Nach Amoklauf: So tickt der mutmaßliche Doppelmörder Roland Drexler
Roland Drexler, jener Mann der kaltblütig zwei Jagdkollegen in Oberösterreich erschossen haben soll, wurde heute stundenlang im Burgenland gesucht. Zuvor wurde er noch im Wald in seiner Heimatgemeinde Altenfelden vermutet. Unabhängig davon, wo sich der mutmaßliche Todesschütze gerade aufhält, fragen sich immer mehr Menschen, speziell verängstigte Bewohner der Ortschaft Altenfelden, wie lange das Katz-und-Maus-Spiel noch dauern wird und wie es sein kann, dass Hunderte Polizisten dem 56-Jährigen nicht habhaft werden.
Spricht man mit Menschen, die den Verdächtigen kennen und fragt sie, wie der flüchtige Familienvater tickt, so lässt sich schon eher nachvollziehen, dass er sich Polizeisuchtaktionen und -kontrollen bisher erfolgreich entzog. Denn gerade im Wald soll Drexler ein Überlebensprofi sein, der seinen Verfolgern stets einen Schritt voraus sein dürfte. "Er ist zu 150 Prozent Jäger", erzählt seine langjährige Nachbarin Margit L., die den 56-Jährigen - zumindest so wie sie ihn kannte - in Schutz nimmt: "Es gab nie ein Problem mit dem Roland, er war freundlich und hilfsbereit."
Tierquäler oder Tierfreund?
Dass er Katzen gequält hat - so soll er laut Gerüchten im Dorf verletzte Tiere seinen Hunden zum Fraß vorgeworfen haben -, hält sie für Unsinn. "Bei uns werden oft Katzen überfahren, das hat ihn immer sehr getroffen." Drexler habe im Gegenteil ein "Händchen für Tiere". Für seinen gekonnten Umgang mit Jagdhunden soll er in der Jägerschaft bekannt sein.
Die Tatsache, dass der Beschuldigte seine geliebten Hunde - genau wie seine Mobiltelefone - vor der Tat in seiner Wohnung zurückließ, werten viele Gemeindebewohner in Altenfelden als Indiz, dass er die ihm vorgeworfenen Morde plante. Ebenso wie die anschließende Flucht. "Er soll sich vorbereitet und Proviant im Wald haben. Damit kommt der lang aus, der kennt jeden Schleichweg", weiß eine Gastronomin aus einem Gasthaus in der Nähe von Drexlers Jagdrevier. Da sie sich selbst zur Jägerschaft zählt, und wie die meisten im Ort irgendwann bei ihm aneckte, will sie anonym bleiben. Eine weitere Anrainerin bestätigt: "Der hat quasi im Wald gewohnt."
Ein normales Leben
Nachbarin Margit L. weiß um die Jagdleidenschaft Drexlers, den sie als sehr gewissenhaften und auch sehr gekonnten Waidmann beschreibt. Ihr zufolge habe er sich auf der Fuchsjagd einmal sogar bis in niederösterreichische Gänserndorf durchgeschlagen. Im Wald unbemerkt zu bleiben, dürfte dem Beschuldigten also nicht schwer fallen.
"Die Jagd ist sein Leben", ist die 64-Jährige überzeugt. Für sie auch die einzige "Erklärung", dass sich "beim Roland plötzlich ein Schalter umgelegt hat". Denn am Freitag habe er noch Rasen gemäht und sie in den Garten eingeladen. Generell sei Drexler ein ganz normaler Anrainer gewesen, der regelmäßig Freunde zu Besuch hatte, einen guten Job und ein an sich harmonisches Familienleben. Ein krasser Widerspruch dazu, wie ihn viele Altenfelder beschreiben: als Sonderling, der speziell in Verbindung mit Alkohol unangenehm werden konnte.
"Ein Pulverfass"
Bei dem letzten Treffen mit Drexler war Margit L. zufolge auch der drohende Entzug seines Jagdscheins ein Thema. Laut L. könnte dieser das Fass zum Überlaufen gebracht haben. "Ein Pulverfass", wie viele im Dorf im Nachhinein meinen.
Besonders schockiert sind die Bewohner, weil Drexler bei dem ihm zu Lasten gelegten Mord von Bürgermeister Franz Hofer, zwei Schüsse abgefeuert haben soll. Einen aus nächster Distanz mit einer Kurzwaffe, ehe er zurück zum Auto ging und den Flüchtenden offenbar mit einem Jagdgewehr richtete. Ähnlich berechnend der zweite tödliche Angriff auf einen kurz davor von einer Reha heimgekehrten Ex-Polizisten, der in seinem Wohnzimmer erschossen wurde.
Ob lang geplant oder Affekt, Roland Drexler hatte - je nachdem mit wem man spricht - zwei Gesichter. Das Gesicht, das er zuletzt zeigte, versetzt seit Montag eine ganze Ortschaft in Angst und Schrecken.