegenüber 52 Anzeigen, die es in den ersten drei Monaten 2017 gab.
0,546 Millionen Nächtigungen arabischer Touristen gab es von Mai bis Juli in ganz Österreich. Das ist eine geringfügige Zunahme in der Höhe von 3,8 Prozent.
Von einer Entspannung oder einem Rückgang kann in Zell am See aber keine Rede sein. Die Zahlen von 2018 wurden heuer bereits bis Anfang Oktober deutlich übertroffen. Seit Jahresbeginn gab es 364 Organmandate, allerdings keine einzige Anzeige. Im restlichen Bundesland Salzburg gab es nicht einmal ein zusätzliches Organmandat.
„Im Gegensatz zu vielen anderen kommt diese Verwaltungs-Übertretung in Wien sehr selten vor.“
Sprecher Polizei Wien
Der Grund für die vielen Strafen ist schnell erklärt: Die neue Stadtpolizei patrouilliert seit Ende des vergangenen Jahres verstärkt auf den Straßen der Bezirkshauptstadt. „Die Stadtpolizei ist da sehr aktiv, dadurch ist der Kontrolldruck höher“, heißt es beim Bezirkspolizeikommando Zell. Die Strafzettel werden von den arabischen Touristen offenbar aber akzeptiert. Denn Anzeigen, die ausgesprochen werden, wenn die Strafe nicht beglichen wird, gab es keine einzige.
Weniger Nächtigungen
Das zeigen auch die Erfahrungen von Wien Tourismus. „Soweit uns bekannt, wurde das bei der Einführung als neue Maßnahme hingenommen, an die man sich hält“, erklärt Zefferer. Völlig gleichmütig wird das Verbot in der arabischen Welt aber nach wie vor nicht wahrgenommen. Bei einem Lokalaugenschein in Zell im Sommer sagte Tourist Mujib zum KURIER: „Einige Leute aus meiner Familie kommen deshalb nicht mehr her oder bleiben in Deutschland. Es ist ein Problem für Moslems.“
Das belegen auch die jüngsten Tourismuszahlen aus der Region, die dem KURIER vorliegen. Die großen Zuwachsraten bei arabischen Touristen sind schon das zweite Jahr in Folge vorbei. Nach einem merklichen Rückgang im vergangenen Sommer gingen die Nächtigungen in der Region Zell am See-Kaprun von Mai bis August geringfügig um 0,6 Prozent zurück.
Insgesamt gab es dort in den ersten zwei Dritteln der touristischen Sommersaison exakt 292.247 Nächtigungen. Trotz eines Rückgangs bei den Nächtigungen stiegen die Strafen aufgrund des Burkaverbots in Zell also deutlich an.