Autofahrer: Valium-Konsum bald wie Drogen am Steuer bestraft
Ab dem Herbst könnte es wieder so sein, dass Autofahrer vor Polizisten auf einem Bein stehen müssen oder entlang einer Linie laufen müssen. Ältere Autofahrer werden sich noch daran erinnern, dass dies in den 70er- oder 80er-Jahren bei Promilleverdacht der Fall war. Bei Drogenlenkern wäre das aber kein Rückschritt, sondern ein „Meilenstein“, sagt Generalmajor Martin Germ vom Innenministerium.
Am Montag wurde, wie vom KURIER vorab berichtet, dem Parlament von der Regierung ein neue Straßenverkehrsordnung zur Begutachtung vorgelegt. Die hat es in sich und gibt den Polizisten ganz neue Möglichkeiten im Kampf gegen Drogenlenker, unter die künftig auch die Benziodiazepine (Psychopharmaka wie Valium) fallen werden. So sollen nicht mehr Amtsärzte, sondern künftig Polizisten die Fahruntauglichkeit feststellen können. Dafür sollen rund 300 Beamte speziell geschult werden.
Polizei und Pupille
„Das bedeutet etwa die Pupillenreaktion kontrollieren oder einen Merktest mit dem Lenker machen“, erklärt Germ. „Irgendwie müssen wir es schaffen, alles an die Alkoholregeln anzupassen“, betont der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl. Denn das Problem Drogen am Steuer werde immer größer.
Vergleicht man mit dem Ausland und rechnet hoch, dann sollten in Österreich rund 7.000 Drogenlenker pro Jahr ins Netz gehen statt derzeit 2.000 bis 3.000.
Diese Lücke will die Polizei mit den verschärften Maßnahmen schließen. Hinter der Änderung eines halben Wortes versteckt sich dabei eine ziemliche Bombe: Denn aus „Suchtgift“ werden „Suchtmittel“ – damit sind erstmals auch Benzodiazepine ausdrücklich erfasst, wie das Innenministerium bei einem Hintergrundgespräch bestätigte.
Man wolle nun nicht mehr zwischen legalen und illegalen Rauschzuständen unterscheiden. Benzodiazepine, auch bekannt als „Benzos“, die in der Psychiatrie oder gegen Schlaflosigkeit verschrieben werden und von vielen Österreichern etwa in Form von Valium als Schlafmittel benutzt werden, sollen nun getestet werden. Dafür muss der (geschulte) Beamte vor Ort aber eine Beeinträchtigung feststellen. Diese Pläne sind seit Jahrzehnten umstritten, weil die „Benzos“ großflächig verschrieben werden.
Zwei Polizisten pro Bezirk
Mindestens zwei Polizisten pro Bezirk sollen laut Innenministerium für das Erkennen von Drogen in einer dreitägigen Schulung fit gemacht werden. Das Verkehrsministerium will diese Regelung noch vor dem Sommer in Kraft treten lassen, doch dafür benötigt sie die Hilfe der Opposition. Denn ein wesentlicher Punkt des Paketes ist ein verpflichtender Bluttest für verdächtige Drogenlenker. Das widerspricht allerdings Verfassungsbestimmungen, wonach sich ein Verdächtiger nicht selbst belasten muss. Bisher musste man derartigem zustimmen. Will man das durchbringen, dann benötigt man im Parlament eine Zwei-Drittel-Mehrheit, also Stimmen der Opposition.
Die SPÖ „prüft“ den Vorschlag: „Klar ist, dass die offenen Fragen mit Experten diskutiert werden müssen“, erklärt Jörg Leichtfried, stellvertretender SPÖ-Klubvorsitzender. Auch die Neos sind eher skeptisch. Douglas Hoyos, Verkehrssprecher der Neos: „Wir sind bei Eingriffen in Grundrechte sehr vorsichtig. Es muss genau definiert werden, wie das Personal, das solche Kontrollen durchführen soll, geschult wird.“
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Benzodiazepine
Das sind „Benzos“: Sie bestehen chemisch aus einem ringförmigen Benzol- (Kohlenwasserstoff) und einem Diazepinring, deshalb der Name. Bekannte Medikamente sind Diazepam (Valium) oder Lorazepam.
So wirken sie Verschrieben werden sie bei Schlafstörungen, Panikattacken oder Alkoholentzug. Rund 140.000 Österreicher gelten als süchtig. „Benzos“ wirken beruhigend und angstlösend.