Chronik/Österreich

Aus für autofreien Hauptplatz: „Verkehrswende ist ein Marathon“

Jahrelang wurde darüber diskutiert, den Verkehr – bis auf wenige Ausnahmen – vom Linzer Hauptplatz zu verbannen. Der ist nämlich weniger Flaniermeile als Zubringer zur Nibelungenbrücke, auf der ein Großteil der Tagespendler aus dem Mühlviertel die Donau quert.

Am Mittwoch startete FPÖ-Verkehrsstadtrat Markus Hein einen Versuch für den autofreien Hauptplatz. Nur um am Freitag bereits wieder das Aus für das Projekt bekannt zu geben: „Wir kehren am Montag in der Klosterstraße zur alten Regelung wieder zurück.“ Hier sollte eine Fußgängerzone die Autos über den Sommer vom angrenzenden Platz fernhalten.

„Wir brauchen, bevor wir den Linzer Hauptplatz für den Durchzugsverkehr wirklich sperren, alle neuen Donaubrücken. Als Bypass ist er bis dahin noch notwendig“, lautet Heins Fazit, nachdem es am ersten Testtag zu massiven Staus gekommen war.

Das war jedoch einer Ausnahmesituation geschuldet. Den am selben Tag hielten Radfahrer auf der Nibelungenbrücke eine Demonstration ab, die in jede Richtung eine Fahrspur beanspruchte.

„Eine Verkehrswende ist ein Marathonlauf. Wenn ich nach zwei Kilometern aufgebe, ist das zu früh“, sagt Christian Gratzer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) zu dem blitzartig beendeten Testlauf. „Es braucht Zeit, bis sich gewohntes Verkehrsverhalten umstellt“, sagt er. Zwei Tage seien dafür zu kurz.

Verkehrsberuhigungen in großen Städten gehen in Österreich selten geräuschlos über die Bühne. Man erinnere sich an die Startphase der Begegnungszone in der Wiener Mariahilfer Straße. Das Projekt sorgte für derart viele Schlagzeilen, dass das Kürzel „Mahü“ bald auch in Restösterreich ein Begriff war.

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In Linz soll es laut Hein 2024, wenn alle derzeit laufenden Brückenbauprojekte abgeschlossen sind, einen neuen Anlauf für den autofreien Hauptplatz geben. So sieht es auch SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger: „Sobald alle vier Brücken in der Stadt fertig und für den Verkehr freigegeben sind, bin ich nach wie vor dafür, dass wir den Hauptplatz für den Durchzugsverkehr sperren.“

Dann soll auch eine Bus- und Fahrradspur für die Nibelungenbrücke geprüft werden, stellt Luger in Aussicht. Dass sich derzeit Radfahrer und Fußgänger den Gehsteig teilen müssen, sorgt immer wieder für gefährliche Situationen. Genau das war der Auslöser für die Rad-Demo am Mittwoch.

Umstiegsdilemma

„Auf stark befahrenen Straßen fährt kaum jemand mit dem Fahrrad“, weiß Verkehrsexperte Gratzer. Dabei bräuchte es laut ihm gerade direkte Radverbindungen, um auch Auto-Pendler zum Umsatteln auf den Drahtesel zu animieren. E-Bikes würden das inzwischen selbst für Bewohner hügeliger Regionen interessant machen.

Linz wurde jedoch über Jahrzehnte auf den Autoverkehr ausgerichtet, der Ausbau des öffentlichen Verkehrs – eine weitere theoretische Alternative für die vielen Pendler – hinkt jedoch nach.

Auch mit diesem Problem steht Linz als Stadt in Österreich nicht alleine da. Um das zu lösen braucht es laut Gratzer „eine viel stärkere Zusammenarbeit der Städte mit den umliegenden Bezirken. Das geht nur gemeinsam.“