Chronik/Österreich

Anschlag von Kindberg: Der Mord an Adolf Fuchs

Es war der 30. Oktober 2000 kurz nach 10.30 Uhr, als der Spielwarenhändler Adolf Fuchs in Kindberg in seinen schwarzen Citroen stieg. Er drehte den Zündschlüssel um und fuhr los. Der 62-Jährige war auf der Hauptstraße Richtung Semmering Schnellstraße unterwegs, als das Auto auf einmal langsamer wurde. Eine Sekunde später machte es einen ohrenbetäubenden Knall. Das Auto explodierte. Adolf Fuchs war sofort tot.

Ein Ermittlungsteam unter der Leitung von Herbert Fuik machte sich sofort auf den Weg zum Tatort. Die Umstände der Explosion waren zu diesem Zeitpunkt noch völlig unklar. „Adolf Fuchs hat auch mit pyrotechnischen Gegenständen gehandelt. Die erste Annahme war, dass beim Transport etwas passiert ist“, sagt Fuik.

Doch als sie das völlig zerfetzte Wrack sahen, wurde ihnen klar: Für eine derart starke Explosion hätten Feuerwerkskörper nicht ausgereicht. Es war eine Bombe, deponiert unter dem Autositz.

Kindberg unter Schock

Der Fall Adolf Fuchs gilt bis heute als ungeklärt und hat nicht nur die 8.700-Einwohner-Gemeinde in der Steiermark erschüttert, sondern auch die Ermittler vor große Herausforderungen gestellt. Denn auch beim Auto des Sohnes von Adolf Fuchs, das gleich neben dem seines Vaters geparkt war, schlug der Sprengstoffhund an. Nachdem die Beamten das Fahrzeug mit einem Roboter untersucht hatten, brauchte es noch einen letzten Schritt, um eine weitere Bombe auszuschließen. Franz Moherndl, damals einer der Entschärfer des Innenministeriums, musste eine Runde mit dem Auto drehen. Diese Fahrt hat er bis heute nicht vergessen. „Ich bin wie auf rohen Eiern gesessen und wusste, wenn jetzt etwas passiert, krieg’ ich nichts mehr mit“, erzählt er.

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Tödliche Geschäfte

Nachdem die Gefahr gebannt war, begann die Suche nach dem Motiv. Wer hätte einen Grund, einen Spielwarenhändler aus Kindberg zu töten? Die Ermittler fanden recht bald einen. Adolf Fuchs verkaufte nämlich nicht nur Spielzeug, sondern machte noch andere Geschäfte. So brachte er gebrauchte Autos in die Slowakei und verleaste sie. Und er kaufte Grundstücke dort. Seine Geschäftspartnerin in der Slowakei war Andrea S. Sie kannte die Familie Fuchs seit Jahren, soll zeitweise sogar bei ihnen gewohnt und mit dem Sohn liiert gewesen sein.

Die Geschäfte liefen reibungslos - bis Andrea S. den mehrfach vorbestraften Ukrainer Alexander S. kennenlernte und später heiratete. „Da haben die Probleme angefangen“, sagt Ermittlungsleiter Herbert Fuik. So haben Andrea und Alexander S. die Leasingraten nicht mehr an Adolf Fuchs übergeben, Autos sind verschwunden.

Der Kindberger erstattete daraufhin Anzeige wegen Betrugs. Eine verhängnisvolle Entscheidung, wie sich später herausstellen sollte. Denn was Fuchs nicht wusste: Alexander S. war nicht irgendein Kleinkrimineller, sondern Mitglied einer ukrainischen Mafiaorganisation.

Wie die Ermittler herausfanden, waren immer wieder Menschen in seinem Umfeld auf mysteriöse Weise verschwunden oder umgekommen. Für den Bombenanschlag auf Adolf Fuchs soll er einen Slowaken namens Richard M. beauftragt haben. Aufzeichnungen der Zöllner an der Grenze belegten, dass Alexander S. und Richard M. zehn Tage vor der Tat gemeinsam nach Österreich eingereist waren – offenbar, um Fuchs auszuspionieren. Und Richard M. am 30. Oktober 2000 allein nach Kindberg kam, um offenbar die selbst gebaute Bombe mit hochbrisantem militärischem Sprengstoff im Auto zu deponieren und anschließend per Fernzünder zu zünden.

Schließlich reichten die Indizien für einen Haftbefehl gegen Alexander S. Slowakische Spezialkräfte nahmen ihn am 2. Februar 2001 in seiner Wohnung östlich von Bratislava fest. Dort stießen sie auf Zeitungsausschnitte der Berichte über Kindberg. „Darauf war mein Name mit Marker angestrichen. Da ist mir anders geworden. Ich habe meine Familie in Sicherheit gebracht und jeden Tag unter mein Auto geschaut, ob irgendwo eine Bombe liegt“, erinnert sich Ermittler Herbert Fuik, der bei der Hausdurchsuchung dabei war.

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Verschwunden

Auch Richard M. sollte festgenommen werden. Doch als die Polizei seine Wohnung stürmte, war er verschwunden. Das letzte Mal gesehen wurde er in einem Gasthaus in seinem Heimatort, wo er sich mit zwei russisch-sprachigen Männern unterhielt. Die Theorie der Ermittler: Es waren Männer von Alexander S., die ihn aus dem Weg räumten, damit er ihn im Fall Adolf Fuchs nicht belasten konnte.

Ohne Richard M. fehlte den Behörden das entscheidende Puzzlestück, um Alexander S. wegen des Auftrags zum Mord anzuklagen. Bei einem Prozess am 26. Juli 2001 in Leoben wurde er wegen schwerer Erpressung, Nötigung und Betrug an Adolf Fuchs zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt – ausgerechnet aufgrund der Anzeige, die Adolf Fuchs kurz vor seinem Tod gemacht hatte und die ihm zum Verhängnis wurde. Das Oberlandesgericht Graz reduzierte die Strafe später noch um ein Jahr. Auch Andrea S. konnte eine Beteiligung an dem Bombenanschlag nie nachgewiesen werden. Bei ihrer Einvernahme gab sie an, von nichts gewusst zu haben.

Der Sohn von Adolf Fuchs führte noch bis 2011 einen Zivilgerichtsprozess gegen Andrea und Alexander S., jedoch ohne Erfolg. Er glaubt, der Tod seines Vaters könne nur dann aufgeklärt werden, wenn Richard M. wieder auftaucht. Die Ermittler halten das aber für unwahrscheinlich. Somit wird der Mord an Adolf Fuchs wohl ungesühnt bleiben.

Hinweise per Mail an dunklespuren@kurier.at oder an das Landeskriminalamt Steiermark unter 059133-60 3333.

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