Chronik/Österreich

700 neue Mitarbeiter für Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung benötigt

Die Uhr tickt. Bereits im kommenden Herbst sollen erste Pilotregionen starten, in denen der von der Landesregierung für 2026/27 flächendeckend versprochene Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem Alter von zwei Jahren erprobt werden soll.

Bildungslandesrätin Cornelia Hagele (ÖVP) hat dabei Osttirol, das Außerfern und den Innsbrucker Zentralraum im Visier, wie sie am Mittwoch bei einer Pressekonferenz im Landhaus ankündigte. Dabei wurde eine Maßnahme präsentiert, die bei einem der großen Schwachpunkte des Vorhabens ansetzt: dem Personal. Hier gibt es jetzt schon einen Mangel – ohne den geplanten Ausbau.

12 Prozent mehr

Derzeit sind im Bereich der Kinderbetreuung 3.200 Pädagoginnen und 3.000 Assistenzkräfte beschäftigt. „Wir rechnen damit, dass wir 10 bis 12 Prozent an zusätzlichem Personal brauchen", so Hagele. Die Tiroler AMS-Chefin Sabine Platzer-Werlberger machte es mit der Zahl von „mindestens 700 Menschen in den nächsten Jahren“ greifbar, um welche Dimensionen es geht.

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Einen „wesentlichen und wichtigen Baustein“ für die Gewinnung von ausreichend Mitarbeitern nannte Arbeitslandesrätin Astrid Mair (ÖVP) eine nun startende Implacementstiftung. Unter Zusammenarbeit von Land, AMS und der Tiroler Arbeitsmarktförderung GmbH (amg) können dabei 90 Arbeitslose bis Ende 2026 eine geförderte Ausbildung im Bereich Elementarbildung absolvieren.

Platzer-Werlberger sieht in diesem Angebot vor allem eine Chance, „Frauen mit relativ niedrigen Bildungsabschlüssen, die immer wieder arbeitslos werden“ einen „Weg aus prekären Dienstverhältnissen“ zu bieten. Man werde aber auch alles tun, um Männer zu informieren.

Raus aus Hilfstätigkeiten

Im Fokus stehen jedoch Frauen. Und zwar jene, die etwa in der Reinigungsbranche arbeiten oder Hilfstätigkeiten im Handel, Gastronomie oder Hotellerie verrichten, erklärte die AMS-Leiterin.

Angesichts des immensen Personalbedarfs erscheinen aber 90 Plätze in der Stiftung, die das Land mit 245.000 Euro finanziert, bei Weitem nicht ausreichend. Hagele stellte aber klar, dass die 700 zusätzlichen Mitarbeiter nicht von heute auf morgen gebraucht werden. Für den Start der Pilotregionen geht die Bildungslandesrätin davon aus, dass er mit den verfügbaren Ressourcen zu schaffen ist.

Das heißt aber auch jene zu halten, die zwar eine Ausbildung machen, dann aber in andere Bereiche wechseln. Hier will Hagele ebenfalls ansetzen und weiß: „Der Schlüssel für das Gelingen ist das Personal.“ Darum soll für den Beruf geworben werden, aber auch das „Dienst- und Besoldungsrecht attraktiver gemacht werden.“ Also mehr Geld für den Job.

Richtig heikel wird es dann in zweieinhalb Jahren. Da möchte die schwarz-rote Landesregierung den Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz – oder vielmehr auf dessen Vermittlung, wie immer wieder betont wird – gesetzlich verankern.

Nachfrage als Variable

„Ich glaube nicht, dass wir das gesamte Personal ab dem ersten Tag brauchen“, vermutet Hagele. Sie rechnet nämlich damit, dass die Nachfrage nach Betreuungsplätze und damit auch der Bedarf an Mitarbeitern sukzessive ansteigen wird. Mehr wisse man aber wohl, wenn die Pilotregionen im Laufen sind. Nächstes Jahr würden „drei bis vier weitere“ hinzukommen, kündigt die ÖVP-Landesrätin an.

Über das Angebot der Kinderbetreuung hofft die Landespolitik angesichts des generellen Arbeitskräftemangels wiederum, mehr Menschen in Vollzeitjobs zu bekommen. Oder zumindest „beiden Elternteilen die Erwerbsbeteiligung zu ermöglichen“, wie Mair das Ziel definiert.

Laut ihr lag die Teilzeitquote 2022 in Tirol bei 32,4 Prozent. Hier schlummert also noch Potenzial für zusätzliche Arbeitskraft, die sonst nur schwer zu finden ist. Denn laut der AMS-Chefin „haben wir annähernd Vollbeschäftigung in Tirol.“

Das Angebot

Die Ausbildungen für die Kinderbetreuungen im Rahmen der Implacementstiftung sollen noch im Frühjahr starten, die längste wird zwei Jahre dauern. Neben der Übernahme der Ausbildungskosten vonseiten des Landes Tirol erhalten die Teilnehmenden zudem eine finanzielle Basisleistung durch das AMS Tirol sowie einen von den Kooperationsbetrieben finanzierten Zuschuss. 

Konkret wird sogenanntes Stiftungsarbeitslosengeld ausbezahlt, das sich an der Höhe des jeweiligen Arbeitslosengeldanspruches orientiert. Es beträgt jedoch mindestens rund 30 Euro pro Tag

Neben den geförderten Ausbildungskosten und dem Stiftungsstipendium über das AMS leisten auch die jeweiligen Kooperationsbetriebe, in denen die Teilnehmer während der Ausbildung bereits arbeiten. einen Beitrag von 220 Euro pro StiftungsteilnehmerIn pro Monat. 

Davon werden 120 Euro zur Abdeckung der Betreuungsleistungen der amg-tirol verwendet und die Teilnehmenden erhalten eine ausbildungsbedingte Zuschussleistung in Höhe von 100 Euro pro Monat.